Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

5. Die Australasiaten und Polynesen; oder
die Südländer des fünften Welttheils; da-
zu man auch wol die Bewohner der Sun-
daischen Inseln, der Molucken, Philippi-
nen u. s. w. zälen könnte. Sie sind meist
schwarzbraun, breitnasicht, und starkbe-
haart.

Die Patagonischen Riesen sind, von Magel-
hans Zeiten bis auf die unsrigen, in den Erzä-
lungen der Reisenden, von zwölf Fus zu sechs bis
siebenthalb eingekrochen, und bleiben also nicht
größer und nicht kleiner als jeder andre ehrliche
Mensch von guter Statur. Commersons Quimos
und andre Zwergnationen werden in dem Maas
wachsen, wie die Patagonen an Länge abgenommen
haben. Die Rackerlacken, Blafards, Albinos oder
weiße Mohren sind nicht einmal eine Spielart,
geschweige eine besondre Gattung, wozu sie der
gute Voltaire so gern machen möchte: sondern
eine Krankheit, die Menschen unter allen Meri-
dianen befallen kan, und der auch Thiere unter-
worfen sind. Linne's Homo troglodytes ist
ein Gemisch aus der Geschichte dieser preßhaften
waren Menschen, und des Orangutangs. Die
in Wildnis unter Thieren erwachsenen Kinder
sind klägliche sittliche Monstra, die man eben
so wenig, als die Cretins oder andre durch Krank-
heit oder Zufall entstellte Menschen, zum Muster
des Meisterstücks der Schöpfung anführen darf.
Geschwänzte Völker, von Natur geschürzte
Hottentottinnen, von Natur unbärtige Ame-
rikaner, Syrenen, Centauren, und alle Fa-
beln von gleichem Schrot und Korn, verzeihn
wir der gutherzigen Leichtgläubigkeit unsrer lie-
ben Alten.



5. Die Australasiaten und Polynesen; oder
die Südländer des fünften Welttheils; da-
zu man auch wol die Bewohner der Sun-
daischen Inseln, der Molucken, Philippi-
nen u. s. w. zälen könnte. Sie sind meist
schwarzbraun, breitnasicht, und starkbe-
haart.

Die Patagonischen Riesen sind, von Magel-
hans Zeiten bis auf die unsrigen, in den Erzä-
lungen der Reisenden, von zwölf Fus zu sechs bis
siebenthalb eingekrochen, und bleiben also nicht
größer und nicht kleiner als jeder andre ehrliche
Mensch von guter Statur. Commersons Quimos
und andre Zwergnationen werden in dem Maas
wachsen, wie die Patagonen an Länge abgenommen
haben. Die Rackerlacken, Blafards, Albinos oder
weiße Mohren sind nicht einmal eine Spielart,
geschweige eine besondre Gattung, wozu sie der
gute Voltaire so gern machen möchte: sondern
eine Krankheit, die Menschen unter allen Meri-
dianen befallen kan, und der auch Thiere unter-
worfen sind. Linne's Homo troglodytes ist
ein Gemisch aus der Geschichte dieser preßhaften
waren Menschen, und des Orangutangs. Die
in Wildnis unter Thieren erwachsenen Kinder
sind klägliche sittliche Monstra, die man eben
so wenig, als die Cretins oder andre durch Krank-
heit oder Zufall entstellte Menschen, zum Muster
des Meisterstücks der Schöpfung anführen darf.
Geschwänzte Völker, von Natur geschürzte
Hottentottinnen, von Natur unbärtige Ame-
rikaner, Syrenen, Centauren, und alle Fa-
beln von gleichem Schrot und Korn, verzeihn
wir der gutherzigen Leichtgläubigkeit unsrer lie-
ben Alten.



<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000021">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0086" xml:id="pb064_0001" n="64"/>
            <p rendition="#l2em">5. Die Australasiaten und Polynesen; oder<lb/>
die Südländer des fünften Welttheils; da-<lb/>
zu man auch wol die Bewohner der Sun-<lb/>
daischen Inseln, der Molucken, Philippi-<lb/>
nen u. s. w. zälen könnte. Sie sind meist<lb/>
schwarzbraun, breitnasicht, und starkbe-<lb/>
haart.</p>
            <p rendition="#l1em">Die Patagonischen Riesen sind, von Magel-<lb/>
hans Zeiten bis auf die unsrigen, in den Erzä-<lb/>
lungen der Reisenden, von zwölf Fus zu sechs bis<lb/>
siebenthalb eingekrochen, und bleiben also nicht<lb/>
größer und nicht kleiner als jeder andre ehrliche<lb/>
Mensch von guter Statur. Commersons Quimos<lb/>
und andre Zwergnationen werden in dem Maas<lb/>
wachsen, wie die Patagonen an Länge abgenommen<lb/>
haben. Die Rackerlacken, Blafards, Albinos oder<lb/>
weiße Mohren sind nicht einmal eine Spielart,<lb/>
geschweige eine besondre Gattung, wozu sie der<lb/>
gute Voltaire so gern machen möchte: sondern<lb/>
eine Krankheit, die Menschen unter allen Meri-<lb/>
dianen befallen kan, und der auch Thiere unter-<lb/>
worfen sind. Linne's <hi rendition="#aq">Homo troglodytes</hi> ist<lb/>
ein Gemisch aus der Geschichte dieser preßhaften<lb/>
waren Menschen, und des Orangutangs. Die<lb/>
in Wildnis unter Thieren erwachsenen Kinder<lb/>
sind klägliche sittliche Monstra, die man eben<lb/>
so wenig, als die Cretins oder andre durch Krank-<lb/>
heit oder Zufall entstellte Menschen, zum Muster<lb/>
des Meisterstücks der Schöpfung anführen darf.<lb/>
Geschwänzte Völker, von Natur geschürzte<lb/>
Hottentottinnen, von Natur unbärtige Ame-<lb/>
rikaner, Syrenen, Centauren, und alle Fa-<lb/>
beln von gleichem Schrot und Korn, verzeihn<lb/>
wir der gutherzigen Leichtgläubigkeit unsrer lie-<lb/>
ben Alten.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="3">
</div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0086] 5. Die Australasiaten und Polynesen; oder die Südländer des fünften Welttheils; da- zu man auch wol die Bewohner der Sun- daischen Inseln, der Molucken, Philippi- nen u. s. w. zälen könnte. Sie sind meist schwarzbraun, breitnasicht, und starkbe- haart. Die Patagonischen Riesen sind, von Magel- hans Zeiten bis auf die unsrigen, in den Erzä- lungen der Reisenden, von zwölf Fus zu sechs bis siebenthalb eingekrochen, und bleiben also nicht größer und nicht kleiner als jeder andre ehrliche Mensch von guter Statur. Commersons Quimos und andre Zwergnationen werden in dem Maas wachsen, wie die Patagonen an Länge abgenommen haben. Die Rackerlacken, Blafards, Albinos oder weiße Mohren sind nicht einmal eine Spielart, geschweige eine besondre Gattung, wozu sie der gute Voltaire so gern machen möchte: sondern eine Krankheit, die Menschen unter allen Meri- dianen befallen kan, und der auch Thiere unter- worfen sind. Linne's Homo troglodytes ist ein Gemisch aus der Geschichte dieser preßhaften waren Menschen, und des Orangutangs. Die in Wildnis unter Thieren erwachsenen Kinder sind klägliche sittliche Monstra, die man eben so wenig, als die Cretins oder andre durch Krank- heit oder Zufall entstellte Menschen, zum Muster des Meisterstücks der Schöpfung anführen darf. Geschwänzte Völker, von Natur geschürzte Hottentottinnen, von Natur unbärtige Ame- rikaner, Syrenen, Centauren, und alle Fa- beln von gleichem Schrot und Korn, verzeihn wir der gutherzigen Leichtgläubigkeit unsrer lie- ben Alten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/86
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/86>, abgerufen am 19.04.2024.