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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

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§. 62.

Der Aufenthalt der Vögel ist beynahe eben
so verschieden als der Säugethiere ihrer. Die
mehresten leben auf Bäumen, andre in Wassern,
sehr wenige bloß auf der Erde: aber kein einzi-
ger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen,
und andre Geschöpfe in den beiden letztern Thier-
Classen,) bloß unter der Erde. Die Bildung der
Füße ist auch bey den Vögeln, so wie bey den
Säugethieren, ihrem verschiednen Aufenthalt an-
gemessen. Die mehresten haben freye, unver-
bundne Zehen (aves fissipedes) und zwar ge-
wöhnlich ihrer viere, wovon dreye nach vorn,
und der vierte gleichsam als Daumen nach
hinten gekehrt ist (pedes ambulatorii). Oder
aber es sind nur zwey Zehen nach vorn, und
zweye nach hinten gekehrt (pedes scansorii);
oder der Vogel kann willkürlich die eine Zehe
bald vorwärts zu den übrigen zweyen, bald rück-
wärts zum Daumen schlagen (digitus versati-
lis
). Bey andern ist auch wohl die mittlere
Zehe an die eine Seitenzehe angewachsen (pe-
des gressorii
); oder die Hinterzehe fehlt ganz
(pedes cursorii). Bey denen Vögeln, die
keine freye Zehen haben, sind die Zehen entweder
nur an der Wurzel (pedes semipalmati) -
oder aber bis vorn an die Spitze (pedes pal-
mati
) - durch eine Schwimmhaut verbunden;
bey andern sind die einzelnen Zehen mit einer
lappichten schmalen Haut, die entweder einen

§. 62.

Der Aufenthalt der Vögel ist beynahe eben
so verschieden als der Säugethiere ihrer. Die
mehresten leben auf Bäumen, andre in Wassern,
sehr wenige bloß auf der Erde: aber kein einzi-
ger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen,
und andre Geschöpfe in den beiden letztern Thier-
Classen,) bloß unter der Erde. Die Bildung der
Füße ist auch bey den Vögeln, so wie bey den
Säugethieren, ihrem verschiednen Aufenthalt an-
gemessen. Die mehresten haben freye, unver-
bundne Zehen (aves fissipedes) und zwar ge-
wöhnlich ihrer viere, wovon dreye nach vorn,
und der vierte gleichsam als Daumen nach
hinten gekehrt ist (pedes ambulatorii). Oder
aber es sind nur zwey Zehen nach vorn, und
zweye nach hinten gekehrt (pedes scansorii);
oder der Vogel kann willkürlich die eine Zehe
bald vorwärts zu den übrigen zweyen, bald rück-
wärts zum Daumen schlagen (digitus versati-
lis
). Bey andern ist auch wohl die mittlere
Zehe an die eine Seitenzehe angewachsen (pe-
des gressorii
); oder die Hinterzehe fehlt ganz
(pedes cursorii). Bey denen Vögeln, die
keine freye Zehen haben, sind die Zehen entweder
nur an der Wurzel (pedes semipalmati) –
oder aber bis vorn an die Spitze (pedes pal-
mati
) – durch eine Schwimmhaut verbunden;
bey andern sind die einzelnen Zehen mit einer
lappichten schmalen Haut, die entweder einen

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[135/0157] §. 62. Der Aufenthalt der Vögel ist beynahe eben so verschieden als der Säugethiere ihrer. Die mehresten leben auf Bäumen, andre in Wassern, sehr wenige bloß auf der Erde: aber kein einzi- ger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen, und andre Geschöpfe in den beiden letztern Thier- Classen,) bloß unter der Erde. Die Bildung der Füße ist auch bey den Vögeln, so wie bey den Säugethieren, ihrem verschiednen Aufenthalt an- gemessen. Die mehresten haben freye, unver- bundne Zehen (aves fissipedes) und zwar ge- wöhnlich ihrer viere, wovon dreye nach vorn, und der vierte gleichsam als Daumen nach hinten gekehrt ist (pedes ambulatorii). Oder aber es sind nur zwey Zehen nach vorn, und zweye nach hinten gekehrt (pedes scansorii); oder der Vogel kann willkürlich die eine Zehe bald vorwärts zu den übrigen zweyen, bald rück- wärts zum Daumen schlagen (digitus versati- lis). Bey andern ist auch wohl die mittlere Zehe an die eine Seitenzehe angewachsen (pe- des gressorii); oder die Hinterzehe fehlt ganz (pedes cursorii). Bey denen Vögeln, die keine freye Zehen haben, sind die Zehen entweder nur an der Wurzel (pedes semipalmati) – oder aber bis vorn an die Spitze (pedes pal- mati) – durch eine Schwimmhaut verbunden; bey andern sind die einzelnen Zehen mit einer lappichten schmalen Haut, die entweder einen

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/157>, abgerufen am 29.03.2024.