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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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und Kröten hat, die ihre Wohlthäter kennen gelernt
und kirre geworden, und vollends viele Schlangen be-
kanntlich sich zu allerhand Gaukeleyen abrichten lassen.
Hingegen finden sich bey den Thieren dieser Classe nur
sehr wenige Spuren von wahren Kunsttrieben.
(§. 36.)

§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täg-
lichen Erhohlungsschlaf zu halten. - Dagegen
aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Erstar-
rung zuzubringen. Und zwar theils einzeln, theils
wie unsere hierländischen Frösche und Salamander in
Haufen. Doch können auch diese gar leicht des Win-
terschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend
im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi-
bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paarungs-
trieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B. Frösche
gesehen hat, die in Ermangelung eines Weibchens an-
dere männliche Frösche oder Kröten oder gar todte
Weibchen besprungen haben. Bey den mehresten Frö-
schen und See-Schildkröten dauert die Paarung meh-
rere Täge, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln
sich in der Paarung mit dem Hinterleibe auf das in-
nigste um einander, und züngeln dabey mit geboge-
nem Halse auf einander los. Die Wassermolche hinge-
gen umfassen einander gar nicht, sondern das Männ-
chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein Weibchen
herum und bespritzt die Eyerchen, so wie es dieselben
von sich gibt, von der Ferne.

und Kröten hat, die ihre Wohlthäter kennen gelernt
und kirre geworden, und vollends viele Schlangen be-
kanntlich sich zu allerhand Gaukeleyen abrichten lassen.
Hingegen finden sich bey den Thieren dieser Classe nur
sehr wenige Spuren von wahren Kunsttrieben.
(§. 36.)

§. 91.

Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täg-
lichen Erhohlungsschlaf zu halten. – Dagegen
aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Erstar-
rung zuzubringen. Und zwar theils einzeln, theils
wie unsere hierländischen Frösche und Salamander in
Haufen. Doch können auch diese gar leicht des Win-
terschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend
im Zimmer erhalten werden.

§. 92.

Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi-
bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paarungs-
trieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B. Frösche
gesehen hat, die in Ermangelung eines Weibchens an-
dere männliche Frösche oder Kröten oder gar todte
Weibchen besprungen haben. Bey den mehresten Frö-
schen und See-Schildkröten dauert die Paarung meh-
rere Täge, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln
sich in der Paarung mit dem Hinterleibe auf das in-
nigste um einander, und züngeln dabey mit geboge-
nem Halse auf einander los. Die Wassermolche hinge-
gen umfassen einander gar nicht, sondern das Männ-
chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein Weibchen
herum und bespritzt die Eyerchen, so wie es dieselben
von sich gibt, von der Ferne.

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[189/0208] und Kröten hat, die ihre Wohlthäter kennen gelernt und kirre geworden, und vollends viele Schlangen be- kanntlich sich zu allerhand Gaukeleyen abrichten lassen. Hingegen finden sich bey den Thieren dieser Classe nur sehr wenige Spuren von wahren Kunsttrieben. (§. 36.) §. 91. Auch scheinen die wenigsten Amphibien einen täg- lichen Erhohlungsschlaf zu halten. – Dagegen aber wohl alle die kältern Wintermonathe in Erstar- rung zuzubringen. Und zwar theils einzeln, theils wie unsere hierländischen Frösche und Salamander in Haufen. Doch können auch diese gar leicht des Win- terschlafs entbehren, und Jahr aus Jahr ein wachend im Zimmer erhalten werden. §. 92. Das Fortpflanzungsgeschäft der Amphi- bien hat ungemein viel Sonderbares. Der Paarungs- trieb ist bey vielen so heftig, daß man z. B. Frösche gesehen hat, die in Ermangelung eines Weibchens an- dere männliche Frösche oder Kröten oder gar todte Weibchen besprungen haben. Bey den mehresten Frö- schen und See-Schildkröten dauert die Paarung meh- rere Täge, ja Wochen lang. Die Vipern schlängeln sich in der Paarung mit dem Hinterleibe auf das in- nigste um einander, und züngeln dabey mit geboge- nem Halse auf einander los. Die Wassermolche hinge- gen umfassen einander gar nicht, sondern das Männ- chen schwimmt zur Brunstzeit bloß um sein Weibchen herum und bespritzt die Eyerchen, so wie es dieselben von sich gibt, von der Ferne.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/208>, abgerufen am 28.03.2024.