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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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zumahl, wo sie Statt hat, die Krystallisation*),
d. h. eine bestimmte Form aus einer bestimmten Anzahl
und eben so bestimmten Verbindungsart von Facet-
ten**), und der sogenannte Durchgang der Blätter
(oder die Richtung der natürlichen Trennungsflächen),
der sich bey vielen Arten von Krystallisationen nach
dem Verhältniß der Außenflächen derselben zu ihrer
Grundgestalt (Forme Primitive) oder sogenannten
Kerne richtet***). Minder allgemein constant und zuver-
lässig sind hingegen Farbe, Grad der Durchsichtigkeit,

*) Die aus Holz geschnittenen Modelle der wichtigsten Krystalli-
sationen, die in der hiesigen Industrie-Schule unter der Auf-
sicht des Mathematicus, Hrn. List, verfertigt werden, sind
nebst der dazu gehörigen gedruckten Beschreibung daselbst für
anderthalb Rthlr. zu haben.Eine große Mannigfaltigkeit derselben s. in der Crystallo-
graphie par
M. de Rome de l'Isle. 2de Edit. Par. 1783. IV
Bande. 8. Dieser hat sich mehr an die äußern Krystallisations-
formen gehalten. Weittiefer ist hingegen H. Hahn in den unten
anzuführenden Werken mittelst der Stereotomie der Fossilien
in das innere Gefüge (Structur) der Krystalle und in die Be-
stimmung der Formen ihrer Kerne oder Grundgostalten und
dieser ihrer Massentheilchen (molecules integrantes) einge-
drungen.
**) Folglich versteht sich von selbst, daß man nach diesem Begriffe
von wahrem Krystall, nicht etwa die zwar säulenförmigen,
aber nicht so determinirten Gestalten manches Basalts, thon-
artigen Eisensteins, Stangenkohle etc. damit verwechseln dürfe.Eben so genau müssen auch ursprüngliche Krystalle von
sogenannten After-Krystallen unterschieden werden, da
nähmlich ein Fossil die Stelle und Form eines vorher da befind-
lich gewesenen, aber allgemach aufgelösten verwitterten oder
ausgefallenen Krystalls anderer Art eingenommen hat. Es
z. B. die sogenannten krystallisirten Hornsteine von Schnee-
berg etc.Noch eine dritte Warnung ist doch für Anfänger auch nicht
überflüssig, daß man nähmlich nicht etwa bloße außere (fremde)
Eindrücke auf ein Fossil für dessen eigene Krystallisation
halte. So z. E. bey manchem Chalcedon.
***) S. Theorie sur la structure des cristaux; par R. J. Hauy
im Journal de physique T. XLIII. p. 103 u. f.J. Fr. L. Hausmann's krystallogische Beyträge. Braun-
schweig 1813. 4. - f. auch Dess. Handbuch I. S. 13 u. f.

zumahl, wo sie Statt hat, die Krystallisation*),
d. h. eine bestimmte Form aus einer bestimmten Anzahl
und eben so bestimmten Verbindungsart von Façet-
ten**), und der sogenannte Durchgang der Blätter
(oder die Richtung der natürlichen Trennungsflächen),
der sich bey vielen Arten von Krystallisationen nach
dem Verhältniß der Außenflächen derselben zu ihrer
Grundgestalt (Forme Primitive) oder sogenannten
Kerne richtet***). Minder allgemein constant und zuver-
lässig sind hingegen Farbe, Grad der Durchsichtigkeit,

*) Die aus Holz geschnittenen Modelle der wichtigsten Krystalli-
sationen, die in der hiesigen Industrie-Schule unter der Auf-
sicht des Mathematicus, Hrn. List, verfertigt werden, sind
nebst der dazu gehörigen gedruckten Beschreibung daselbst für
anderthalb Rthlr. zu haben.Eine große Mannigfaltigkeit derselben s. in der Crystallo-
graphie par
M. de Romé de l'Isle. 2de Edit. Par. 1783. IV
Bande. 8. Dieser hat sich mehr an die äußern Krystallisations-
formen gehalten. Weittiefer ist hingegen H. Hahn in den unten
anzuführenden Werken mittelst der Stereotomie der Fossilien
in das innere Gefüge (Structur) der Krystalle und in die Be-
stimmung der Formen ihrer Kerne oder Grundgostalten und
dieser ihrer Massentheilchen (molécules intégrantes) einge-
drungen.
**) Folglich versteht sich von selbst, daß man nach diesem Begriffe
von wahrem Krystall, nicht etwa die zwar säulenförmigen,
aber nicht so determinirten Gestalten manches Basalts, thon-
artigen Eisensteins, Stangenkohle ꝛc. damit verwechseln dürfe.Eben so genau müssen auch ursprüngliche Krystalle von
sogenannten After-Krystallen unterschieden werden, da
nähmlich ein Fossil die Stelle und Form eines vorher da befind-
lich gewesenen, aber allgemach aufgelösten verwitterten oder
ausgefallenen Krystalls anderer Art eingenommen hat. Es
z. B. die sogenannten krystallisirten Hornsteine von Schnee-
berg ꝛc.Noch eine dritte Warnung ist doch für Anfänger auch nicht
überflüssig, daß man nähmlich nicht etwa bloße außere (fremde)
Eindrücke auf ein Fossil für dessen eigene Krystallisation
halte. So z. E. bey manchem Chalcedon.
***) S. Théorie sur la structure des cristaux; par R. J. Hauy
im Journal de physique T. XLIII. p. 103 u. f.J. Fr. L. Hausmann's krystallogische Beyträge. Braun-
schweig 1813. 4. – f. auch Dess. Handbuch I. S. 13 u. f.
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[110/0483] zumahl, wo sie Statt hat, die Krystallisation *), d. h. eine bestimmte Form aus einer bestimmten Anzahl und eben so bestimmten Verbindungsart von Façet- ten **), und der sogenannte Durchgang der Blätter (oder die Richtung der natürlichen Trennungsflächen), der sich bey vielen Arten von Krystallisationen nach dem Verhältniß der Außenflächen derselben zu ihrer Grundgestalt (Forme Primitive) oder sogenannten Kerne richtet ***). Minder allgemein constant und zuver- lässig sind hingegen Farbe, Grad der Durchsichtigkeit, *) Die aus Holz geschnittenen Modelle der wichtigsten Krystalli- sationen, die in der hiesigen Industrie-Schule unter der Auf- sicht des Mathematicus, Hrn. List, verfertigt werden, sind nebst der dazu gehörigen gedruckten Beschreibung daselbst für anderthalb Rthlr. zu haben. Eine große Mannigfaltigkeit derselben s. in der Crystallo- graphie par M. de Romé de l'Isle. 2de Edit. Par. 1783. IV Bande. 8. Dieser hat sich mehr an die äußern Krystallisations- formen gehalten. Weittiefer ist hingegen H. Hahn in den unten anzuführenden Werken mittelst der Stereotomie der Fossilien in das innere Gefüge (Structur) der Krystalle und in die Be- stimmung der Formen ihrer Kerne oder Grundgostalten und dieser ihrer Massentheilchen (molécules intégrantes) einge- drungen. **) Folglich versteht sich von selbst, daß man nach diesem Begriffe von wahrem Krystall, nicht etwa die zwar säulenförmigen, aber nicht so determinirten Gestalten manches Basalts, thon- artigen Eisensteins, Stangenkohle ꝛc. damit verwechseln dürfe. Eben so genau müssen auch ursprüngliche Krystalle von sogenannten After-Krystallen unterschieden werden, da nähmlich ein Fossil die Stelle und Form eines vorher da befind- lich gewesenen, aber allgemach aufgelösten verwitterten oder ausgefallenen Krystalls anderer Art eingenommen hat. Es z. B. die sogenannten krystallisirten Hornsteine von Schnee- berg ꝛc. Noch eine dritte Warnung ist doch für Anfänger auch nicht überflüssig, daß man nähmlich nicht etwa bloße außere (fremde) Eindrücke auf ein Fossil für dessen eigene Krystallisation halte. So z. E. bey manchem Chalcedon. ***) S. Théorie sur la structure des cristaux; par R. J. Hauy im Journal de physique T. XLIII. p. 103 u. f. J. Fr. L. Hausmann's krystallogische Beyträge. Braun- schweig 1813. 4. – f. auch Dess. Handbuch I. S. 13 u. f.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/483>, abgerufen am 29.03.2024.