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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

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Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der aller-
berühmtesten und allereifrigsten Versechter der Evolu-
tionshypothese
, sollen die präformirten Keime den der
Mutter vorräthig liegen, und während der Befruchtung
durch die Kraft des hinzukommenden männlichen Zeugungs-
stoffes erweckt und zur Entwickelung angetrieben werdet.
Was man Empfängniß nennt; sey folglich nichts als das
Erwachen des schlaftrunkenen Keims durch den Reitz des
auf ihn wirkenden männlichen Samens.

Also bedarf es hier zuvörderst einer erweckenden
Kraft
.

Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen bloß
ihrem Vater
; - Bätzen, die sich kurz hintereinander
mit mehreren männlichen Hunden belaufen haben, werfen
oft Junge, die diesen verschiedenen Vätern äh-
neln; - zweyerley Menschenrassen, z. B. Neger
und Weiße, zeugen mit einander nothwendigen Mittel-
schlag, nähmlich Mulatten; - und wenn nun vollends
ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von Thie-
ren oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen
Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als von
der mütterlichen Gestaltung an sich haben.

Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen: und
dem zu Folge gestehen dann die Evolutionisten dem männ-
lichen Samen, außer seiner erweckenden, nun auch Nro. 2.
in sofern eine bildende Kraft zu, daß er den bey der
Matter präformirt gelegenen Keim wohl in etwas zur vä-
terlichen Gestaltung umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im männ-
lichen Samen; 1) die erweckende und 2) doch auch eine
bildende. -

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Generatio-
nen hindurch immer wiederholten, künstlichen Bastardzeu-
gung endlich die eine Gattung von organisirten Körnern
gänzlich in die andere umwandeln. - So hat man z. B.
aus der künstlichen Befruchtung der Einen Pflanzengat-
tung mittelst des männlichen Standes von eine andern,
Samen gezogen, welcher fecundable Bastardpflanzen
gegeben; d. h., die sich zur Blühezeit abermals mit
männlichem Stand von jener andern Gattung befruchten
lassen, und wiederum fecundable Bastarde der zwey-
ten Generation hervorgebracht. Jene Bastarde von der
ersten Generation hielten gleichsam das Mittel zwischen

Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der aller-
berühmtesten und allereifrigsten Versechter der Evolu-
tionshypothese
, sollen die präformirten Keime den der
Mutter vorräthig liegen, und während der Befruchtung
durch die Kraft des hinzukommenden männlichen Zeugungs-
stoffes erweckt und zur Entwickelung angetrieben werdet.
Was man Empfängniß nennt; sey folglich nichts als das
Erwachen des schlaftrunkenen Keims durch den Reitz des
auf ihn wirkenden männlichen Samens.

Also bedarf es hier zuvörderst einer erweckenden
Kraft
.

Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen bloß
ihrem Vater
; – Bätzen, die sich kurz hintereinander
mit mehreren männlichen Hunden belaufen haben, werfen
oft Junge, die diesen verschiedenen Vätern äh-
neln; – zweyerley Menschenrassen, z. B. Neger
und Weiße, zeugen mit einander nothwendigen Mittel-
schlag, nähmlich Mulatten; – und wenn nun vollends
ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von Thie-
ren oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen
Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als von
der mütterlichen Gestaltung an sich haben.

Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen: und
dem zu Folge gestehen dann die Evolutionisten dem männ-
lichen Samen, außer seiner erweckenden, nun auch Nro. 2.
in sofern eine bildende Kraft zu, daß er den bey der
Matter präformirt gelegenen Keim wohl in etwas zur vä-
terlichen Gestaltung umzuformen vermöge.

Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im männ-
lichen Samen; 1) die erweckende und 2) doch auch eine
bildende. –

Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Generatio-
nen hindurch immer wiederholten, künstlichen Bastardzeu-
gung endlich die eine Gattung von organisirten Körnern
gänzlich in die andere umwandeln. – So hat man z. B.
aus der künstlichen Befruchtung der Einen Pflanzengat-
tung mittelst des männlichen Standes von eine andern,
Samen gezogen, welcher fecundable Bastardpflanzen
gegeben; d. h., die sich zur Blühezeit abermals mit
männlichem Stand von jener andern Gattung befruchten
lassen, und wiederum fecundable Bastarde der zwey-
ten Generation hervorgebracht. Jene Bastarde von der
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[13/0035] Anm. Nach der einstimmigen Behauptung der aller- berühmtesten und allereifrigsten Versechter der Evolu- tionshypothese, sollen die präformirten Keime den der Mutter vorräthig liegen, und während der Befruchtung durch die Kraft des hinzukommenden männlichen Zeugungs- stoffes erweckt und zur Entwickelung angetrieben werdet. Was man Empfängniß nennt; sey folglich nichts als das Erwachen des schlaftrunkenen Keims durch den Reitz des auf ihn wirkenden männlichen Samens. Also bedarf es hier zuvörderst einer erweckenden Kraft. Nun aber ähneln ja so oft Kinder zum Sprechen bloß ihrem Vater; – Bätzen, die sich kurz hintereinander mit mehreren männlichen Hunden belaufen haben, werfen oft Junge, die diesen verschiedenen Vätern äh- neln; – zweyerley Menschenrassen, z. B. Neger und Weiße, zeugen mit einander nothwendigen Mittel- schlag, nähmlich Mulatten; – und wenn nun vollends ungleiche Gattungen (verschiedene Species) von Thie- ren oder Gewächsen einander befruchten, so entstehen Bastarde, die eben so viel von der väterlichen als von der mütterlichen Gestaltung an sich haben. Ja das läßt sich freylich nicht wohl verkennen: und dem zu Folge gestehen dann die Evolutionisten dem männ- lichen Samen, außer seiner erweckenden, nun auch Nro. 2. in sofern eine bildende Kraft zu, daß er den bey der Matter präformirt gelegenen Keim wohl in etwas zur vä- terlichen Gestaltung umzuformen vermöge. Demnach wäre folglich zweyerley Kraft im männ- lichen Samen; 1) die erweckende und 2) doch auch eine bildende. – Aber man kann ja mittelst einer, mehrere Generatio- nen hindurch immer wiederholten, künstlichen Bastardzeu- gung endlich die eine Gattung von organisirten Körnern gänzlich in die andere umwandeln. – So hat man z. B. aus der künstlichen Befruchtung der Einen Pflanzengat- tung mittelst des männlichen Standes von eine andern, Samen gezogen, welcher fecundable Bastardpflanzen gegeben; d. h., die sich zur Blühezeit abermals mit männlichem Stand von jener andern Gattung befruchten lassen, und wiederum fecundable Bastarde der zwey- ten Generation hervorgebracht. Jene Bastarde von der ersten Generation hielten gleichsam das Mittel zwischen

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/35>, abgerufen am 25.04.2024.