Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und
die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper
verletzt wird: sie ist folglich auch, nebst der Ernäh-
rung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wo-
durch die Maschinen aus der Hand des Schöpfers
bey weitem über die größten Kunstwerke der Men-
schen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger
keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfedern und
Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abge-
nutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine
Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thiere und
jeder Pflanze - nur in verschiedenem Maße -
beygelegt hat.

Viele organisirte Körper verlieren, zu bestimmten
Zeiten gewisse Theile ihres Körpers von freyen
Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt wer-
den; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mau-
sern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der
Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern
der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß
die gewöhnliche Reproduction nennen.

Die andere hingegen ist die außerordent-
liche
, von der hier eigentlich die Rede ist, da
nähmlich dem organisirten Körper, zumahl den Thie-
ren, Wunden, Beinbrüche etc. geheilt, oder gar
durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile wie-
der ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zu-
nächst verwandten Thiere besitzen eine freylich sehr
eingeschränkte Reproductionskraft: die hingegen bey
vielen kaltblütigen Thieren, besonders bey den Was-
ser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken, Regen-
würmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm-
Polypen etc. von einer ausnehmenden Stärke und
Vollkommenheit ist.

in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und
die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper
verletzt wird: sie ist folglich auch, nebst der Ernäh-
rung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wo-
durch die Maschinen aus der Hand des Schöpfers
bey weitem über die größten Kunstwerke der Men-
schen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger
keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfedern und
Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abge-
nutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine
Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thiere und
jeder Pflanze – nur in verschiedenem Maße –
beygelegt hat.

Viele organisirte Körper verlieren, zu bestimmten
Zeiten gewisse Theile ihres Körpers von freyen
Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt wer-
den; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mau-
sern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der
Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern
der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß
die gewöhnliche Reproduction nennen.

Die andere hingegen ist die außerordent-
liche
, von der hier eigentlich die Rede ist, da
nähmlich dem organisirten Körper, zumahl den Thie-
ren, Wunden, Beinbrüche ꝛc. geheilt, oder gar
durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile wie-
der ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zu-
nächst verwandten Thiere besitzen eine freylich sehr
eingeschränkte Reproductionskraft: die hingegen bey
vielen kaltblütigen Thieren, besonders bey den Was-
ser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken, Regen-
würmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm-
Polypen ꝛc. von einer ausnehmenden Stärke und
Vollkommenheit ist.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" xml:id="pb026_0001" n="26"/>
in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und<lb/>
die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper<lb/>
verletzt wird: sie ist folglich auch, nebst der Ernäh-<lb/>
rung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wo-<lb/>
durch die Maschinen aus der Hand des Schöpfers<lb/>
bey weitem über die größten Kunstwerke der Men-<lb/>
schen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger<lb/>
keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfedern und<lb/>
Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abge-<lb/>
nutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine<lb/>
Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thiere und<lb/>
jeder Pflanze &#x2013; nur in verschiedenem Maße &#x2013;<lb/>
beygelegt hat.</p>
          <p>Viele organisirte Körper verlieren, zu bestimmten<lb/>
Zeiten gewisse Theile ihres Körpers von freyen<lb/>
Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt wer-<lb/>
den; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mau-<lb/>
sern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der<lb/>
Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern<lb/>
der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß<lb/>
die <hi rendition="#g">gewöhnliche</hi> Reproduction nennen.</p>
          <p>Die andere hingegen ist die <hi rendition="#g">außerordent-<lb/>
liche</hi>, von der hier eigentlich die Rede ist, da<lb/>
nähmlich dem organisirten Körper, zumahl den Thie-<lb/>
ren, Wunden, Beinbrüche &#xA75B;c. geheilt, oder gar<lb/>
durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile wie-<lb/>
der ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zu-<lb/>
nächst verwandten Thiere besitzen eine freylich sehr<lb/>
eingeschränkte Reproductionskraft: die hingegen bey<lb/>
vielen kaltblütigen Thieren, besonders bey den Was-<lb/>
ser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken, Regen-<lb/>
würmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm-<lb/>
Polypen &#xA75B;c. von einer ausnehmenden Stärke und<lb/>
Vollkommenheit ist.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0048] in der organisirten Schöpfung sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie ist folglich auch, nebst der Ernäh- rung überhaupt, einer der größten Vorzüge, wo- durch die Maschinen aus der Hand des Schöpfers bey weitem über die größten Kunstwerke der Men- schen erhoben werden, als welchen ihre Verfertiger keine Kraft mittheilen können, ihre Triebfedern und Räder, wenn sie verbogen, verstümmelt und abge- nutzt würden, von selbst wieder herzustellen: eine Kraft, die hingegen der Schöpfer jedem Thiere und jeder Pflanze – nur in verschiedenem Maße – beygelegt hat. Viele organisirte Körper verlieren, zu bestimmten Zeiten gewisse Theile ihres Körpers von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt wer- den; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mau- sern der Vögel, die Häutung der Schlangen, der Raupen, das Schälen der Krebse, das Entblättern der Gewächse u. s. w. gehört. Man könnte dieß die gewöhnliche Reproduction nennen. Die andere hingegen ist die außerordent- liche, von der hier eigentlich die Rede ist, da nähmlich dem organisirten Körper, zumahl den Thie- ren, Wunden, Beinbrüche ꝛc. geheilt, oder gar durch Unfall verstümmelte und verlorene Theile wie- der ersetzt werden. Der Mensch und die ihm zu- nächst verwandten Thiere besitzen eine freylich sehr eingeschränkte Reproductionskraft: die hingegen bey vielen kaltblütigen Thieren, besonders bey den Was- ser-Molchen, Krebsen, Land-Schnecken, Regen- würmern, See-Anemonen, See-Sternen, Arm- Polypen ꝛc. von einer ausnehmenden Stärke und Vollkommenheit ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/48
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/48>, abgerufen am 25.04.2024.