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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

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diese vegetabilischen Organe viele Aehnlichkeit mit den
Zeugungswerkzeugen der Thiere. Doch unterscheiden
sie sich schon dagegen sehr auffallend, daß sie den
Gewächsen nicht so wie den Thieren angeboren und
lebenslang bleibend sind, sondern daß sich zu jeder
neuen Zeugung auch jedes Mal neue Werkzeuge
bilden müssen.

Anm. Was oben (§. 136.) gesagt worden, daß man
das Leben vieler Insecten durch verzögerte Paarung ver-
längern könne, findet gewisser Maßen auch bei den Blü-
then vieler Gewächse Statt. Die Geschlechtstheile im
weiblichen Hanf z. B. halten sich lange, wenn sie nur von
keinem Blumenstaube des männlichen befruchtet werden.
Sobald dies geschehen, welken sie dahin.

§. 190.

Die weiblichen Theile liegen meist in der
Mitte; werden der Staubweg (pistillum) ge-
nannt, und bestehen aus dem Fruchtknoten (ger-
men
), dem Griffel (stylus), und der Narbe
(stigma). Der Fruchtknoten sitzt entweder mit den
übrigen Theilen innerhalb der Blumenblätter (germen
superum
), oder wie bei der Rose, bei den Aepfeln etc.
unten außerhalb derselben (germen inferum): und
enthält immer die Samenkörner der Pflanze, da-
her man diesen Behälter gewisser Maßen mit dem Eier-
stock der Thiere vergleichen kann. Der hohle Griffel
sitzt auf diesem Samenbehälter, und die Narbe endlich
zu oberst auf dem Griffel, so daß sie durch den Griffel
mit dem Fruchtknoten verbunden ist, und alle drey
eine gemeinschaftliche Höhlung ausmachen.

§. 191.

Um diese weiblichen Theile sitzen nun die männ-
lichen
oder die Staubfäden (stamina) herum:
und bestehen aus dem Faden (filamentum), und

diese vegetabilischen Organe viele Aehnlichkeit mit den
Zeugungswerkzeugen der Thiere. Doch unterscheiden
sie sich schon dagegen sehr auffallend, daß sie den
Gewächsen nicht so wie den Thieren angeboren und
lebenslang bleibend sind, sondern daß sich zu jeder
neuen Zeugung auch jedes Mal neue Werkzeuge
bilden müssen.

Anm. Was oben (§. 136.) gesagt worden, daß man
das Leben vieler Insecten durch verzögerte Paarung ver-
längern könne, findet gewisser Maßen auch bei den Blü-
then vieler Gewächse Statt. Die Geschlechtstheile im
weiblichen Hanf z. B. halten sich lange, wenn sie nur von
keinem Blumenstaube des männlichen befruchtet werden.
Sobald dies geschehen, welken sie dahin.

§. 190.

Die weiblichen Theile liegen meist in der
Mitte; werden der Staubweg (pistillum) ge-
nannt, und bestehen aus dem Fruchtknoten (ger-
men
), dem Griffel (stylus), und der Narbe
(stigma). Der Fruchtknoten sitzt entweder mit den
übrigen Theilen innerhalb der Blumenblätter (germen
superum
), oder wie bei der Rose, bei den Aepfeln ꝛc.
unten außerhalb derselben (germen inferum): und
enthält immer die Samenkörner der Pflanze, da-
her man diesen Behälter gewisser Maßen mit dem Eier-
stock der Thiere vergleichen kann. Der hohle Griffel
sitzt auf diesem Samenbehälter, und die Narbe endlich
zu oberst auf dem Griffel, so daß sie durch den Griffel
mit dem Fruchtknoten verbunden ist, und alle drey
eine gemeinschaftliche Höhlung ausmachen.

§. 191.

Um diese weiblichen Theile sitzen nun die männ-
lichen
oder die Staubfäden (stamina) herum:
und bestehen aus dem Faden (filamentum), und

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[436/0454] diese vegetabilischen Organe viele Aehnlichkeit mit den Zeugungswerkzeugen der Thiere. Doch unterscheiden sie sich schon dagegen sehr auffallend, daß sie den Gewächsen nicht so wie den Thieren angeboren und lebenslang bleibend sind, sondern daß sich zu jeder neuen Zeugung auch jedes Mal neue Werkzeuge bilden müssen. Anm. Was oben (§. 136.) gesagt worden, daß man das Leben vieler Insecten durch verzögerte Paarung ver- längern könne, findet gewisser Maßen auch bei den Blü- then vieler Gewächse Statt. Die Geschlechtstheile im weiblichen Hanf z. B. halten sich lange, wenn sie nur von keinem Blumenstaube des männlichen befruchtet werden. Sobald dies geschehen, welken sie dahin. §. 190. Die weiblichen Theile liegen meist in der Mitte; werden der Staubweg (pistillum) ge- nannt, und bestehen aus dem Fruchtknoten (ger- men), dem Griffel (stylus), und der Narbe (stigma). Der Fruchtknoten sitzt entweder mit den übrigen Theilen innerhalb der Blumenblätter (germen superum), oder wie bei der Rose, bei den Aepfeln ꝛc. unten außerhalb derselben (germen inferum): und enthält immer die Samenkörner der Pflanze, da- her man diesen Behälter gewisser Maßen mit dem Eier- stock der Thiere vergleichen kann. Der hohle Griffel sitzt auf diesem Samenbehälter, und die Narbe endlich zu oberst auf dem Griffel, so daß sie durch den Griffel mit dem Fruchtknoten verbunden ist, und alle drey eine gemeinschaftliche Höhlung ausmachen. §. 191. Um diese weiblichen Theile sitzen nun die männ- lichen oder die Staubfäden (stamina) herum: und bestehen aus dem Faden (filamentum), und

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/454>, abgerufen am 16.04.2024.