Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.

2) Die aristokratische Classe, die als solche nicht
mehr regiert, aber zwischen der regierenden Classe und den
Volksclassen eine selbständige und ausgezeichnete
politische Stellung einnimmt.

3) Der sogenannte dritte Stand, d. h. die Classe des ge-
bildeten
und freien Statsbürgerthums, ohne Rücksicht auf
Stadt und Land: die eigentlichen Mittelclassen.

4) Die groszen Volksclassen, die auch unter dem
Namen des vierten Standes zusammengefaszt werden, sowohl
die Kleinbürger in den Städten als die Bauern begreifend
und die übrigen Massen der Arbeiter, soweit sie nicht schon
in den andern Schichten eingereiht sind, in weiteren Kreisen
umfassend.

Die erste Classe ist die Krone, die letzte ist die Wurzel
und der Stamm des States. Die Volksclassen sind die Basis,
die regierende Classe ist das Haupt des Stats. Auf dem ge-
sunden Rapport dieser beiden Classen beruht vornehmlich die
Energie und die solide Kraft des Volksstats. Die beiden
mittleren Classen ergänzen, controliren und beschränken die
Thätigkeit der ersten Classe bald mehr in aristokratischer,
bald mehr in repräsentativ-demokratischer Weise, und sie sind
durch ihre höhere Bildung und ihre günstigere sociale Lebens-
stellung auch vorzüglich befähigt, und durch ihr gehobenes
Rechtsbewusztsein und Freiheitsgefühl veranlaszt, darüber zu
wachen, dasz die Bedingungen der allgemeinen Volkswohlfahrt
und die Interessen der ganzen Nation wohl gewahrt und be-
achtet werden. Sie sind die natürlichen Patrone, Führer und
Vertreter der letzten und gröszten Classe.



Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.

2) Die aristokratische Classe, die als solche nicht
mehr regiert, aber zwischen der regierenden Classe und den
Volksclassen eine selbständige und ausgezeichnete
politische Stellung einnimmt.

3) Der sogenannte dritte Stand, d. h. die Classe des ge-
bildeten
und freien Statsbürgerthums, ohne Rücksicht auf
Stadt und Land: die eigentlichen Mittelclassen.

4) Die groszen Volksclassen, die auch unter dem
Namen des vierten Standes zusammengefaszt werden, sowohl
die Kleinbürger in den Städten als die Bauern begreifend
und die übrigen Massen der Arbeiter, soweit sie nicht schon
in den andern Schichten eingereiht sind, in weiteren Kreisen
umfassend.

Die erste Classe ist die Krone, die letzte ist die Wurzel
und der Stamm des States. Die Volksclassen sind die Basis,
die regierende Classe ist das Haupt des Stats. Auf dem ge-
sunden Rapport dieser beiden Classen beruht vornehmlich die
Energie und die solide Kraft des Volksstats. Die beiden
mittleren Classen ergänzen, controliren und beschränken die
Thätigkeit der ersten Classe bald mehr in aristokratischer,
bald mehr in repräsentativ-demokratischer Weise, und sie sind
durch ihre höhere Bildung und ihre günstigere sociale Lebens-
stellung auch vorzüglich befähigt, und durch ihr gehobenes
Rechtsbewusztsein und Freiheitsgefühl veranlaszt, darüber zu
wachen, dasz die Bedingungen der allgemeinen Volkswohlfahrt
und die Interessen der ganzen Nation wohl gewahrt und be-
achtet werden. Sie sind die natürlichen Patrone, Führer und
Vertreter der letzten und gröszten Classe.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0220" n="202"/>
          <fw place="top" type="header">Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur.</fw><lb/>
          <p>2) Die <hi rendition="#g">aristokratische Classe</hi>, die als solche nicht<lb/>
mehr regiert, aber zwischen der regierenden Classe und den<lb/>
Volksclassen eine <hi rendition="#g">selbständige</hi> und <hi rendition="#g">ausgezeichnete</hi><lb/>
politische Stellung einnimmt.</p><lb/>
          <p>3) Der sogenannte dritte Stand, d. h. die Classe des <hi rendition="#g">ge-<lb/>
bildeten</hi> und <hi rendition="#g">freien</hi> Statsbürgerthums, ohne Rücksicht auf<lb/>
Stadt und Land: die eigentlichen <hi rendition="#g">Mittelclassen</hi>.</p><lb/>
          <p>4) Die <hi rendition="#g">groszen Volksclassen</hi>, die auch unter dem<lb/>
Namen des vierten Standes zusammengefaszt werden, sowohl<lb/>
die Kleinbürger in den Städten als die Bauern begreifend<lb/>
und die übrigen Massen der Arbeiter, soweit sie nicht schon<lb/>
in den andern Schichten eingereiht sind, in weiteren Kreisen<lb/>
umfassend.</p><lb/>
          <p>Die erste Classe ist die Krone, die letzte ist die Wurzel<lb/>
und der Stamm des States. Die Volksclassen sind die Basis,<lb/>
die regierende Classe ist das Haupt des Stats. Auf dem ge-<lb/>
sunden Rapport dieser beiden Classen beruht vornehmlich die<lb/>
Energie <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> die solide Kraft des Volksstats. Die beiden<lb/>
mittleren Classen ergänzen, controliren und beschränken die<lb/>
Thätigkeit der ersten Classe bald mehr in aristokratischer,<lb/>
bald mehr in repräsentativ-demokratischer Weise, und sie sind<lb/>
durch ihre höhere Bildung und ihre günstigere sociale Lebens-<lb/>
stellung auch vorzüglich befähigt, und durch ihr gehobenes<lb/>
Rechtsbewusztsein und Freiheitsgefühl veranlaszt, darüber zu<lb/>
wachen, dasz die Bedingungen der allgemeinen Volkswohlfahrt<lb/>
und die Interessen der ganzen Nation wohl gewahrt und be-<lb/>
achtet werden. Sie sind die natürlichen Patrone, Führer und<lb/>
Vertreter der letzten und gröszten Classe.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0220] Zweites Buch. Die Grundbedingungen des Stats in d. Menschen- u. Volksnatur. 2) Die aristokratische Classe, die als solche nicht mehr regiert, aber zwischen der regierenden Classe und den Volksclassen eine selbständige und ausgezeichnete politische Stellung einnimmt. 3) Der sogenannte dritte Stand, d. h. die Classe des ge- bildeten und freien Statsbürgerthums, ohne Rücksicht auf Stadt und Land: die eigentlichen Mittelclassen. 4) Die groszen Volksclassen, die auch unter dem Namen des vierten Standes zusammengefaszt werden, sowohl die Kleinbürger in den Städten als die Bauern begreifend und die übrigen Massen der Arbeiter, soweit sie nicht schon in den andern Schichten eingereiht sind, in weiteren Kreisen umfassend. Die erste Classe ist die Krone, die letzte ist die Wurzel und der Stamm des States. Die Volksclassen sind die Basis, die regierende Classe ist das Haupt des Stats. Auf dem ge- sunden Rapport dieser beiden Classen beruht vornehmlich die Energie und die solide Kraft des Volksstats. Die beiden mittleren Classen ergänzen, controliren und beschränken die Thätigkeit der ersten Classe bald mehr in aristokratischer, bald mehr in repräsentativ-demokratischer Weise, und sie sind durch ihre höhere Bildung und ihre günstigere sociale Lebens- stellung auch vorzüglich befähigt, und durch ihr gehobenes Rechtsbewusztsein und Freiheitsgefühl veranlaszt, darüber zu wachen, dasz die Bedingungen der allgemeinen Volkswohlfahrt und die Interessen der ganzen Nation wohl gewahrt und be- achtet werden. Sie sind die natürlichen Patrone, Führer und Vertreter der letzten und gröszten Classe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/220
Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/220>, abgerufen am 28.03.2024.