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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Sechstes Capitel. VI. Eintheilung des Landes.
der Bevölkerung zu organisiren, und je nach Bedürfnisz ge-
meinnützliche Kreisanstalten (Straszen, Magazine, Kranken-
häuser, Schulen, Armenhäuser, Correctionshäuser) zu gründen.
Es eröffnet sich hier ein fruchtbares Feld für die Selbst-
verwaltung oder die Repräsentativ-Verwaltung des Kreises. 1

3. Die Bezirke (Kreise).

Sie bilden regelmäszig Unterabtheilungen der Kreise, und
haben dann eine besondere der Kreisregierung untergeordnete
Verwaltung und eine mittlere Gerichtsbarkeit. Auch
diese Bezirke können als Körperschaften anerkannt sein
und ein eigenes Vermögen und besondere Bezirksanstalten
haben. 2

Die alten Centenen (Huntari) der germanischen Ver-
fassung, die Landgerichte und Oberamteien in Deutsch-
land, die Cantone in Frankreich und die Kreise in
Preuszen nehmen diese Stellung ein.

Blosze Wahlkreise zum Behufe der Volksrepräsentation
gehören nicht hieher, da sie nur für einen vorübergehenden
politischen Zweck geschaffen, nicht ein organisches Glied im
Statskörper sind. Der Mangel an bleibenden gemeinsamen
Insitutionen spricht übrigens gegen die Zweckmäszigkeit sol-
cher unorganischer Kreise.

4. Die Gemeinden, sowohl die Stadt- als die Land-
gemeinden
mit ihrem Bann.

Sie sind die unterste Stufe der Eintheilung des Stats-
gebietes, haben aber eine höchst lebensvolle Bedeutung, welche
eine gewisse Analogie mit dem Statsgebiete selbst gewährt.
Wie das politisch organisirte Volk zum Land, so verhält sich
die persönliche (corporative) Gemeinde zum Gemeindebezirk

1 Vgl. Vivien Etud. ordin. II. Cap. VI.
2 Vivien a. a. O. II. Cap. 3. Die französischen Cantone haben
ihre Hauptbedeutung auf dem Lande, indem sie mehrere Gemeinden ver-
einigen und dadurch stärken. In den Städten fällt Gemeinde und Canton
zusammen. Die Arrondissements, welche die Cantone zusammenfassen,
haben nie eine rechte Bedeutung erlangt.

Sechstes Capitel. VI. Eintheilung des Landes.
der Bevölkerung zu organisiren, und je nach Bedürfnisz ge-
meinnützliche Kreisanstalten (Straszen, Magazine, Kranken-
häuser, Schulen, Armenhäuser, Correctionshäuser) zu gründen.
Es eröffnet sich hier ein fruchtbares Feld für die Selbst-
verwaltung oder die Repräsentativ-Verwaltung des Kreises. 1

3. Die Bezirke (Kreise).

Sie bilden regelmäszig Unterabtheilungen der Kreise, und
haben dann eine besondere der Kreisregierung untergeordnete
Verwaltung und eine mittlere Gerichtsbarkeit. Auch
diese Bezirke können als Körperschaften anerkannt sein
und ein eigenes Vermögen und besondere Bezirksanstalten
haben. 2

Die alten Centenen (Huntari) der germanischen Ver-
fassung, die Landgerichte und Oberamteien in Deutsch-
land, die Cantone in Frankreich und die Kreise in
Preuszen nehmen diese Stellung ein.

Blosze Wahlkreise zum Behufe der Volksrepräsentation
gehören nicht hieher, da sie nur für einen vorübergehenden
politischen Zweck geschaffen, nicht ein organisches Glied im
Statskörper sind. Der Mangel an bleibenden gemeinsamen
Insitutionen spricht übrigens gegen die Zweckmäszigkeit sol-
cher unorganischer Kreise.

4. Die Gemeinden, sowohl die Stadt- als die Land-
gemeinden
mit ihrem Bann.

Sie sind die unterste Stufe der Eintheilung des Stats-
gebietes, haben aber eine höchst lebensvolle Bedeutung, welche
eine gewisse Analogie mit dem Statsgebiete selbst gewährt.
Wie das politisch organisirte Volk zum Land, so verhält sich
die persönliche (corporative) Gemeinde zum Gemeindebezirk

1 Vgl. Vivien Étud. ordin. II. Cap. VI.
2 Vivien a. a. O. II. Cap. 3. Die französischen Cantone haben
ihre Hauptbedeutung auf dem Lande, indem sie mehrere Gemeinden ver-
einigen und dadurch stärken. In den Städten fällt Gemeinde und Canton
zusammen. Die Arrondissements, welche die Cantone zusammenfassen,
haben nie eine rechte Bedeutung erlangt.
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[285/0303] Sechstes Capitel. VI. Eintheilung des Landes. der Bevölkerung zu organisiren, und je nach Bedürfnisz ge- meinnützliche Kreisanstalten (Straszen, Magazine, Kranken- häuser, Schulen, Armenhäuser, Correctionshäuser) zu gründen. Es eröffnet sich hier ein fruchtbares Feld für die Selbst- verwaltung oder die Repräsentativ-Verwaltung des Kreises. 1 3. Die Bezirke (Kreise). Sie bilden regelmäszig Unterabtheilungen der Kreise, und haben dann eine besondere der Kreisregierung untergeordnete Verwaltung und eine mittlere Gerichtsbarkeit. Auch diese Bezirke können als Körperschaften anerkannt sein und ein eigenes Vermögen und besondere Bezirksanstalten haben. 2 Die alten Centenen (Huntari) der germanischen Ver- fassung, die Landgerichte und Oberamteien in Deutsch- land, die Cantone in Frankreich und die Kreise in Preuszen nehmen diese Stellung ein. Blosze Wahlkreise zum Behufe der Volksrepräsentation gehören nicht hieher, da sie nur für einen vorübergehenden politischen Zweck geschaffen, nicht ein organisches Glied im Statskörper sind. Der Mangel an bleibenden gemeinsamen Insitutionen spricht übrigens gegen die Zweckmäszigkeit sol- cher unorganischer Kreise. 4. Die Gemeinden, sowohl die Stadt- als die Land- gemeinden mit ihrem Bann. Sie sind die unterste Stufe der Eintheilung des Stats- gebietes, haben aber eine höchst lebensvolle Bedeutung, welche eine gewisse Analogie mit dem Statsgebiete selbst gewährt. Wie das politisch organisirte Volk zum Land, so verhält sich die persönliche (corporative) Gemeinde zum Gemeindebezirk 1 Vgl. Vivien Étud. ordin. II. Cap. VI. 2 Vivien a. a. O. II. Cap. 3. Die französischen Cantone haben ihre Hauptbedeutung auf dem Lande, indem sie mehrere Gemeinden ver- einigen und dadurch stärken. In den Städten fällt Gemeinde und Canton zusammen. Die Arrondissements, welche die Cantone zusammenfassen, haben nie eine rechte Bedeutung erlangt.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/303>, abgerufen am 29.03.2024.