Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Auszüge aus Hr. Breitingers
der Möglichkeit zur Würcklichkeit gebracht wor-
den, sondern er ist so gemacht wie er ist, mit
solchen Vermögen oder Kräften ausgerüstet,
die ihn just zum Menschen, und also zur Re-
ligion tüchtig machen. Nun fragt es sich nicht
bloß, was Gott bewogen habe, dem Men-
schen das würkliche Seyn mitzutheilen, son-
dern warum er ihn so und nicht anderst, mit
diesem und keinem andern Vermögen, Grade
der Kräfte etc., erschaffen habe. Kan man
anderst antworten, als es sey geschehen, da-
mit er dieselbigen gebrauche, Gott, sich selbst,
beyder Beziehung, zu erkennen, und sein eige-
nes Glück dadurch zu befördern? Daß er trach-
te diesem herrlichen Muster, dessen Vollkom-
menheiten, und folglich die Ursache seiner höch-
sten Glükseligkeit in seinen Wercken an dem
Tage liegen, je länger je näher zu kommen?
Dies sind die Sachen, die aus der besondern
Beschaffenheit des Menschen, aus den abson-
derlichen Eigenschaften, die ihm Gott mitge-
theilt, fliessen. Da man nun diesen Gebrauch
derselben sich nicht ohne den Begriff vor-
stellen kan, wie der Beförderung des eigenen
Glückes, also der herrlichen Eigenschaften Got-
tes, die durch dieses Mittel dem Menschen of-
fenbar werden, so läst sich ja mit Recht sagen,
gen, daß die Absicht Gottes bey der Erschaf-
fung des Menschen doppelt gewesen, a die Offen-
barung seiner Vollkommenheiten (*) oder sei-

ner
(*) Gesezt Gott habe dieselben erwiesen und der Mensch
habe das Vermögen sie zu erkennen, Gott habe aber das-
selbe ihm mitgetheilt daß er es gebrauche, und sein Glük
hange

Auszuͤge aus Hr. Breitingers
der Moͤglichkeit zur Wuͤrcklichkeit gebracht wor-
den, ſondern er iſt ſo gemacht wie er iſt, mit
ſolchen Vermoͤgen oder Kraͤften ausgeruͤſtet,
die ihn juſt zum Menſchen, und alſo zur Re-
ligion tuͤchtig machen. Nun fragt es ſich nicht
bloß, was Gott bewogen habe, dem Men-
ſchen das wuͤrkliche Seyn mitzutheilen, ſon-
dern warum er ihn ſo und nicht anderſt, mit
dieſem und keinem andern Vermoͤgen, Grade
der Kraͤfte ꝛc., erſchaffen habe. Kan man
anderſt antworten, als es ſey geſchehen, da-
mit er dieſelbigen gebrauche, Gott, ſich ſelbſt,
beyder Beziehung, zu erkennen, und ſein eige-
nes Gluͤck dadurch zu befoͤrdern? Daß er trach-
te dieſem herrlichen Muſter, deſſen Vollkom-
menheiten, und folglich die Urſache ſeiner hoͤch-
ſten Gluͤkſeligkeit in ſeinen Wercken an dem
Tage liegen, je laͤnger je naͤher zu kommen?
Dies ſind die Sachen, die aus der beſondern
Beſchaffenheit des Menſchen, aus den abſon-
derlichen Eigenſchaften, die ihm Gott mitge-
theilt, flieſſen. Da man nun dieſen Gebrauch
derſelben ſich nicht ohne den Begriff vor-
ſtellen kan, wie der Befoͤrderung des eigenen
Gluͤckes, alſo der herrlichen Eigenſchaften Got-
tes, die durch dieſes Mittel dem Menſchen of-
fenbar werden, ſo laͤſt ſich ja mit Recht ſagen,
gen, daß die Abſicht Gottes bey der Erſchaf-
fung des Menſchen doppelt geweſen, a die Offen-
barung ſeiner Vollkommenheiten (*) oder ſei-

ner
(*) Geſezt Gott habe dieſelben erwieſen und der Menſch
habe das Vermoͤgen ſie zu erkennen, Gott habe aber daſ-
ſelbe ihm mitgetheilt daß er es gebrauche, und ſein Gluͤk
hange
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Auszu&#x0364;ge aus Hr. Breitingers</hi></fw><lb/>
der Mo&#x0364;glichkeit zur Wu&#x0364;rcklichkeit gebracht wor-<lb/>
den, &#x017F;ondern er i&#x017F;t &#x017F;o gemacht wie er i&#x017F;t, mit<lb/>
&#x017F;olchen Vermo&#x0364;gen oder Kra&#x0364;ften ausgeru&#x0364;&#x017F;tet,<lb/>
die ihn ju&#x017F;t zum Men&#x017F;chen, und al&#x017F;o zur Re-<lb/>
ligion tu&#x0364;chtig machen. Nun fragt es &#x017F;ich nicht<lb/>
bloß, was Gott bewogen habe, dem Men-<lb/>
&#x017F;chen das wu&#x0364;rkliche Seyn mitzutheilen, &#x017F;on-<lb/>
dern warum er ihn &#x017F;o und nicht ander&#x017F;t, mit<lb/>
die&#x017F;em und keinem andern Vermo&#x0364;gen, Grade<lb/>
der Kra&#x0364;fte &#xA75B;c., er&#x017F;chaffen habe. Kan man<lb/>
ander&#x017F;t antworten, als es &#x017F;ey ge&#x017F;chehen, da-<lb/>
mit er die&#x017F;elbigen gebrauche, Gott, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
beyder Beziehung, zu erkennen, und &#x017F;ein eige-<lb/>
nes Glu&#x0364;ck dadurch zu befo&#x0364;rdern? Daß er trach-<lb/>
te die&#x017F;em herrlichen Mu&#x017F;ter, de&#x017F;&#x017F;en Vollkom-<lb/>
menheiten, und folglich die Ur&#x017F;ache &#x017F;einer ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Glu&#x0364;k&#x017F;eligkeit in &#x017F;einen Wercken an dem<lb/>
Tage liegen, je la&#x0364;nger je na&#x0364;her zu kommen?<lb/>
Dies &#x017F;ind die Sachen, die aus der be&#x017F;ondern<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit des Men&#x017F;chen, aus den ab&#x017F;on-<lb/>
derlichen Eigen&#x017F;chaften, die ihm Gott mitge-<lb/>
theilt, flie&#x017F;&#x017F;en. Da man nun die&#x017F;en Gebrauch<lb/>
der&#x017F;elben &#x017F;ich nicht ohne den Begriff vor-<lb/>
&#x017F;tellen kan, wie der Befo&#x0364;rderung des eigenen<lb/>
Glu&#x0364;ckes, al&#x017F;o der herrlichen Eigen&#x017F;chaften Got-<lb/>
tes, die durch die&#x017F;es Mittel dem Men&#x017F;chen of-<lb/>
fenbar werden, &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich ja mit Recht &#x017F;agen,<lb/>
gen, daß die Ab&#x017F;icht Gottes bey der Er&#x017F;chaf-<lb/>
fung des Men&#x017F;chen doppelt gewe&#x017F;en, <hi rendition="#aq">a</hi> die Offen-<lb/>
barung &#x017F;einer Vollkommenheiten <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="(*)">Ge&#x017F;ezt Gott habe die&#x017F;elben erwie&#x017F;en und der Men&#x017F;ch<lb/>
habe das Vermo&#x0364;gen &#x017F;ie zu erkennen, Gott habe aber da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe ihm mitgetheilt daß er es gebrauche, und &#x017F;ein Glu&#x0364;k<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hange</fw></note> oder &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0172] Auszuͤge aus Hr. Breitingers der Moͤglichkeit zur Wuͤrcklichkeit gebracht wor- den, ſondern er iſt ſo gemacht wie er iſt, mit ſolchen Vermoͤgen oder Kraͤften ausgeruͤſtet, die ihn juſt zum Menſchen, und alſo zur Re- ligion tuͤchtig machen. Nun fragt es ſich nicht bloß, was Gott bewogen habe, dem Men- ſchen das wuͤrkliche Seyn mitzutheilen, ſon- dern warum er ihn ſo und nicht anderſt, mit dieſem und keinem andern Vermoͤgen, Grade der Kraͤfte ꝛc., erſchaffen habe. Kan man anderſt antworten, als es ſey geſchehen, da- mit er dieſelbigen gebrauche, Gott, ſich ſelbſt, beyder Beziehung, zu erkennen, und ſein eige- nes Gluͤck dadurch zu befoͤrdern? Daß er trach- te dieſem herrlichen Muſter, deſſen Vollkom- menheiten, und folglich die Urſache ſeiner hoͤch- ſten Gluͤkſeligkeit in ſeinen Wercken an dem Tage liegen, je laͤnger je naͤher zu kommen? Dies ſind die Sachen, die aus der beſondern Beſchaffenheit des Menſchen, aus den abſon- derlichen Eigenſchaften, die ihm Gott mitge- theilt, flieſſen. Da man nun dieſen Gebrauch derſelben ſich nicht ohne den Begriff vor- ſtellen kan, wie der Befoͤrderung des eigenen Gluͤckes, alſo der herrlichen Eigenſchaften Got- tes, die durch dieſes Mittel dem Menſchen of- fenbar werden, ſo laͤſt ſich ja mit Recht ſagen, gen, daß die Abſicht Gottes bey der Erſchaf- fung des Menſchen doppelt geweſen, a die Offen- barung ſeiner Vollkommenheiten (*) oder ſei- ner (*) Geſezt Gott habe dieſelben erwieſen und der Menſch habe das Vermoͤgen ſie zu erkennen, Gott habe aber daſ- ſelbe ihm mitgetheilt daß er es gebrauche, und ſein Gluͤk hange

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/172
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/172>, abgerufen am 16.04.2024.