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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.

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Echo
fündig zu machen; so schwer ist es hergegen mit
Gewißheit zu bestimmen, welche von diesen oder
andern Ursachen eigentlich diesen oder jenen Ver-
fasser zur freywilligen Unterdrückung seines Nah-
mens vermocht habe. Jst es mir erlaubt meine
muthmaßlichen Gedanken in Absicht auf den Ver-
fasser der Anmerkungen, um den es hier vornehm-
lich zu thun ist, offenherzig zu entdecken, so kan
ich nicht bergen, daß es mir gar nicht wahrschein-
lich vorkommen will, daß eine von denen obenan-
geführten Ursachen der zureichende Grund gewe-
sen, um dessetwillen er seinen Nahmen verschwie-
gen hat, angesehen dieselben alle eine gewisse Furcht
und ein zaghaftes Mißtrauen gegen sich und an-
dere zum Grunde haben, wovon aber der Ver-
fasser dieser Anmerckungen sehr weit entfernet
ist. Es will mich in Absicht auf seinen Charac-
ter, insoferne er aus diesen Anmerkungen er-
kennt wird, vielmehr bedünken, daß er seinen
Nahmen aus einer großmüthigen Bescheidenheit
mit gestudiertem Fleisse darum verborgen habe,
damit die neugierigen Leser sich destomehr Mühe
gäben, denselbigen aufzusuchen und zu entdecken;
fast eben auf die Weise wie die kurtzweilenden
Kinder sich öfters in die verborgensten und abge-
legensten Winkel eines Hauses sorgfältig verste-
ken, nicht in dem Absehen, daß sie daselbst ver-
borgen bleiben, sondern daß sie sich von ihren
Gespielen, wiewol erst nach einem langen und em-
sigen Suchen, finden lassen, die darum auch nichts
schmertzlicher verdrießt, als wenn diese im Suchen
zu nachlässig sind, oder zu bald müde werden.

Die

Echo
fuͤndig zu machen; ſo ſchwer iſt es hergegen mit
Gewißheit zu beſtimmen, welche von dieſen oder
andern Urſachen eigentlich dieſen oder jenen Ver-
faſſer zur freywilligen Unterdruͤckung ſeines Nah-
mens vermocht habe. Jſt es mir erlaubt meine
muthmaßlichen Gedanken in Abſicht auf den Ver-
faſſer der Anmerkungen, um den es hier vornehm-
lich zu thun iſt, offenherzig zu entdecken, ſo kan
ich nicht bergen, daß es mir gar nicht wahrſchein-
lich vorkommen will, daß eine von denen obenan-
gefuͤhrten Urſachen der zureichende Grund gewe-
ſen, um deſſetwillen er ſeinen Nahmen verſchwie-
gen hat, angeſehen dieſelben alle eine gewiſſe Furcht
und ein zaghaftes Mißtrauen gegen ſich und an-
dere zum Grunde haben, wovon aber der Ver-
faſſer dieſer Anmerckungen ſehr weit entfernet
iſt. Es will mich in Abſicht auf ſeinen Charac-
ter, inſoferne er aus dieſen Anmerkungen er-
kennt wird, vielmehr beduͤnken, daß er ſeinen
Nahmen aus einer großmuͤthigen Beſcheidenheit
mit geſtudiertem Fleiſſe darum verborgen habe,
damit die neugierigen Leſer ſich deſtomehr Muͤhe
gaͤben, denſelbigen aufzuſuchen und zu entdecken;
faſt eben auf die Weiſe wie die kurtzweilenden
Kinder ſich oͤfters in die verborgenſten und abge-
legenſten Winkel eines Hauſes ſorgfaͤltig verſte-
ken, nicht in dem Abſehen, daß ſie daſelbſt ver-
borgen bleiben, ſondern daß ſie ſich von ihren
Geſpielen, wiewol erſt nach einem langen und em-
ſigen Suchen, finden laſſen, die darum auch nichts
ſchmertzlicher verdrießt, als wenn dieſe im Suchen
zu nachlaͤſſig ſind, oder zu bald muͤde werden.

Die
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[38/0040] Echo fuͤndig zu machen; ſo ſchwer iſt es hergegen mit Gewißheit zu beſtimmen, welche von dieſen oder andern Urſachen eigentlich dieſen oder jenen Ver- faſſer zur freywilligen Unterdruͤckung ſeines Nah- mens vermocht habe. Jſt es mir erlaubt meine muthmaßlichen Gedanken in Abſicht auf den Ver- faſſer der Anmerkungen, um den es hier vornehm- lich zu thun iſt, offenherzig zu entdecken, ſo kan ich nicht bergen, daß es mir gar nicht wahrſchein- lich vorkommen will, daß eine von denen obenan- gefuͤhrten Urſachen der zureichende Grund gewe- ſen, um deſſetwillen er ſeinen Nahmen verſchwie- gen hat, angeſehen dieſelben alle eine gewiſſe Furcht und ein zaghaftes Mißtrauen gegen ſich und an- dere zum Grunde haben, wovon aber der Ver- faſſer dieſer Anmerckungen ſehr weit entfernet iſt. Es will mich in Abſicht auf ſeinen Charac- ter, inſoferne er aus dieſen Anmerkungen er- kennt wird, vielmehr beduͤnken, daß er ſeinen Nahmen aus einer großmuͤthigen Beſcheidenheit mit geſtudiertem Fleiſſe darum verborgen habe, damit die neugierigen Leſer ſich deſtomehr Muͤhe gaͤben, denſelbigen aufzuſuchen und zu entdecken; faſt eben auf die Weiſe wie die kurtzweilenden Kinder ſich oͤfters in die verborgenſten und abge- legenſten Winkel eines Hauſes ſorgfaͤltig verſte- ken, nicht in dem Abſehen, daß ſie daſelbſt ver- borgen bleiben, ſondern daß ſie ſich von ihren Geſpielen, wiewol erſt nach einem langen und em- ſigen Suchen, finden laſſen, die darum auch nichts ſchmertzlicher verdrießt, als wenn dieſe im Suchen zu nachlaͤſſig ſind, oder zu bald muͤde werden. Die

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/40>, abgerufen am 28.03.2024.