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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

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Von Langnau Schreiben
mindern, als andere in dem täglichen Umgange
gewöhnliche Höflichkeiten unserm Stand, Rang
und Ansehen einigen Abbruch thun; Jm Ge-
gentheil wird eine solche Erniedrigung seiner
selbs schon ohne dies sichere und gemächliche
Leser in ihrer Sicherheit nur mehr stärcken, und
sie auf die Gedancken führen, wenn der Ver-
fasser der Gründlichkeit seiner Schrift nicht ge-
nugsam trauen könnte, so würde er nicht so
ernstlich auf eine Untersuchung dringen.

Bey einer solchen Aufführung eines Schrift-
verfassers kömmt es demnach lediglich auf die
Untersuchung an, wie ferne er in der Ausfüh-
rung seines Vorsatzes die großsprechenden Ver-
sicherungen erfüllet, und denen strengen Gesetzen,
die er selbst zur Richtschnur einer billigen Prüf-
fung seiner Schrifften vorgeleget hat, eine Ge-
nüge geleistet habe? Thut die Ausführung ei-
nem so strengen Vorsatz keine Genüge, so ist die
Gefahr der Verführung von einer solchen Schrift
gedoppelt, indem sie die Leser nicht allein mit
irrigen Meynungen und Urtheilen täuschet, son-
dern durch das Blendwerck großsprechender
Versicherungen annoch die Erkänntniß des Jrr-
thums und Betrugs schwer machet, ja gäntzlich
hindert.

Wenn ich mir nun die Freyheit heraus neh-
me, auf diesen Blättern eine Untersuchung an-
zustellen, wieferne diejenigen Artickel des ersten
Bandes eurer Critischen Versuche, in welchen
ihr euch in eine Beurtheilung der Schweitzeri-
schen Critischen Schriften, und einiger beson-
derer von denselben aufgeworffener Streitfra-

gen

Von Langnau Schreiben
mindern, als andere in dem taͤglichen Umgange
gewoͤhnliche Hoͤflichkeiten unſerm Stand, Rang
und Anſehen einigen Abbruch thun; Jm Ge-
gentheil wird eine ſolche Erniedrigung ſeiner
ſelbs ſchon ohne dies ſichere und gemaͤchliche
Leſer in ihrer Sicherheit nur mehr ſtaͤrcken, und
ſie auf die Gedancken fuͤhren, wenn der Ver-
faſſer der Gruͤndlichkeit ſeiner Schrift nicht ge-
nugſam trauen koͤnnte, ſo wuͤrde er nicht ſo
ernſtlich auf eine Unterſuchung dringen.

Bey einer ſolchen Auffuͤhrung eines Schrift-
verfaſſers koͤmmt es demnach lediglich auf die
Unterſuchung an, wie ferne er in der Ausfuͤh-
rung ſeines Vorſatzes die großſprechenden Ver-
ſicherungen erfuͤllet, und denen ſtrengen Geſetzen,
die er ſelbſt zur Richtſchnur einer billigen Pruͤf-
fung ſeiner Schrifften vorgeleget hat, eine Ge-
nuͤge geleiſtet habe? Thut die Ausfuͤhrung ei-
nem ſo ſtrengen Vorſatz keine Genuͤge, ſo iſt die
Gefahr der Verfuͤhrung von einer ſolchen Schrift
gedoppelt, indem ſie die Leſer nicht allein mit
irrigen Meynungen und Urtheilen taͤuſchet, ſon-
dern durch das Blendwerck großſprechender
Verſicherungen annoch die Erkaͤnntniß des Jrr-
thums und Betrugs ſchwer machet, ja gaͤntzlich
hindert.

Wenn ich mir nun die Freyheit heraus neh-
me, auf dieſen Blaͤttern eine Unterſuchung an-
zuſtellen, wieferne diejenigen Artickel des erſten
Bandes eurer Critiſchen Verſuche, in welchen
ihr euch in eine Beurtheilung der Schweitzeri-
ſchen Critiſchen Schriften, und einiger beſon-
derer von denſelben aufgeworffener Streitfra-

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[26/0028] Von Langnau Schreiben mindern, als andere in dem taͤglichen Umgange gewoͤhnliche Hoͤflichkeiten unſerm Stand, Rang und Anſehen einigen Abbruch thun; Jm Ge- gentheil wird eine ſolche Erniedrigung ſeiner ſelbs ſchon ohne dies ſichere und gemaͤchliche Leſer in ihrer Sicherheit nur mehr ſtaͤrcken, und ſie auf die Gedancken fuͤhren, wenn der Ver- faſſer der Gruͤndlichkeit ſeiner Schrift nicht ge- nugſam trauen koͤnnte, ſo wuͤrde er nicht ſo ernſtlich auf eine Unterſuchung dringen. Bey einer ſolchen Auffuͤhrung eines Schrift- verfaſſers koͤmmt es demnach lediglich auf die Unterſuchung an, wie ferne er in der Ausfuͤh- rung ſeines Vorſatzes die großſprechenden Ver- ſicherungen erfuͤllet, und denen ſtrengen Geſetzen, die er ſelbſt zur Richtſchnur einer billigen Pruͤf- fung ſeiner Schrifften vorgeleget hat, eine Ge- nuͤge geleiſtet habe? Thut die Ausfuͤhrung ei- nem ſo ſtrengen Vorſatz keine Genuͤge, ſo iſt die Gefahr der Verfuͤhrung von einer ſolchen Schrift gedoppelt, indem ſie die Leſer nicht allein mit irrigen Meynungen und Urtheilen taͤuſchet, ſon- dern durch das Blendwerck großſprechender Verſicherungen annoch die Erkaͤnntniß des Jrr- thums und Betrugs ſchwer machet, ja gaͤntzlich hindert. Wenn ich mir nun die Freyheit heraus neh- me, auf dieſen Blaͤttern eine Unterſuchung an- zuſtellen, wieferne diejenigen Artickel des erſten Bandes eurer Critiſchen Verſuche, in welchen ihr euch in eine Beurtheilung der Schweitzeri- ſchen Critiſchen Schriften, und einiger beſon- derer von denſelben aufgeworffener Streitfra- gen

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/28>, abgerufen am 25.04.2024.