wieder an die Hauptlinie zurück, wurde aber erst 1765 nach Wien übertragen. Der ererbte Besitz Ferdinands wurde von diesem in be- deutendem Masse durch Sammlung von Waffen berühmter Personen der vergangenen Zeit und seiner eigenen Zeit vermehrt und damit eine an historischem und künstlerischem Werte einzig dastehende Waffensammlung geschaffen. Nach dem Hintritte ihres genialen Grün- ders, 1595, gelangte die Sammlung an dessen ältesten Sohn, Karl von Burgau, von dem sie durch Kauf in kaiserlichen Privatbesitz kam. Die Sammlung blieb bis 1806 im Schlosse Ambras, in welchem Jahre sie der Kriegsereignisse halber nach Wien übergeführt wurde. Obgleich nun beide Sammlungen sich in Wien befanden, blieben sie doch bis jetzt räumlich getrennt. Die vorher erwähnte kaiserliche Waffensammlung gelangte vom alten Zeughause 1856 in das neu- erbaute Artilleriearsenal. Der frühere Besitz des Erzherzogs Ferdi- nand wurde mit der Bezeichnung Ambraser Sammlung mit den übrigen Kunstgegenständen dieser Sammlung im unteren Belvedere aufgestellt.
Im Augenblicke ist der ganze museale Kunstbesitz des kaiser- lichen Hauses in das neuerbaute kunsthistorische Hofmuseum am Burgring übertragen. Dadurch ist die Vereinigung beider Waffen- sammlungen, jener des Arsenales mit jener der Ambraser Sammlung, herbeigeführt worden, und man ist soeben daran, den Gesamtbestand zu ordnen, eine Aufgabe, die, was die Abteilung der Waffen anbe- langt, bereits durchgeführt ist.
Der hohe Wert dieser zu den hervorragendsten der Welt zäh- lenden Sammlung besteht nicht allein in ihrem reichen Inhalte an künstlerisch hervorragenden Gegenständen, nicht in den, waffenwissen- schaftlich betrachtet, hochinteressanten Formen derselben, sondern in ihrer historischen Bedeutung insofern, als in ihr eine ungemein grosse Zahl von Harnischen und Waffen berühmter Personen bewahrt werden. Die Richtigkeit der betreffenden Zuschreibungen ist durch zahlreiche Inventare, die bis in das Jahr 1580 hinaufreichen und nicht minder durch Bildwerke des 16. Jahrhunderts bis zur Evidenz erwiesen.
Die Sammlung enthält hauptsächlich Waffen vom Mittelalter bis zum Beginne des 30jährigen Krieges; nur die Jagdwaffen reichen bis zum Anfange unseres Jahrhunderts. Ihr Gesamtstand ist etwas über 5000 Nummern. Einzig in ihrer Art erscheint sie in Bezug auf Turnierwaffen, darunter zahlreiche Unika; auf diesem kulturwissen- schaftlichen Gebiete ist sie von einer Reichhaltigkeit und einem For- menreichtum, der unübertroffen dasteht.
Als eine wichtige Ergänzung dieser einzigen Sammlung ist die Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des kaiserlichen Hauses anzusehen, die kulturhistorisch wichtige Bildhandschriften und Druck- werke über das Kriegs- und Turnierwesen, die Fecht- und Reitkunst etc. enthält.
VI. Die hervorragendsten Waffensammlungen.
wieder an die Hauptlinie zurück, wurde aber erst 1765 nach Wien übertragen. Der ererbte Besitz Ferdinands wurde von diesem in be- deutendem Maſse durch Sammlung von Waffen berühmter Personen der vergangenen Zeit und seiner eigenen Zeit vermehrt und damit eine an historischem und künstlerischem Werte einzig dastehende Waffensammlung geschaffen. Nach dem Hintritte ihres genialen Grün- ders, 1595, gelangte die Sammlung an dessen ältesten Sohn, Karl von Burgau, von dem sie durch Kauf in kaiserlichen Privatbesitz kam. Die Sammlung blieb bis 1806 im Schlosse Ambras, in welchem Jahre sie der Kriegsereignisse halber nach Wien übergeführt wurde. Obgleich nun beide Sammlungen sich in Wien befanden, blieben sie doch bis jetzt räumlich getrennt. Die vorher erwähnte kaiserliche Waffensammlung gelangte vom alten Zeughause 1856 in das neu- erbaute Artilleriearsenal. Der frühere Besitz des Erzherzogs Ferdi- nand wurde mit der Bezeichnung Ambraser Sammlung mit den übrigen Kunstgegenständen dieser Sammlung im unteren Belvedere aufgestellt.
Im Augenblicke ist der ganze museale Kunstbesitz des kaiser- lichen Hauses in das neuerbaute kunsthistorische Hofmuseum am Burgring übertragen. Dadurch ist die Vereinigung beider Waffen- sammlungen, jener des Arsenales mit jener der Ambraser Sammlung, herbeigeführt worden, und man ist soeben daran, den Gesamtbestand zu ordnen, eine Aufgabe, die, was die Abteilung der Waffen anbe- langt, bereits durchgeführt ist.
Der hohe Wert dieser zu den hervorragendsten der Welt zäh- lenden Sammlung besteht nicht allein in ihrem reichen Inhalte an künstlerisch hervorragenden Gegenständen, nicht in den, waffenwissen- schaftlich betrachtet, hochinteressanten Formen derselben, sondern in ihrer historischen Bedeutung insofern, als in ihr eine ungemein groſse Zahl von Harnischen und Waffen berühmter Personen bewahrt werden. Die Richtigkeit der betreffenden Zuschreibungen ist durch zahlreiche Inventare, die bis in das Jahr 1580 hinaufreichen und nicht minder durch Bildwerke des 16. Jahrhunderts bis zur Evidenz erwiesen.
Die Sammlung enthält hauptsächlich Waffen vom Mittelalter bis zum Beginne des 30jährigen Krieges; nur die Jagdwaffen reichen bis zum Anfange unseres Jahrhunderts. Ihr Gesamtstand ist etwas über 5000 Nummern. Einzig in ihrer Art erscheint sie in Bezug auf Turnierwaffen, darunter zahlreiche Unika; auf diesem kulturwissen- schaftlichen Gebiete ist sie von einer Reichhaltigkeit und einem For- menreichtum, der unübertroffen dasteht.
Als eine wichtige Ergänzung dieser einzigen Sammlung ist die Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des kaiserlichen Hauses anzusehen, die kulturhistorisch wichtige Bildhandschriften und Druck- werke über das Kriegs- und Turnierwesen, die Fecht- und Reitkunst etc. enthält.
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VI. Die hervorragendsten Waffensammlungen.
wieder an die Hauptlinie zurück, wurde aber erst 1765 nach Wien
übertragen. Der ererbte Besitz Ferdinands wurde von diesem in be-
deutendem Maſse durch Sammlung von Waffen berühmter Personen
der vergangenen Zeit und seiner eigenen Zeit vermehrt und damit
eine an historischem und künstlerischem Werte einzig dastehende
Waffensammlung geschaffen. Nach dem Hintritte ihres genialen Grün-
ders, 1595, gelangte die Sammlung an dessen ältesten Sohn, Karl
von Burgau, von dem sie durch Kauf in kaiserlichen Privatbesitz
kam. Die Sammlung blieb bis 1806 im Schlosse Ambras, in welchem
Jahre sie der Kriegsereignisse halber nach Wien übergeführt wurde.
Obgleich nun beide Sammlungen sich in Wien befanden, blieben sie
doch bis jetzt räumlich getrennt. Die vorher erwähnte kaiserliche
Waffensammlung gelangte vom alten Zeughause 1856 in das neu-
erbaute Artilleriearsenal. Der frühere Besitz des Erzherzogs Ferdi-
nand wurde mit der Bezeichnung Ambraser Sammlung mit den übrigen
Kunstgegenständen dieser Sammlung im unteren Belvedere aufgestellt.
Im Augenblicke ist der ganze museale Kunstbesitz des kaiser-
lichen Hauses in das neuerbaute kunsthistorische Hofmuseum am
Burgring übertragen. Dadurch ist die Vereinigung beider Waffen-
sammlungen, jener des Arsenales mit jener der Ambraser Sammlung,
herbeigeführt worden, und man ist soeben daran, den Gesamtbestand
zu ordnen, eine Aufgabe, die, was die Abteilung der Waffen anbe-
langt, bereits durchgeführt ist.
Der hohe Wert dieser zu den hervorragendsten der Welt zäh-
lenden Sammlung besteht nicht allein in ihrem reichen Inhalte an
künstlerisch hervorragenden Gegenständen, nicht in den, waffenwissen-
schaftlich betrachtet, hochinteressanten Formen derselben, sondern in
ihrer historischen Bedeutung insofern, als in ihr eine ungemein groſse
Zahl von Harnischen und Waffen berühmter Personen bewahrt werden.
Die Richtigkeit der betreffenden Zuschreibungen ist durch zahlreiche
Inventare, die bis in das Jahr 1580 hinaufreichen und nicht minder
durch Bildwerke des 16. Jahrhunderts bis zur Evidenz erwiesen.
Die Sammlung enthält hauptsächlich Waffen vom Mittelalter bis
zum Beginne des 30jährigen Krieges; nur die Jagdwaffen reichen bis
zum Anfange unseres Jahrhunderts. Ihr Gesamtstand ist etwas über
5000 Nummern. Einzig in ihrer Art erscheint sie in Bezug auf
Turnierwaffen, darunter zahlreiche Unika; auf diesem kulturwissen-
schaftlichen Gebiete ist sie von einer Reichhaltigkeit und einem For-
menreichtum, der unübertroffen dasteht.
Als eine wichtige Ergänzung dieser einzigen Sammlung ist die
Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des kaiserlichen Hauses
anzusehen, die kulturhistorisch wichtige Bildhandschriften und Druck-
werke über das Kriegs- und Turnierwesen, die Fecht- und Reitkunst
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/656>, abgerufen am 18.04.2024.
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