Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Die Schutzwaffen.
und rückwärts. Damit bildeten sich die sogenannten vorderen und
hinteren Flüge. Die ersten derlei Formen bestanden aus einem
Stücke, aber es dauerte nicht lange, so wurden dieselben, um den
Armen mehr Bewegungsfreiheit zu bieten, in mehreren Folgen nach
aufwärts geschoben. Die Vorderflüge, das sind die gegen die
Brustmitte zu sich verbreitenden
Partien der Achseln, sind nicht
immer an beiden Seiten gleich.
Der rechte ist nämlich in der
Regel, da der Reiter die Spiess-
stange in die Achselhöhle gepresst
führte, an dieser Stelle konkav
ausgeschnitten (Fig. 65), während
der linke voll gestaltet bleibt. Da-
mit war die Achselhöhle, nament-
lich bei Führung des Schwertes,
gefährdet. Man versuchte es nun
mit freihängenden kleinen Platten,
welche an den Flügen mit Leder-
riemen oder Schnüren befestigt
[Abbildung] Fig. 65.

Rechtsseitiges Armzeug von einem sogenannten
gotischen Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol mit aus-
geschnittenem Vorderflug und aufgebundenen halben Armkacheln.
Deutsche Arbeit um 1480.

[Abbildung] Fig. 66.

Rechtsseitige Achsel mit angebundener Schwebe-
scheibe von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I. um 1560.

wurden. Diese Platten, anfänglich viereckig, lappenförmig, wurden
um 1400 scheibenförmig gestaltet und Schwebescheiben ge-

I. Die Schutzwaffen.
und rückwärts. Damit bildeten sich die sogenannten vorderen und
hinteren Flüge. Die ersten derlei Formen bestanden aus einem
Stücke, aber es dauerte nicht lange, so wurden dieselben, um den
Armen mehr Bewegungsfreiheit zu bieten, in mehreren Folgen nach
aufwärts geschoben. Die Vorderflüge, das sind die gegen die
Brustmitte zu sich verbreitenden
Partien der Achseln, sind nicht
immer an beiden Seiten gleich.
Der rechte ist nämlich in der
Regel, da der Reiter die Spieſs-
stange in die Achselhöhle gepreſst
führte, an dieser Stelle konkav
ausgeschnitten (Fig. 65), während
der linke voll gestaltet bleibt. Da-
mit war die Achselhöhle, nament-
lich bei Führung des Schwertes,
gefährdet. Man versuchte es nun
mit freihängenden kleinen Platten,
welche an den Flügen mit Leder-
riemen oder Schnüren befestigt
[Abbildung] Fig. 65.

Rechtsseitiges Armzeug von einem sogenannten
gotischen Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol mit aus-
geschnittenem Vorderflug und aufgebundenen halben Armkacheln.
Deutsche Arbeit um 1480.

[Abbildung] Fig. 66.

Rechtsseitige Achsel mit angebundener Schwebe-
scheibe von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I. um 1560.

wurden. Diese Platten, anfänglich viereckig, lappenförmig, wurden
um 1400 scheibenförmig gestaltet und Schwebescheiben ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="68"/><fw place="top" type="header">I. Die Schutzwaffen.</fw><lb/>
und rückwärts. Damit bildeten sich die sogenannten <hi rendition="#g">vorderen</hi> und<lb/><hi rendition="#g">hinteren Flüge</hi>. Die ersten derlei Formen bestanden aus einem<lb/>
Stücke, aber es dauerte nicht lange, so wurden dieselben, um den<lb/>
Armen mehr Bewegungsfreiheit zu bieten, in mehreren Folgen nach<lb/>
aufwärts geschoben. Die <hi rendition="#g">Vorderflüge</hi>, das sind die gegen die<lb/>
Brustmitte zu sich verbreitenden<lb/>
Partien der Achseln, sind nicht<lb/>
immer an beiden Seiten gleich.<lb/>
Der rechte ist nämlich in der<lb/>
Regel, da der Reiter die Spie&#x017F;s-<lb/>
stange in die Achselhöhle gepre&#x017F;st<lb/>
führte, an dieser Stelle konkav<lb/>
ausgeschnitten (Fig. 65), während<lb/>
der linke voll gestaltet bleibt. Da-<lb/>
mit war die Achselhöhle, nament-<lb/>
lich bei Führung des Schwertes,<lb/>
gefährdet. Man versuchte es nun<lb/>
mit freihängenden kleinen Platten,<lb/>
welche an den Flügen mit Leder-<lb/>
riemen oder Schnüren befestigt<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 65.</head><p><hi rendition="#g">Rechtsseitiges Armzeug</hi> von einem sogenannten<lb/>
gotischen Harnische des Erzherzogs <hi rendition="#g">Sigmund von Tirol</hi> mit aus-<lb/>
geschnittenem Vorderflug und aufgebundenen halben Armkacheln.<lb/>
Deutsche Arbeit um 1480.</p></figure><lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 66.</head><p><hi rendition="#g">Rechtsseitige Achsel</hi> mit angebundener Schwebe-<lb/>
scheibe von einem Harnische des Kaisers <hi rendition="#g">Ferdinand</hi> I. um 1560.</p></figure><lb/>
wurden. Diese Platten, anfänglich viereckig, lappenförmig, wurden<lb/>
um 1400 scheibenförmig gestaltet und <hi rendition="#g">Schwebescheiben</hi> ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0086] I. Die Schutzwaffen. und rückwärts. Damit bildeten sich die sogenannten vorderen und hinteren Flüge. Die ersten derlei Formen bestanden aus einem Stücke, aber es dauerte nicht lange, so wurden dieselben, um den Armen mehr Bewegungsfreiheit zu bieten, in mehreren Folgen nach aufwärts geschoben. Die Vorderflüge, das sind die gegen die Brustmitte zu sich verbreitenden Partien der Achseln, sind nicht immer an beiden Seiten gleich. Der rechte ist nämlich in der Regel, da der Reiter die Spieſs- stange in die Achselhöhle gepreſst führte, an dieser Stelle konkav ausgeschnitten (Fig. 65), während der linke voll gestaltet bleibt. Da- mit war die Achselhöhle, nament- lich bei Führung des Schwertes, gefährdet. Man versuchte es nun mit freihängenden kleinen Platten, welche an den Flügen mit Leder- riemen oder Schnüren befestigt [Abbildung Fig. 65. Rechtsseitiges Armzeug von einem sogenannten gotischen Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol mit aus- geschnittenem Vorderflug und aufgebundenen halben Armkacheln. Deutsche Arbeit um 1480.] [Abbildung Fig. 66. Rechtsseitige Achsel mit angebundener Schwebe- scheibe von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I. um 1560.] wurden. Diese Platten, anfänglich viereckig, lappenförmig, wurden um 1400 scheibenförmig gestaltet und Schwebescheiben ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/86
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/86>, abgerufen am 19.04.2024.