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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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-- Was sagen Sie dazu, daß die Todesstrafe
abgeschafft werden soll, vor jetzt wenigstens bei poli¬
tischen Vergehen? Ist das nicht schön? Und das
geschieht nur in der Absicht, die angeklagten Mi¬
nister zu retten. Und nicht etwa die Regierung
allein will das, sondern der bessere Theil des Volkes
selbst. Diese Woche kam eine Bittschrift von hun¬
dert blessirten Bürgern, die alle die Abschaffung der
Todesstrafe fordern, an die Kammer. Mich rührte
das sehr, daß Menschen, welche von den Ministern
unglücklich gemacht worden, um das Leben ihrer
Feinde bitten. Wenn man bei unserer lieben Deut¬
schen Bundesversammlung um die Abschaffung der
Todesstrafe in politischen Vergehen einkäme, würde
man freundlichen Bescheid bekommen! Und doch,
wenn sie klug wären, sollten sie schon aus Egoismus
die alten blutigen Gesetze mildern. Heute noch haben
sie die Macht, wer weiß wie es morgen aussieht.


— Was ſagen Sie dazu, daß die Todesſtrafe
abgeſchafft werden ſoll, vor jetzt wenigſtens bei poli¬
tiſchen Vergehen? Iſt das nicht ſchön? Und das
geſchieht nur in der Abſicht, die angeklagten Mi¬
niſter zu retten. Und nicht etwa die Regierung
allein will das, ſondern der beſſere Theil des Volkes
ſelbſt. Dieſe Woche kam eine Bittſchrift von hun¬
dert bleſſirten Bürgern, die alle die Abſchaffung der
Todesſtrafe fordern, an die Kammer. Mich rührte
das ſehr, daß Menſchen, welche von den Miniſtern
unglücklich gemacht worden, um das Leben ihrer
Feinde bitten. Wenn man bei unſerer lieben Deut¬
ſchen Bundesverſammlung um die Abſchaffung der
Todesſtrafe in politiſchen Vergehen einkäme, würde
man freundlichen Beſcheid bekommen! Und doch,
wenn ſie klug wären, ſollten ſie ſchon aus Egoismus
die alten blutigen Geſetze mildern. Heute noch haben
ſie die Macht, wer weiß wie es morgen ausſieht.


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[64/0078] — Was ſagen Sie dazu, daß die Todesſtrafe abgeſchafft werden ſoll, vor jetzt wenigſtens bei poli¬ tiſchen Vergehen? Iſt das nicht ſchön? Und das geſchieht nur in der Abſicht, die angeklagten Mi¬ niſter zu retten. Und nicht etwa die Regierung allein will das, ſondern der beſſere Theil des Volkes ſelbſt. Dieſe Woche kam eine Bittſchrift von hun¬ dert bleſſirten Bürgern, die alle die Abſchaffung der Todesſtrafe fordern, an die Kammer. Mich rührte das ſehr, daß Menſchen, welche von den Miniſtern unglücklich gemacht worden, um das Leben ihrer Feinde bitten. Wenn man bei unſerer lieben Deut¬ ſchen Bundesverſammlung um die Abſchaffung der Todesſtrafe in politiſchen Vergehen einkäme, würde man freundlichen Beſcheid bekommen! Und doch, wenn ſie klug wären, ſollten ſie ſchon aus Egoismus die alten blutigen Geſetze mildern. Heute noch haben ſie die Macht, wer weiß wie es morgen ausſieht.

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/78>, abgerufen am 24.04.2024.