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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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täuschen, am wenigsten die Preußen selbst. Aber sie
haben solche Freude an Lug und Trug, daß sie den¬
ken: und wenn unter zehen Millionen Lesern, nur
zehen Dummköpfe uns glauben, es ist immer ein
Gewinn.

-- Ich habe neulich einen Brief gelesen, den
der Professor Raumer in Berlin hierher geschrieben,
über die deutschen und französischen Angelegenheiten,
natürlich in der Absicht, daß er hier herum gezeigt
werde. Es ist ein offizieller Brief. Dieser
Professor der Geschichte .... ist eben Königlich
Preußischer Professor. O! O! Sein Maasstab für
diese große Zeit ist nicht länger als sein Ordens-
Bändchen. Und das alte Lied endiget mit dem ewi¬
gen Triller: Die Liebe der Preußen zu ihrem Kö¬
nige sei in diesen Tagen noch gewachsen. Und doch
sagen sie das ganze Jahr durch, diese Liebe
könne gar nicht mehr wachsen! Dieser Raumer gibt
Briefe über die französische Revolution heraus. Er
war damals hier, er hat alles selbst mit angesehen;
aber Schmeichler sind so blind als die Geschmeichel¬
ten. Der Herr von Raumer wird uns schöne Sa¬
chen erzählen!


täuſchen, am wenigſten die Preußen ſelbſt. Aber ſie
haben ſolche Freude an Lug und Trug, daß ſie den¬
ken: und wenn unter zehen Millionen Leſern, nur
zehen Dummköpfe uns glauben, es iſt immer ein
Gewinn.

— Ich habe neulich einen Brief geleſen, den
der Profeſſor Raumer in Berlin hierher geſchrieben,
über die deutſchen und franzöſiſchen Angelegenheiten,
natürlich in der Abſicht, daß er hier herum gezeigt
werde. Es iſt ein offizieller Brief. Dieſer
Profeſſor der Geſchichte .... iſt eben Königlich
Preußiſcher Profeſſor. O! O! Sein Maasſtab für
dieſe große Zeit iſt nicht länger als ſein Ordens-
Bändchen. Und das alte Lied endiget mit dem ewi¬
gen Triller: Die Liebe der Preußen zu ihrem Kö¬
nige ſei in dieſen Tagen noch gewachſen. Und doch
ſagen ſie das ganze Jahr durch, dieſe Liebe
könne gar nicht mehr wachſen! Dieſer Raumer gibt
Briefe über die franzöſiſche Revolution heraus. Er
war damals hier, er hat alles ſelbſt mit angeſehen;
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ten. Der Herr von Raumer wird uns ſchöne Sa¬
chen erzählen!


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[80/0094] täuſchen, am wenigſten die Preußen ſelbſt. Aber ſie haben ſolche Freude an Lug und Trug, daß ſie den¬ ken: und wenn unter zehen Millionen Leſern, nur zehen Dummköpfe uns glauben, es iſt immer ein Gewinn. — Ich habe neulich einen Brief geleſen, den der Profeſſor Raumer in Berlin hierher geſchrieben, über die deutſchen und franzöſiſchen Angelegenheiten, natürlich in der Abſicht, daß er hier herum gezeigt werde. Es iſt ein [FORMEL] offizieller Brief. Dieſer Profeſſor der Geſchichte .... iſt eben Königlich Preußiſcher Profeſſor. O! O! Sein Maasſtab für dieſe große Zeit iſt nicht länger als ſein Ordens- Bändchen. Und das alte Lied endiget mit dem ewi¬ gen Triller: Die Liebe der Preußen zu ihrem Kö¬ nige ſei in dieſen Tagen noch gewachſen. Und doch ſagen ſie das ganze Jahr durch, dieſe Liebe könne gar nicht mehr wachſen! Dieſer Raumer gibt Briefe über die franzöſiſche Revolution heraus. Er war damals hier, er hat alles ſelbſt mit angeſehen; aber Schmeichler ſind ſo blind als die Geſchmeichel¬ ten. Der Herr von Raumer wird uns ſchöne Sa¬ chen erzählen!

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/94>, abgerufen am 24.04.2024.