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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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alten Herzen und seinem neuen Hasse, mit dem gan¬
zen Gefolge aller seiner Laster, aller seiner Thor¬
heiten, umgeben von den Trabanten seiner Rache, --
ich, jetzt ein alter Mann, kletterte auf einen Baum
und würde, wie ein betrunkener armer Teufel, den
die Polizei bezahlt, Vivat schreien, bis ich die Stimme
verlöhre. Was ist's mit der Tyrannei? Sie macht
unglücklich und das ist Alles. Wie der Winter
drängt sie Blut und Leben zurück; aber das stille
Herz ist dann der Kerker, nicht der Sarg der Frei¬
heit. Aber diese giftige Geldwirthschaft hier trocknet
wie der Sirokko alle Adern aus, und könnte sie zehn
Jahre fortdauern, würde dann kein Tyrann es der
Mühe werth halten, solch ein Volk von Mumien zu
unterjochen?

Ich wollte von den Simonisten sprechen, über
die man gestern wie über eine Diebsbande hergefal¬
len, aber Sie können das in den Zeitungen lesen,
und Sie wissen so gut als ich, was dabei zu denken
und zu fühlen ist.


alten Herzen und ſeinem neuen Haſſe, mit dem gan¬
zen Gefolge aller ſeiner Laſter, aller ſeiner Thor¬
heiten, umgeben von den Trabanten ſeiner Rache, —
ich, jetzt ein alter Mann, kletterte auf einen Baum
und würde, wie ein betrunkener armer Teufel, den
die Polizei bezahlt, Vivat ſchreien, bis ich die Stimme
verlöhre. Was iſt's mit der Tyrannei? Sie macht
unglücklich und das iſt Alles. Wie der Winter
drängt ſie Blut und Leben zurück; aber das ſtille
Herz iſt dann der Kerker, nicht der Sarg der Frei¬
heit. Aber dieſe giftige Geldwirthſchaft hier trocknet
wie der Sirokko alle Adern aus, und könnte ſie zehn
Jahre fortdauern, würde dann kein Tyrann es der
Mühe werth halten, ſolch ein Volk von Mumien zu
unterjochen?

Ich wollte von den Simoniſten ſprechen, über
die man geſtern wie über eine Diebsbande hergefal¬
len, aber Sie können das in den Zeitungen leſen,
und Sie wiſſen ſo gut als ich, was dabei zu denken
und zu fühlen iſt.


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[96/0110] alten Herzen und ſeinem neuen Haſſe, mit dem gan¬ zen Gefolge aller ſeiner Laſter, aller ſeiner Thor¬ heiten, umgeben von den Trabanten ſeiner Rache, — ich, jetzt ein alter Mann, kletterte auf einen Baum und würde, wie ein betrunkener armer Teufel, den die Polizei bezahlt, Vivat ſchreien, bis ich die Stimme verlöhre. Was iſt's mit der Tyrannei? Sie macht unglücklich und das iſt Alles. Wie der Winter drängt ſie Blut und Leben zurück; aber das ſtille Herz iſt dann der Kerker, nicht der Sarg der Frei¬ heit. Aber dieſe giftige Geldwirthſchaft hier trocknet wie der Sirokko alle Adern aus, und könnte ſie zehn Jahre fortdauern, würde dann kein Tyrann es der Mühe werth halten, ſolch ein Volk von Mumien zu unterjochen? Ich wollte von den Simoniſten ſprechen, über die man geſtern wie über eine Diebsbande hergefal¬ len, aber Sie können das in den Zeitungen leſen, und Sie wiſſen ſo gut als ich, was dabei zu denken und zu fühlen iſt.

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/110>, abgerufen am 25.04.2024.