Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

machen. Ist das nicht alles, wie bei uns? Auch
dort, sobald die Regierung einen Menschen, ein Buch,
eine Lehre verfolgt, erheben sich gleich die lieben,
guten, hochherzigen Deutschen zum Schutze und zum
Beistande der Schwachen.

Das Gedicht auf den Preußen-Galgen ist wun¬
derschön. Ich werde es dem General Uminski mit¬
theilen.

Schrieb ich Ihnen nicht schon im Anfange die¬
ses Winters, es würde noch dahin kommen, daß die
französische Regierung, von der man früher erwartet,
sie würde andern Völkern beistehen, ihre Freiheit zu
erkämpfen, sich mit allen despotischen Mächten ver¬
bindet, die Freiheit überall zu unterdrücken? Nun
heute erzählt man, Schiffe mit Menschen wären aus
einem französischen Hafen ausgelaufen, um Ankona
zu besetzen, und gemeinschaftlich mit Oesterreich und
dem Papste die Italiener unter das alte schmähliche
Joch zu bringen! Wahrhaftig ich schäme mich.
Mein Argwohn hinkt lächerlich hinter der Tyrannei
her, die, Hand in Hand mit der Thorheit, schneller
als der Wind seinen Blicken enteilt.


machen. Iſt das nicht alles, wie bei uns? Auch
dort, ſobald die Regierung einen Menſchen, ein Buch,
eine Lehre verfolgt, erheben ſich gleich die lieben,
guten, hochherzigen Deutſchen zum Schutze und zum
Beiſtande der Schwachen.

Das Gedicht auf den Preußen-Galgen iſt wun¬
derſchön. Ich werde es dem General Uminski mit¬
theilen.

Schrieb ich Ihnen nicht ſchon im Anfange die¬
ſes Winters, es würde noch dahin kommen, daß die
franzöſiſche Regierung, von der man früher erwartet,
ſie würde andern Völkern beiſtehen, ihre Freiheit zu
erkämpfen, ſich mit allen despotiſchen Mächten ver¬
bindet, die Freiheit überall zu unterdrücken? Nun
heute erzählt man, Schiffe mit Menſchen wären aus
einem franzöſiſchen Hafen ausgelaufen, um Ankona
zu beſetzen, und gemeinſchaftlich mit Oeſterreich und
dem Papſte die Italiener unter das alte ſchmähliche
Joch zu bringen! Wahrhaftig ich ſchäme mich.
Mein Argwohn hinkt lächerlich hinter der Tyrannei
her, die, Hand in Hand mit der Thorheit, ſchneller
als der Wind ſeinen Blicken enteilt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0144" n="130"/>
machen. I&#x017F;t das nicht alles, wie bei uns? Auch<lb/>
dort, &#x017F;obald die Regierung einen Men&#x017F;chen, ein Buch,<lb/>
eine Lehre verfolgt, erheben &#x017F;ich gleich die lieben,<lb/>
guten, hochherzigen Deut&#x017F;chen zum Schutze und zum<lb/>
Bei&#x017F;tande der Schwachen.</p><lb/>
          <p>Das Gedicht auf den Preußen-Galgen i&#x017F;t wun¬<lb/>
der&#x017F;chön. Ich werde es dem General Uminski mit¬<lb/>
theilen.</p><lb/>
          <p>Schrieb ich Ihnen nicht &#x017F;chon im Anfange die¬<lb/>
&#x017F;es Winters, es würde noch dahin kommen, daß die<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;che Regierung, von der man früher erwartet,<lb/>
&#x017F;ie würde andern Völkern bei&#x017F;tehen, ihre Freiheit zu<lb/>
erkämpfen, &#x017F;ich mit allen despoti&#x017F;chen Mächten ver¬<lb/>
bindet, die Freiheit überall zu unterdrücken? Nun<lb/>
heute erzählt man, Schiffe mit Men&#x017F;chen wären aus<lb/>
einem franzö&#x017F;i&#x017F;chen Hafen ausgelaufen, um Ankona<lb/>
zu be&#x017F;etzen, und gemein&#x017F;chaftlich mit Oe&#x017F;terreich und<lb/>
dem Pap&#x017F;te die Italiener unter das alte &#x017F;chmähliche<lb/>
Joch zu bringen! Wahrhaftig ich &#x017F;chäme mich.<lb/>
Mein Argwohn hinkt lächerlich hinter der Tyrannei<lb/>
her, die, Hand in Hand mit der Thorheit, &#x017F;chneller<lb/>
als der Wind &#x017F;einen Blicken enteilt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0144] machen. Iſt das nicht alles, wie bei uns? Auch dort, ſobald die Regierung einen Menſchen, ein Buch, eine Lehre verfolgt, erheben ſich gleich die lieben, guten, hochherzigen Deutſchen zum Schutze und zum Beiſtande der Schwachen. Das Gedicht auf den Preußen-Galgen iſt wun¬ derſchön. Ich werde es dem General Uminski mit¬ theilen. Schrieb ich Ihnen nicht ſchon im Anfange die¬ ſes Winters, es würde noch dahin kommen, daß die franzöſiſche Regierung, von der man früher erwartet, ſie würde andern Völkern beiſtehen, ihre Freiheit zu erkämpfen, ſich mit allen despotiſchen Mächten ver¬ bindet, die Freiheit überall zu unterdrücken? Nun heute erzählt man, Schiffe mit Menſchen wären aus einem franzöſiſchen Hafen ausgelaufen, um Ankona zu beſetzen, und gemeinſchaftlich mit Oeſterreich und dem Papſte die Italiener unter das alte ſchmähliche Joch zu bringen! Wahrhaftig ich ſchäme mich. Mein Argwohn hinkt lächerlich hinter der Tyrannei her, die, Hand in Hand mit der Thorheit, ſchneller als der Wind ſeinen Blicken enteilt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/144
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/144>, abgerufen am 25.04.2024.