Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Außerordentlich ist es aber, eine sehr außerordentliche
Naivität, daß eine Regierung es eingesteht und
drucken läßt, sie treibe Spionerie, wie es die Preu¬
ßische gethan.

Da ist ein gewisser Traxler in Cöln, ein
königlich Preußischer Paradiesvogel, ich meine: einer
der Seeligen im Preußischen Paradiese, das so
herrliche Rüben und Schulen hat -- der ließ etwas
in einem Pariser Blatte von der Seeligkeit aller Rhein¬
preußen drucken und von ihrer Anbetung gegen die
Mark Brandenburg. Die preußischen Behörden
entdecken den Namen des Spaßvogels und sperrten
den Traxler in einen Käfig. Ein Gefängniß ist
die beste Widerlegung aller Sophismen, es ist die
wahre Schule der Logik. Der Temps (darin
standen die Artikel) fragte: wie denn die Preußische
Regierung ohne Verletzung des Briefgeheimnisses
ihren Correspondenten habe entdecken können? Der
Preußische Advokat antwortete: Briefe öffnen! Pfui!
so etwas erlaubt sich seine Herrschaft nicht; aber
"den klugen Maasregeln unseres Gouvernements
"ist es zuzuschreiben, daß man endlich durch Ver¬
"mittlung eines Agenten der Pariser Poli¬
"zei, die Originalbriefe des Traxlers und
"mehrere von andern ähnlichen unnützen Gesellen,
"für Pariser ultraliberale Blätter bestimmt, erhielt ....
"Der deutlichste Beweis, mit welchem Ver¬

Außerordentlich iſt es aber, eine ſehr außerordentliche
Naivität, daß eine Regierung es eingeſteht und
drucken läßt, ſie treibe Spionerie, wie es die Preu¬
ßiſche gethan.

Da iſt ein gewiſſer Traxler in Cöln, ein
königlich Preußiſcher Paradiesvogel, ich meine: einer
der Seeligen im Preußiſchen Paradieſe, das ſo
herrliche Rüben und Schulen hat — der ließ etwas
in einem Pariſer Blatte von der Seeligkeit aller Rhein¬
preußen drucken und von ihrer Anbetung gegen die
Mark Brandenburg. Die preußiſchen Behörden
entdecken den Namen des Spaßvogels und ſperrten
den Traxler in einen Käfig. Ein Gefängniß iſt
die beſte Widerlegung aller Sophismen, es iſt die
wahre Schule der Logik. Der Temps (darin
ſtanden die Artikel) fragte: wie denn die Preußiſche
Regierung ohne Verletzung des Briefgeheimniſſes
ihren Correſpondenten habe entdecken können? Der
Preußiſche Advokat antwortete: Briefe öffnen! Pfui!
ſo etwas erlaubt ſich ſeine Herrſchaft nicht; aber
den klugen Maasregeln unſeres Gouvernements
„iſt es zuzuſchreiben, daß man endlich durch Ver¬
mittlung eines Agenten der Pariſer Poli¬
zei, die Originalbriefe des Traxlers und
„mehrere von andern ähnlichen unnützen Geſellen,
„für Pariſer ultraliberale Blätter beſtimmt, erhielt ....
Der deutlichſte Beweis, mit welchem Ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0022" n="10"/>
Außerordentlich i&#x017F;t es aber, eine &#x017F;ehr außerordentliche<lb/>
Naivität, daß eine Regierung es einge&#x017F;teht und<lb/>
drucken läßt, &#x017F;ie treibe Spionerie, wie es die Preu¬<lb/>
ßi&#x017F;che gethan.</p><lb/>
            <p>Da i&#x017F;t ein gewi&#x017F;&#x017F;er Traxler in Cöln, ein<lb/>
königlich Preußi&#x017F;cher Paradiesvogel, ich meine: einer<lb/>
der Seeligen im Preußi&#x017F;chen Paradie&#x017F;e, das &#x017F;o<lb/>
herrliche Rüben und Schulen hat &#x2014; der ließ etwas<lb/>
in einem Pari&#x017F;er Blatte von der Seeligkeit aller Rhein¬<lb/>
preußen drucken und von ihrer Anbetung gegen die<lb/>
Mark Brandenburg. Die preußi&#x017F;chen Behörden<lb/>
entdecken den Namen des Spaßvogels und &#x017F;perrten<lb/>
den Traxler in einen Käfig. Ein Gefängniß i&#x017F;t<lb/>
die be&#x017F;te Widerlegung aller Sophismen, es i&#x017F;t die<lb/>
wahre Schule der Logik. Der <hi rendition="#g">Temps</hi> (darin<lb/>
&#x017F;tanden die Artikel) fragte: wie denn die Preußi&#x017F;che<lb/>
Regierung ohne Verletzung des Briefgeheimni&#x017F;&#x017F;es<lb/>
ihren Corre&#x017F;pondenten habe entdecken können? Der<lb/>
Preußi&#x017F;che Advokat antwortete: Briefe öffnen! Pfui!<lb/>
&#x017F;o etwas erlaubt &#x017F;ich &#x017F;eine Herr&#x017F;chaft nicht; aber<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">den klugen Maasregeln</hi> un&#x017F;eres Gouvernements<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t es zuzu&#x017F;chreiben, daß man endlich <hi rendition="#g">durch Ver¬</hi><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">mittlung eines Agenten der Pari&#x017F;er Poli¬</hi><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">zei</hi>, die <hi rendition="#g">Originalbriefe</hi> des Traxlers und<lb/>
&#x201E;mehrere von andern ähnlichen <hi rendition="#g">unnützen Ge&#x017F;ellen</hi>,<lb/>
&#x201E;für Pari&#x017F;er ultraliberale Blätter be&#x017F;timmt, erhielt ....<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Der deutlich&#x017F;te Beweis</hi>, mit welchem <hi rendition="#g">Ver¬</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] Außerordentlich iſt es aber, eine ſehr außerordentliche Naivität, daß eine Regierung es eingeſteht und drucken läßt, ſie treibe Spionerie, wie es die Preu¬ ßiſche gethan. Da iſt ein gewiſſer Traxler in Cöln, ein königlich Preußiſcher Paradiesvogel, ich meine: einer der Seeligen im Preußiſchen Paradieſe, das ſo herrliche Rüben und Schulen hat — der ließ etwas in einem Pariſer Blatte von der Seeligkeit aller Rhein¬ preußen drucken und von ihrer Anbetung gegen die Mark Brandenburg. Die preußiſchen Behörden entdecken den Namen des Spaßvogels und ſperrten den Traxler in einen Käfig. Ein Gefängniß iſt die beſte Widerlegung aller Sophismen, es iſt die wahre Schule der Logik. Der Temps (darin ſtanden die Artikel) fragte: wie denn die Preußiſche Regierung ohne Verletzung des Briefgeheimniſſes ihren Correſpondenten habe entdecken können? Der Preußiſche Advokat antwortete: Briefe öffnen! Pfui! ſo etwas erlaubt ſich ſeine Herrſchaft nicht; aber „den klugen Maasregeln unſeres Gouvernements „iſt es zuzuſchreiben, daß man endlich durch Ver¬ „mittlung eines Agenten der Pariſer Poli¬ „zei, die Originalbriefe des Traxlers und „mehrere von andern ähnlichen unnützen Geſellen, „für Pariſer ultraliberale Blätter beſtimmt, erhielt .... „Der deutlichſte Beweis, mit welchem Ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/22
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/22>, abgerufen am 25.04.2024.