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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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Einleitung. [Gleich. 1]
stosse begriffen sein, und wird das erste derselben die Kraft q1,
das zweite die Kraft q2 u. s. w. in der positiven Abscissen-
richtung auf den Kolben ausüben. Bezeichnen wir mit M die
Masse des Kolbens, mit U dessen Geschwindigkeit in der
positiven Abscissenrichtung, so hat man also für das Zeit-
element d t die Gleichung:
[Formel 1] Multiplicirt man mit d t und integrirt über eine beliebige
Zeit t, so folgt:
[Formel 2] .
Soll nun P gleich sein dem Drucke des Gases, so darf der
Kolben, abgesehen von unsichtbaren Schwankungen, nicht in
merkliche Bewegung gerathen. In der obigen Formel ist U0
der Werth seiner Geschwindigkeit in der Abscissenrichtung
zu Anfang der Zeit, U1 der Werth derselben Grösse nach
Verlauf der Zeit t. Beide Grössen werden sehr klein sein; ja
man kann die Zeit t leicht so wählen, dass U1 = U0 wird, da
der Kolben bei seinen kleinen Schwankungen periodisch immer
dieselbe Geschwindigkeit annehmen muss. Jedenfalls kann
U1 -- U0 nicht mit wachsender Zeit wachsen, muss sich also
der Quotient (U1 -- U0)/t mit wachsender Zeit der Grenze Null
nähern. Daher folgt:
1) [Formel 3] .

Der Druck ist also der Mittelwerth der Summe aller der
kleinen Drucke, welche die einzelnen stossenden Moleküle zu
den verschiedenen Zeiten auf den Kolben ausüben. Wir wollen
nun integral q d t für irgend einen Stoss, den der Stempel während
der Zeit t von einem Moleküle erfährt, berechnen. Die Masse
des Moleküls sei m, die Geschwindigkeitscomponente desselben
in der positiven Abscissenrichtung sei u. Der Stoss beginne
zur Zeit t1 und ende zur Zeit t1 + t; dann übt das Molekül
vor der Zeit t1 und nach der Zeit t1 + t überhaupt keine Kraft
auf den Kolben aus. Es ist also:

Einleitung. [Gleich. 1]
stosse begriffen sein, und wird das erste derselben die Kraft q1,
das zweite die Kraft q2 u. s. w. in der positiven Abscissen-
richtung auf den Kolben ausüben. Bezeichnen wir mit M die
Masse des Kolbens, mit U dessen Geschwindigkeit in der
positiven Abscissenrichtung, so hat man also für das Zeit-
element d t die Gleichung:
[Formel 1] Multiplicirt man mit d t und integrirt über eine beliebige
Zeit t, so folgt:
[Formel 2] .
Soll nun P gleich sein dem Drucke des Gases, so darf der
Kolben, abgesehen von unsichtbaren Schwankungen, nicht in
merkliche Bewegung gerathen. In der obigen Formel ist U0
der Werth seiner Geschwindigkeit in der Abscissenrichtung
zu Anfang der Zeit, U1 der Werth derselben Grösse nach
Verlauf der Zeit t. Beide Grössen werden sehr klein sein; ja
man kann die Zeit t leicht so wählen, dass U1 = U0 wird, da
der Kolben bei seinen kleinen Schwankungen periodisch immer
dieselbe Geschwindigkeit annehmen muss. Jedenfalls kann
U1U0 nicht mit wachsender Zeit wachsen, muss sich also
der Quotient (U1U0)/t mit wachsender Zeit der Grenze Null
nähern. Daher folgt:
1) [Formel 3] .

Der Druck ist also der Mittelwerth der Summe aller der
kleinen Drucke, welche die einzelnen stossenden Moleküle zu
den verschiedenen Zeiten auf den Kolben ausüben. Wir wollen
nun ∫ q d t für irgend einen Stoss, den der Stempel während
der Zeit t von einem Moleküle erfährt, berechnen. Die Masse
des Moleküls sei m, die Geschwindigkeitscomponente desselben
in der positiven Abscissenrichtung sei u. Der Stoss beginne
zur Zeit t1 und ende zur Zeit t1 + τ; dann übt das Molekül
vor der Zeit t1 und nach der Zeit t1 + τ überhaupt keine Kraft
auf den Kolben aus. Es ist also:

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[10/0024] Einleitung. [Gleich. 1] stosse begriffen sein, und wird das erste derselben die Kraft q1, das zweite die Kraft q2 u. s. w. in der positiven Abscissen- richtung auf den Kolben ausüben. Bezeichnen wir mit M die Masse des Kolbens, mit U dessen Geschwindigkeit in der positiven Abscissenrichtung, so hat man also für das Zeit- element d t die Gleichung: [FORMEL] Multiplicirt man mit d t und integrirt über eine beliebige Zeit t, so folgt: [FORMEL]. Soll nun P gleich sein dem Drucke des Gases, so darf der Kolben, abgesehen von unsichtbaren Schwankungen, nicht in merkliche Bewegung gerathen. In der obigen Formel ist U0 der Werth seiner Geschwindigkeit in der Abscissenrichtung zu Anfang der Zeit, U1 der Werth derselben Grösse nach Verlauf der Zeit t. Beide Grössen werden sehr klein sein; ja man kann die Zeit t leicht so wählen, dass U1 = U0 wird, da der Kolben bei seinen kleinen Schwankungen periodisch immer dieselbe Geschwindigkeit annehmen muss. Jedenfalls kann U1 — U0 nicht mit wachsender Zeit wachsen, muss sich also der Quotient (U1 — U0)/t mit wachsender Zeit der Grenze Null nähern. Daher folgt: 1) [FORMEL]. Der Druck ist also der Mittelwerth der Summe aller der kleinen Drucke, welche die einzelnen stossenden Moleküle zu den verschiedenen Zeiten auf den Kolben ausüben. Wir wollen nun ∫ q d t für irgend einen Stoss, den der Stempel während der Zeit t von einem Moleküle erfährt, berechnen. Die Masse des Moleküls sei m, die Geschwindigkeitscomponente desselben in der positiven Abscissenrichtung sei u. Der Stoss beginne zur Zeit t1 und ende zur Zeit t1 + τ; dann übt das Molekül vor der Zeit t1 und nach der Zeit t1 + τ überhaupt keine Kraft auf den Kolben aus. Es ist also:

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/24>, abgerufen am 29.03.2024.