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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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I. Abschnitt. [Gleich. 82]
[Formel 1] ,
woraus für ein einzelnes Gas folgt:
0 · 734 / p n s2.

Auch die mittlere Zeitdauer zwischen zwei Zusammen-
stössen lässt in ähnlicher Weise verschiedene Definitionen zu;
doch verweilten wir bei diesen minder wichtigen Begriffen
vielleicht schon zu lange, was nur das Bestreben nach mög-
lichster Klarlegung der Grundbegriffe entschuldigen mag.

Wenn wir verschiedene Werthe für die mittlere Weglänge
erhielten, so ist daran selbstverständlich nicht etwa eine Un-
genauigkeit der Rechnung schuld. Jeder Werth ist bei Zu-
grundelegung der betreffenden Definition exact. Führt irgend
eine exact durchgeführte Rechnung auf eine Schlussformel,
welche die mittlere Weglänge enthält, so wird aus der Rech-
nung selbst ersichtlich sein, welche Definition derselben in
diesem Falle gemeint ist. Nur wenn die Rechnung, durch
welche man zur Formel gelangte, unexact war, kann sie hier-
über im Zweifel lassen.

§ 11. Grundgleichung für den Transport irgend einer
Grösse durch die Molekularbewegung
.

Wir betrachten nun eine verticale cylindrische Säule eines
einfachen Gases, dessen Moleküle die Massen m haben. Wir
ziehen vertical nach aufwärts die z-Axe, die Ebene z = z0 soll
der Boden, die Ebene z = z1 der Deckel der Gassäule heissen.
Wir denken uns gewöhnlich die Entfernung dieser beiden
Ebenen klein gegen den Querschnitt der Gassäule, so dass der
Einfluss der Wände, welche die Gassäule seitlich begrenzen,
vernachlässigt werden kann. Sei Q eine beliebige Grösse,
welche einem Gasmoleküle in verschiedener Menge zukommen
kann. Der Deckel des Gefässes soll nun die Eigenschaft haben,
dass jedes Molekül, wie immer es vor dem Stosse beschaffen
sein mag, beim Abprallen vom Deckel durchschnittlich die
Menge G1 von der betrachteten Grösse Q besitzt. Ebenso soll
jedes Molekül vom Boden durchschnittlich mit der Menge G0
von dieser Grösse zurückprallen. Wären z. B. die Moleküle

I. Abschnitt. [Gleich. 82]
[Formel 1] ,
woraus für ein einzelnes Gas folgt:
0 · 734 / π n s2.

Auch die mittlere Zeitdauer zwischen zwei Zusammen-
stössen lässt in ähnlicher Weise verschiedene Definitionen zu;
doch verweilten wir bei diesen minder wichtigen Begriffen
vielleicht schon zu lange, was nur das Bestreben nach mög-
lichster Klarlegung der Grundbegriffe entschuldigen mag.

Wenn wir verschiedene Werthe für die mittlere Weglänge
erhielten, so ist daran selbstverständlich nicht etwa eine Un-
genauigkeit der Rechnung schuld. Jeder Werth ist bei Zu-
grundelegung der betreffenden Definition exact. Führt irgend
eine exact durchgeführte Rechnung auf eine Schlussformel,
welche die mittlere Weglänge enthält, so wird aus der Rech-
nung selbst ersichtlich sein, welche Definition derselben in
diesem Falle gemeint ist. Nur wenn die Rechnung, durch
welche man zur Formel gelangte, unexact war, kann sie hier-
über im Zweifel lassen.

§ 11. Grundgleichung für den Transport irgend einer
Grösse durch die Molekularbewegung
.

Wir betrachten nun eine verticale cylindrische Säule eines
einfachen Gases, dessen Moleküle die Massen m haben. Wir
ziehen vertical nach aufwärts die z-Axe, die Ebene z = z0 soll
der Boden, die Ebene z = z1 der Deckel der Gassäule heissen.
Wir denken uns gewöhnlich die Entfernung dieser beiden
Ebenen klein gegen den Querschnitt der Gassäule, so dass der
Einfluss der Wände, welche die Gassäule seitlich begrenzen,
vernachlässigt werden kann. Sei Q eine beliebige Grösse,
welche einem Gasmoleküle in verschiedener Menge zukommen
kann. Der Deckel des Gefässes soll nun die Eigenschaft haben,
dass jedes Molekül, wie immer es vor dem Stosse beschaffen
sein mag, beim Abprallen vom Deckel durchschnittlich die
Menge G1 von der betrachteten Grösse Q besitzt. Ebenso soll
jedes Molekül vom Boden durchschnittlich mit der Menge G0
von dieser Grösse zurückprallen. Wären z. B. die Moleküle

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[74/0088] I. Abschnitt. [Gleich. 82] [FORMEL], woraus für ein einzelnes Gas folgt: 0 · 734 / π n s2. Auch die mittlere Zeitdauer zwischen zwei Zusammen- stössen lässt in ähnlicher Weise verschiedene Definitionen zu; doch verweilten wir bei diesen minder wichtigen Begriffen vielleicht schon zu lange, was nur das Bestreben nach mög- lichster Klarlegung der Grundbegriffe entschuldigen mag. Wenn wir verschiedene Werthe für die mittlere Weglänge erhielten, so ist daran selbstverständlich nicht etwa eine Un- genauigkeit der Rechnung schuld. Jeder Werth ist bei Zu- grundelegung der betreffenden Definition exact. Führt irgend eine exact durchgeführte Rechnung auf eine Schlussformel, welche die mittlere Weglänge enthält, so wird aus der Rech- nung selbst ersichtlich sein, welche Definition derselben in diesem Falle gemeint ist. Nur wenn die Rechnung, durch welche man zur Formel gelangte, unexact war, kann sie hier- über im Zweifel lassen. § 11. Grundgleichung für den Transport irgend einer Grösse durch die Molekularbewegung. Wir betrachten nun eine verticale cylindrische Säule eines einfachen Gases, dessen Moleküle die Massen m haben. Wir ziehen vertical nach aufwärts die z-Axe, die Ebene z = z0 soll der Boden, die Ebene z = z1 der Deckel der Gassäule heissen. Wir denken uns gewöhnlich die Entfernung dieser beiden Ebenen klein gegen den Querschnitt der Gassäule, so dass der Einfluss der Wände, welche die Gassäule seitlich begrenzen, vernachlässigt werden kann. Sei Q eine beliebige Grösse, welche einem Gasmoleküle in verschiedener Menge zukommen kann. Der Deckel des Gefässes soll nun die Eigenschaft haben, dass jedes Molekül, wie immer es vor dem Stosse beschaffen sein mag, beim Abprallen vom Deckel durchschnittlich die Menge G1 von der betrachteten Grösse Q besitzt. Ebenso soll jedes Molekül vom Boden durchschnittlich mit der Menge G0 von dieser Grösse zurückprallen. Wären z. B. die Moleküle

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/88>, abgerufen am 20.04.2024.