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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Vorrede.
des daraus entstehenden grossen Nutzens/
vermittelst welchem unterschiedlicher Völ-
cker Sitten und Lebens-Arten wir uns be-
kandt machen/ folglich die uns gleichsam
angebohrne Neugierigkeit einigen Theils
beruhigen können. So daß ich von zarter
Jugend an nichtes hefftiger geliebet als ei-
ne von glaubwürdiger Hand geschriebene
Reyse-Beschreibung.

So groß aber die Begierde war zu einer
aufrichtigen und unverfälschten/ so und
noch viel grösser war der Abscheu und Eckel
den ich wider diejenigen spürete welche an
statt der Wahrheiten lauter Lügen mit un-
termischen; denn weil solche Leute niemahls
ausserhalb der Stadt sich wagen/ müssen sie
alles vor richtig und wahr annehmen was
ihnen von fremden Ländern vorgeschwatzet
wird/ eben wie dorten der Aristoteles auf
empfangenen Befehl vom Alexander, er
möchte die Natur aller Thiere beschreiben/
alle Wandersleute zu sich fodern liesse/ und
nach deren Aussage sein Werck vollführete.
Man könte diesem noch einiger massen sol-
ches zu gute halten/ weil zu der Zeit die
Welt noch nicht so sehr durchwandert oder
bekandt war: heute zu Tage aber würde der-
jenige Autor sehr thöricht handeln/ und sich

zum
):( 2

Vorrede.
des daraus entſtehenden groſſen Nutzens/
vermittelſt welchem unterſchiedlicher Voͤl-
cker Sitten und Lebens-Arten wir uns be-
kandt machen/ folglich die uns gleichſam
angebohrne Neugierigkeit einigen Theils
beruhigen koͤnnen. So daß ich von zarter
Jugend an nichtes hefftiger geliebet als ei-
ne von glaubwuͤrdiger Hand geſchriebene
Reyſe-Beſchreibung.

So groß aber die Begierde war zu einer
aufrichtigen und unverfaͤlſchten/ ſo und
noch viel groͤſſer war der Abſcheu und Eckel
den ich wider diejenigen ſpuͤrete welche an
ſtatt der Wahrheiten lauter Luͤgen mit un-
termiſchen; denn weil ſolche Leute niemahls
auſſerhalb der Stadt ſich wagen/ muͤſſen ſie
alles vor richtig und wahr annehmen was
ihnen von fremden Laͤndern vorgeſchwatzet
wird/ eben wie dorten der Ariſtoteles auf
empfangenen Befehl vom Alexander, er
moͤchte die Natur aller Thiere beſchreiben/
alle Wandersleute zu ſich fodern lieſſe/ und
nach deren Ausſage ſein Werck vollfuͤhrete.
Man koͤnte dieſem noch einiger maſſen ſol-
ches zu gute halten/ weil zu der Zeit die
Welt noch nicht ſo ſehr durchwandert oder
bekandt war: heute zu Tage aber wuͤrde der-
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[0013] Vorrede. des daraus entſtehenden groſſen Nutzens/ vermittelſt welchem unterſchiedlicher Voͤl- cker Sitten und Lebens-Arten wir uns be- kandt machen/ folglich die uns gleichſam angebohrne Neugierigkeit einigen Theils beruhigen koͤnnen. So daß ich von zarter Jugend an nichtes hefftiger geliebet als ei- ne von glaubwuͤrdiger Hand geſchriebene Reyſe-Beſchreibung. So groß aber die Begierde war zu einer aufrichtigen und unverfaͤlſchten/ ſo und noch viel groͤſſer war der Abſcheu und Eckel den ich wider diejenigen ſpuͤrete welche an ſtatt der Wahrheiten lauter Luͤgen mit un- termiſchen; denn weil ſolche Leute niemahls auſſerhalb der Stadt ſich wagen/ muͤſſen ſie alles vor richtig und wahr annehmen was ihnen von fremden Laͤndern vorgeſchwatzet wird/ eben wie dorten der Ariſtoteles auf empfangenen Befehl vom Alexander, er moͤchte die Natur aller Thiere beſchreiben/ alle Wandersleute zu ſich fodern lieſſe/ und nach deren Ausſage ſein Werck vollfuͤhrete. Man koͤnte dieſem noch einiger maſſen ſol- ches zu gute halten/ weil zu der Zeit die Welt noch nicht ſo ſehr durchwandert oder bekandt war: heute zu Tage aber wuͤrde der- jenige Autor ſehr thoͤricht handeln/ und ſich zum ):( 2

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/13>, abgerufen am 16.04.2024.