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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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Auch die beyden Wachtmeisters Hevel und Krüger,
langten um die gleiche Zeit, ebenfalls mir lären Hän-
den wieder zu Rothweil an. Nun mußten wir
uns sämtlich reisfertig machen. Vorher aber gab's
noch ein Paar lustige Tägel. Hevel war ein Vir-
tuos' auf der Cithar, Krüger eine gute Violine;
beyde feine Herren, so lang sie auf der Werbung
lagen, beym Regiment aber magere Korporals. Ein
dritter endlich, Labrot, ein grosser handvester Kerl,
ließ ebenfalls jetzt seinen Schnurrbart wieder wachsen,
den er als Werber geschoren trug. Diese drey
Bursche belustigten noch zu guter Letze ganz Roth-
weil
mit ihren Sprüngen. Es war eben Faßnacht,
wo die sogenannte Narrenzunft (ein ordentliches
Institut in dieser Stadt, bey welchem über zwey-
hundert Personen von allen Ständen eingeschrieben
sind) ohnehin ihre Gauckeleyen machte, die meinen
Herrn schwer Geld kosteten. Und kurz, es war hohe
Zeit, den Fleck zu räumen. Jetzt giengs an ein Ab-
schiednehmen. Mariane flocht mir einen zierlichen
Strauß von kostbaren künstlichen Blumen, den sie
mir mit Thränen gab, und den ich eben so wenig
mit trockenem Aug' abnehmen konnte. -- Und nun
Ade! Rothweil, liebes friedsames Städchen! liebe,
tolerante katholiche Herren und Bürger! Wie war's
mir so tausendswohl bey euern vertrauten brüderli-
chen Zechen! -- Ade! ihr wackern Bauern, die ich
an den Markttagen in unserm Wirthshaus so gern'
von ihren Geschäften plaudern hörte, und so ver-
gnügt auf ihren Eseln heimreiten sah! Wie treflich

Auch die beyden Wachtmeiſters Hevel und Kruͤger,
langten um die gleiche Zeit, ebenfalls mir laͤren Haͤn-
den wieder zu Rothweil an. Nun mußten wir
uns ſaͤmtlich reisfertig machen. Vorher aber gab’s
noch ein Paar luſtige Taͤgel. Hevel war ein Vir-
tuoſ’ auf der Cithar, Kruͤger eine gute Violine;
beyde feine Herren, ſo lang ſie auf der Werbung
lagen, beym Regiment aber magere Korporals. Ein
dritter endlich, Labrot, ein groſſer handveſter Kerl,
ließ ebenfalls jetzt ſeinen Schnurrbart wieder wachſen,
den er als Werber geſchoren trug. Dieſe drey
Burſche beluſtigten noch zu guter Letze ganz Roth-
weil
mit ihren Spruͤngen. Es war eben Faßnacht,
wo die ſogenannte Narrenzunft (ein ordentliches
Inſtitut in dieſer Stadt, bey welchem uͤber zwey-
hundert Perſonen von allen Staͤnden eingeſchrieben
ſind) ohnehin ihre Gauckeleyen machte, die meinen
Herrn ſchwer Geld koſteten. Und kurz, es war hohe
Zeit, den Fleck zu raͤumen. Jetzt giengs an ein Ab-
ſchiednehmen. Mariane flocht mir einen zierlichen
Strauß von koſtbaren kuͤnſtlichen Blumen, den ſie
mir mit Thraͤnen gab, und den ich eben ſo wenig
mit trockenem Aug’ abnehmen konnte. — Und nun
Ade! Rothweil, liebes friedſames Staͤdchen! liebe,
tolerante katholiche Herren und Buͤrger! Wie war’s
mir ſo tauſendswohl bey euern vertrauten bruͤderli-
chen Zechen! — Ade! ihr wackern Bauern, die ich
an den Markttagen in unſerm Wirthshaus ſo gern’
von ihren Geſchaͤften plaudern hoͤrte, und ſo ver-
gnuͤgt auf ihren Eſeln heimreiten ſah! Wie treflich

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[111/0127] Auch die beyden Wachtmeiſters Hevel und Kruͤger, langten um die gleiche Zeit, ebenfalls mir laͤren Haͤn- den wieder zu Rothweil an. Nun mußten wir uns ſaͤmtlich reisfertig machen. Vorher aber gab’s noch ein Paar luſtige Taͤgel. Hevel war ein Vir- tuoſ’ auf der Cithar, Kruͤger eine gute Violine; beyde feine Herren, ſo lang ſie auf der Werbung lagen, beym Regiment aber magere Korporals. Ein dritter endlich, Labrot, ein groſſer handveſter Kerl, ließ ebenfalls jetzt ſeinen Schnurrbart wieder wachſen, den er als Werber geſchoren trug. Dieſe drey Burſche beluſtigten noch zu guter Letze ganz Roth- weil mit ihren Spruͤngen. Es war eben Faßnacht, wo die ſogenannte Narrenzunft (ein ordentliches Inſtitut in dieſer Stadt, bey welchem uͤber zwey- hundert Perſonen von allen Staͤnden eingeſchrieben ſind) ohnehin ihre Gauckeleyen machte, die meinen Herrn ſchwer Geld koſteten. Und kurz, es war hohe Zeit, den Fleck zu raͤumen. Jetzt giengs an ein Ab- ſchiednehmen. Mariane flocht mir einen zierlichen Strauß von koſtbaren kuͤnſtlichen Blumen, den ſie mir mit Thraͤnen gab, und den ich eben ſo wenig mit trockenem Aug’ abnehmen konnte. — Und nun Ade! Rothweil, liebes friedſames Staͤdchen! liebe, tolerante katholiche Herren und Buͤrger! Wie war’s mir ſo tauſendswohl bey euern vertrauten bruͤderli- chen Zechen! — Ade! ihr wackern Bauern, die ich an den Markttagen in unſerm Wirthshaus ſo gern’ von ihren Geſchaͤften plaudern hoͤrte, und ſo ver- gnuͤgt auf ihren Eſeln heimreiten ſah! Wie treflich

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/127>, abgerufen am 28.03.2024.