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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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meine Oekonomie ein thörigter Schritt, oder wenig-
stens fiel er übel aus. Im Anfang kostete mich das
Webgeschirr viel, und mußt' ich überhaupt ein hüb-
sches Lehrgeld geben; und als ich itzt die Sachen ein
wenig im Gang hatte -- schlug die Waar' ab. Doch,
ich dachte: Es wird schon wieder anders kommen.

Das Jahr 69. bescheerte mir den dritten Sohn.
"Ha"! überlegt' ich itzt eines Tags: "Nun mußt
"du doch einmal mit Ernst ans Sparen denken; bist
"immer noch so viel schuldig, wie im Anfang, und
"dein Haushalt wird je länger je stärker. Frisch! die
"Händ' aus den Hosen gethan, und die Bären ab-
"bezahlt. Itzt kann's seyn. Bisher hattest noch stets
"an deiner Hütte zu flicken, und fehlte immer hie und
"da noch ein Stück; andrer Ausgaben in deinem Ge-
"werb u. s. f. u. f. zu geschweigen. Dann hast du
"unvernünftig viel Zeit mit Lesen, Schreiben, u.
"d. gl. zugebracht. Nein, nein! Itzt willst anders
"dahinter. Zwar das Reichwerdenwollen soll von
"heut an aufgegeben seyn. Der Faule stirbt über
"seinen Wünschen, sagt Salomon. Aber jenes
"ewige Studiren zumal, was nützt es dir? Bist ja
"immer der alte Mensch, und kein Haar besser als
"vor 10. Jahren, da du kaum lesen und schreiben
"konntest. --- Etwas Geld mußt' freylich noch auf-
"nehmen; aber dann desto wackerer gearbeitet, und
"zwar alles, wie's dir vor die Hand kömmt. Ver-
"stehst ja, neben deinem eigentlichen Berufe, noch
"das Zimmern, Tischlern u. s. f. wie ein Meister;
"hast schon Webstühl, Trög' und Kästen, und Särg'

bey

meine Oekonomie ein thoͤrigter Schritt, oder wenig-
ſtens fiel er uͤbel aus. Im Anfang koſtete mich das
Webgeſchirr viel, und mußt’ ich uͤberhaupt ein huͤb-
ſches Lehrgeld geben; und als ich itzt die Sachen ein
wenig im Gang hatte — ſchlug die Waar’ ab. Doch,
ich dachte: Es wird ſchon wieder anders kommen.

Das Jahr 69. beſcheerte mir den dritten Sohn.
„Ha„! uͤberlegt’ ich itzt eines Tags: „Nun mußt
„du doch einmal mit Ernſt ans Sparen denken; biſt
„immer noch ſo viel ſchuldig, wie im Anfang, und
„dein Haushalt wird je laͤnger je ſtaͤrker. Friſch! die
„Haͤnd’ aus den Hoſen gethan, und die Baͤren ab-
„bezahlt. Itzt kann’s ſeyn. Bisher hatteſt noch ſtets
„an deiner Huͤtte zu flicken, und fehlte immer hie und
„da noch ein Stuͤck; andrer Ausgaben in deinem Ge-
„werb u. ſ. f. u. f. zu geſchweigen. Dann haſt du
„unvernuͤnftig viel Zeit mit Leſen, Schreiben, u.
„d. gl. zugebracht. Nein, nein! Itzt willſt anders
„dahinter. Zwar das Reichwerdenwollen ſoll von
„heut an aufgegeben ſeyn. Der Faule ſtirbt uͤber
„ſeinen Wuͤnſchen, ſagt Salomon. Aber jenes
„ewige Studiren zumal, was nuͤtzt es dir? Biſt ja
„immer der alte Menſch, und kein Haar beſſer als
„vor 10. Jahren, da du kaum leſen und ſchreiben
„konnteſt. --- Etwas Geld mußt’ freylich noch auf-
„nehmen; aber dann deſto wackerer gearbeitet, und
„zwar alles, wie’s dir vor die Hand koͤmmt. Ver-
„ſtehſt ja, neben deinem eigentlichen Berufe, noch
„das Zimmern, Tiſchlern u. ſ. f. wie ein Meiſter;
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[192/0208] meine Oekonomie ein thoͤrigter Schritt, oder wenig- ſtens fiel er uͤbel aus. Im Anfang koſtete mich das Webgeſchirr viel, und mußt’ ich uͤberhaupt ein huͤb- ſches Lehrgeld geben; und als ich itzt die Sachen ein wenig im Gang hatte — ſchlug die Waar’ ab. Doch, ich dachte: Es wird ſchon wieder anders kommen. Das Jahr 69. beſcheerte mir den dritten Sohn. „Ha„! uͤberlegt’ ich itzt eines Tags: „Nun mußt „du doch einmal mit Ernſt ans Sparen denken; biſt „immer noch ſo viel ſchuldig, wie im Anfang, und „dein Haushalt wird je laͤnger je ſtaͤrker. Friſch! die „Haͤnd’ aus den Hoſen gethan, und die Baͤren ab- „bezahlt. Itzt kann’s ſeyn. Bisher hatteſt noch ſtets „an deiner Huͤtte zu flicken, und fehlte immer hie und „da noch ein Stuͤck; andrer Ausgaben in deinem Ge- „werb u. ſ. f. u. f. zu geſchweigen. Dann haſt du „unvernuͤnftig viel Zeit mit Leſen, Schreiben, u. „d. gl. zugebracht. Nein, nein! Itzt willſt anders „dahinter. Zwar das Reichwerdenwollen ſoll von „heut an aufgegeben ſeyn. Der Faule ſtirbt uͤber „ſeinen Wuͤnſchen, ſagt Salomon. Aber jenes „ewige Studiren zumal, was nuͤtzt es dir? Biſt ja „immer der alte Menſch, und kein Haar beſſer als „vor 10. Jahren, da du kaum leſen und ſchreiben „konnteſt. --- Etwas Geld mußt’ freylich noch auf- „nehmen; aber dann deſto wackerer gearbeitet, und „zwar alles, wie’s dir vor die Hand koͤmmt. Ver- „ſtehſt ja, neben deinem eigentlichen Berufe, noch „das Zimmern, Tiſchlern u. ſ. f. wie ein Meiſter; „haſt ſchon Webſtuͤhl, Troͤg’ und Kaͤſten, und Saͤrg’ bey

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/208>, abgerufen am 19.04.2024.