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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Das XIV. Capitel.
ziemlichen Kräfften/ ob er etwa etliche Zeit
zuvor schon mehr/ als ihm ersprießlich ist/ ge-
wachet/ und nicht schlaffen können/ ob er
grosse Hauptschmertzen gehabt oder nicht/ ob
er schon ein oder mehr antidota gebrauchet
oder nicht/ item/ ob er alt oder jung. Nach
welchen Umständen ein jeglicher Medicus sei-
nen Patienten 12/20 oder 24 Stund/ ja
auch gantze Tag vom Schlaff abhalten kan/
und nur etwas wenigs schlaffen lasse/ aber
allzeit zu rechter Zeit wieder auffwecken/ und
ist zu mercken/ daß der Patient den Mund
unterwährenden Schlaffen nicht unter dem
Deckbett habe/ damit ihm die gifftigen
Schwären keinen Schaden zufügen können:
Warum
man den
Patienten
anfangs
nicht will
schlaffen
lassen.
Die Ursach aber/ warum man den Patien-
ten/ wann ihn die Pest anstösst/ nicht will an-
fangs schlaffen lassen/ ohnerachtet er doch
schläffrig ist/ ist diese/ weilen im Schlaffen
die natürliche Wärme ä circumferentia ad
centrum,
das ist/ von aussen des Leibs innen-
werts zu sich begiebet/ und also das Pestilen-
zische Gifft dem Hertzen näher zugezogen und
in die Adern getrieben wird/ dahero es den
Krancken leichtlich erwürgen kan. Durch
das Wachen aber (welches doch auch nicht zu
lang aneinander währen muß/ weil dadurch
der Leib erhitzt/ und die Spiritus sehr resolvirt
werden) ist die natürliche Wärm mehr ge-
gen aussen zu/ da sich doch das Gifft und seine
böse Dämpffe auch daselbst befinden/ und

wegen

Das XIV. Capitel.
ziemlichen Kraͤfften/ ob er etwa etliche Zeit
zuvor ſchon mehr/ als ihm erſprießlich iſt/ ge-
wachet/ und nicht ſchlaffen koͤnnen/ ob er
groſſe Hauptſchmertzen gehabt oder nicht/ ob
er ſchon ein oder mehr antidota gebrauchet
oder nicht/ item/ ob er alt oder jung. Nach
welchen Umſtaͤnden ein jeglicher Medicus ſei-
nen Patienten 12/20 oder 24 Stund/ ja
auch gantze Tag vom Schlaff abhalten kan/
und nur etwas wenigs ſchlaffen laſſe/ aber
allzeit zu rechter Zeit wieder auffwecken/ und
iſt zu mercken/ daß der Patient den Mund
unterwaͤhrenden Schlaffen nicht unter dem
Deckbett habe/ damit ihm die gifftigen
Schwaͤren keinen Schaden zufuͤgen koͤnnen:
Warum
man den
Patienten
anfangs
nicht will
ſchlaffen
laſſen.
Die Urſach aber/ warum man den Patien-
ten/ wann ihn die Peſt anſtoͤſſt/ nicht will an-
fangs ſchlaffen laſſen/ ohnerachtet er doch
ſchlaͤffrig iſt/ iſt dieſe/ weilen im Schlaffen
die natuͤrliche Waͤrme ä circumferentia ad
centrum,
das iſt/ von auſſen des Leibs innen-
werts zu ſich begiebet/ und alſo das Peſtilen-
ziſche Gifft dem Hertzen naͤher zugezogen und
in die Adern getrieben wird/ dahero es den
Krancken leichtlich erwuͤrgen kan. Durch
das Wachen aber (welches doch auch nicht zu
lang aneinander waͤhren muß/ weil dadurch
der Leib erhitzt/ und die Spiritus ſehr reſolvirt
werden) iſt die natuͤrliche Waͤrm mehr ge-
gen auſſen zu/ da ſich doch das Gifft und ſeine
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[164/0186] Das XIV. Capitel. ziemlichen Kraͤfften/ ob er etwa etliche Zeit zuvor ſchon mehr/ als ihm erſprießlich iſt/ ge- wachet/ und nicht ſchlaffen koͤnnen/ ob er groſſe Hauptſchmertzen gehabt oder nicht/ ob er ſchon ein oder mehr antidota gebrauchet oder nicht/ item/ ob er alt oder jung. Nach welchen Umſtaͤnden ein jeglicher Medicus ſei- nen Patienten 12/20 oder 24 Stund/ ja auch gantze Tag vom Schlaff abhalten kan/ und nur etwas wenigs ſchlaffen laſſe/ aber allzeit zu rechter Zeit wieder auffwecken/ und iſt zu mercken/ daß der Patient den Mund unterwaͤhrenden Schlaffen nicht unter dem Deckbett habe/ damit ihm die gifftigen Schwaͤren keinen Schaden zufuͤgen koͤnnen: Die Urſach aber/ warum man den Patien- ten/ wann ihn die Peſt anſtoͤſſt/ nicht will an- fangs ſchlaffen laſſen/ ohnerachtet er doch ſchlaͤffrig iſt/ iſt dieſe/ weilen im Schlaffen die natuͤrliche Waͤrme ä circumferentia ad centrum, das iſt/ von auſſen des Leibs innen- werts zu ſich begiebet/ und alſo das Peſtilen- ziſche Gifft dem Hertzen naͤher zugezogen und in die Adern getrieben wird/ dahero es den Krancken leichtlich erwuͤrgen kan. Durch das Wachen aber (welches doch auch nicht zu lang aneinander waͤhren muß/ weil dadurch der Leib erhitzt/ und die Spiritus ſehr reſolvirt werden) iſt die natuͤrliche Waͤrm mehr ge- gen auſſen zu/ da ſich doch das Gifft und ſeine boͤſe Daͤmpffe auch daſelbſt befinden/ und wegen Warum man den Patienten anfangs nicht will ſchlaffen laſſen.

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/186>, abgerufen am 29.04.2024.