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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Das I. Capitel.
gelegen/ und hernach so häuffig hingestorben/
daß kaum der dritte Theil Menschen übrig
blieben: Auch schreiben die Historici, wie im
Jahr Christi 1125. der dritte Theil mensch-
lichen Geschlechts von der Pestilentz wegge-
raffct: Auch ist uns noch in guter Gedächt-
nüß/ wie eine grosse Anzahl Menschen vor
32. Jahren zu Wien/ Prag/ Dreßden/ Leip-
zig/ Hall/ in Thüringen/ und andern Orten
Teutschlandes von der Pest auffgefressen/
und ihr Leben endigen müssen.

Pest ist ei-
ne von den
3. Land-
straffen
Gottes.

Es ist aber solche Pest-Kranckheit eigent-
lich eine von den drey Haupt- und
Landstraffen Gottes/
womit solcher aus
gerechtem Zorn uns Menschen wegen über-
häuffter Sünden heimzusuchen und abzu-
straffen pfleget/ dennoch aber wird solche von
dem Königlichen Propheten David/ nemlich
unter dem Krieg und theurer Zeit/ für die
leidlichste und gelindeste gehalten/ und er-
wählet/ da er in angezogenem Capitel saget:
Es ist besser in der Hand des HErrn als in
den Händen der Menschen sterben. Aristo-
teles 1. Problem. sect.
7. saget: Daß die
Pest nicht allein ein gifftige Schwachheit
sondern für die gifftigste unter allen gifftigen
Kranckheiten zu halten wäre. Und wenn
wir Teutschen das Wort Gifft brauchen/ so
verstehen wir nicht? gutes/ sondern eine hoch-
Ist anste-
ckend.
schädliche Sache: So auch ist solches ein
ansteckend Gifft/
weil man täglich siehet/

daß

Das I. Capitel.
gelegen/ und hernach ſo haͤuffig hingeſtorben/
daß kaum der dritte Theil Menſchen uͤbrig
blieben: Auch ſchreiben die Hiſtorici, wie im
Jahr Chriſti 1125. der dritte Theil menſch-
lichen Geſchlechts von der Peſtilentz wegge-
raffct: Auch iſt uns noch in guter Gedaͤcht-
nuͤß/ wie eine groſſe Anzahl Menſchen vor
32. Jahren zu Wien/ Prag/ Dreßden/ Leip-
zig/ Hall/ in Thuͤringen/ und andern Orten
Teutſchlandes von der Peſt auffgefreſſen/
und ihr Leben endigen muͤſſen.

Peſt iſt ei-
ne von den
3. Land-
ſtraffen
Gottes.

Es iſt aber ſolche Peſt-Kranckheit eigent-
lich eine von den drey Haupt- und
Landſtraffen Gottes/
womit ſolcher aus
gerechtem Zorn uns Menſchen wegen uͤber-
haͤuffter Suͤnden heimzuſuchen und abzu-
ſtraffen pfleget/ dennoch aber wird ſolche von
dem Koͤniglichen Propheten David/ nemlich
unter dem Krieg und theurer Zeit/ fuͤr die
leidlichſte und gelindeſte gehalten/ und er-
waͤhlet/ da er in angezogenem Capitel ſaget:
Es iſt beſſer in der Hand des HErrn als in
den Haͤnden der Menſchen ſterben. Ariſto-
teles 1. Problem. ſect.
7. ſaget: Daß die
Peſt nicht allein ein gifftige Schwachheit
ſondern fuͤr die gifftigſte unter allen gifftigen
Kranckheiten zu halten waͤre. Und wenn
wir Teutſchen das Wort Gifft brauchen/ ſo
verſtehen wir nicht? gutes/ ſondern eine hoch-
Iſt anſte-
ckend.
ſchaͤdliche Sache: So auch iſt ſolches ein
anſteckend Gifft/
weil man taͤglich ſiehet/

daß
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[2/0024] Das I. Capitel. gelegen/ und hernach ſo haͤuffig hingeſtorben/ daß kaum der dritte Theil Menſchen uͤbrig blieben: Auch ſchreiben die Hiſtorici, wie im Jahr Chriſti 1125. der dritte Theil menſch- lichen Geſchlechts von der Peſtilentz wegge- raffct: Auch iſt uns noch in guter Gedaͤcht- nuͤß/ wie eine groſſe Anzahl Menſchen vor 32. Jahren zu Wien/ Prag/ Dreßden/ Leip- zig/ Hall/ in Thuͤringen/ und andern Orten Teutſchlandes von der Peſt auffgefreſſen/ und ihr Leben endigen muͤſſen. Es iſt aber ſolche Peſt-Kranckheit eigent- lich eine von den drey Haupt- und Landſtraffen Gottes/ womit ſolcher aus gerechtem Zorn uns Menſchen wegen uͤber- haͤuffter Suͤnden heimzuſuchen und abzu- ſtraffen pfleget/ dennoch aber wird ſolche von dem Koͤniglichen Propheten David/ nemlich unter dem Krieg und theurer Zeit/ fuͤr die leidlichſte und gelindeſte gehalten/ und er- waͤhlet/ da er in angezogenem Capitel ſaget: Es iſt beſſer in der Hand des HErrn als in den Haͤnden der Menſchen ſterben. Ariſto- teles 1. Problem. ſect. 7. ſaget: Daß die Peſt nicht allein ein gifftige Schwachheit ſondern fuͤr die gifftigſte unter allen gifftigen Kranckheiten zu halten waͤre. Und wenn wir Teutſchen das Wort Gifft brauchen/ ſo verſtehen wir nicht? gutes/ ſondern eine hoch- ſchaͤdliche Sache: So auch iſt ſolches ein anſteckend Gifft/ weil man taͤglich ſiehet/ daß Iſt anſte- ckend.

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/24>, abgerufen am 28.04.2024.