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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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wir bequem anzustellen vermögen, und ich theile Ihnen daher einige
Bestimmungen darüber mit. Nach Starke's Beobachtungen
in Augsburg geht die Verdunstung an einem Tage bei großer
Hitze bis auf 6 Linien und im ganzen Jahre auf mehr als 60 Zoll;
offenbar aber ist da die Ausdünstung viel stärker als auf der ganzen
Oberfläche des Bodens. Dalton giebt in Manchester die
Ausdünstung des wärmsten Monates höchstens zu 7 2/3 Zoll, des
ganzen Jahres zu 44 Zoll an, bemerkt aber, daß man die Aus-
dünstung eines mit Gras bewachsenen Bodens nur zu 23 Zoll
jährlich rechnen könne, wogegen in Manchester jährlich 34 bis
35 Zoll Regen fallen.

Je mehr man zu den Gebirgen hinauf geht, desto mehr nimmt
das Uebergewicht des Regens zu, wie es auch der Fall sein muß,
da täglich so erhebliche Wassermengen in den Bächen herabströmen.
Dieser Unterschied mag sehr ungleich sein, aber Thomson bemerkt,
daß in Glasgow die jährliche Regenmenge 23 Zoll, an einem
nur 466 Fuß höher im Gebirge liegenden Orte Corbeth dage-
gen 42 Zoll beträgt, und Schübler hat in Tübingen 26
Zoll, in Göbingen auf der Alp, nur 13/4 Meilen von Tübin-
gen
aber 1400 Fuß höher, beinahe 38 Zoll Regen im Jahre
gefunden. Jede Gegend hat hierin ihr Eigenthümliches, z. B. die
südliche Küste von England, den Regen bringenden Winden aus-
gesetzt, hat mehr Regen als die östlicheren Theile der Insel, Ply-
mouth
42 Zoll, während um London nur 20 bis 25 Zoll
fallen. Diese Zahlen beziehen sich auf die mittlere Regenmenge in
einer längern Reihe von Jahren; in einzelnen Jahren ist die Re-
genmenge ziemlich ungleich, so daß z. B. Flaugergues aus
funfzigjährigen Beobachtungen in Viviers 201/2 Zoll als die
kleinste, 48 Zoll als die größte Regenmenge angiebt. Die heftig-
sten Regen, die wir zu sehen gewohnt sind, betragen in ebenen
Gegenden in unserm Clima selten einen Zoll, indeß kommen als
Ausnahme doch auch bedeutend größere Regenmengen vor; so führt
z. B. Flaugergues einen Tag an, wo in 18 Stunden so viel
Regen fiel, daß das Wasser 13 Zoll hoch für jeden Punct der
Oberfläche betrug, in Genua hat es einmal 30 Zoll in einem
Tage geregnet, und die Gebirgsgegenden, vorzüglich in Ungarn,
werden öfter von solchen Wolkenbrüchen, die dann zerstörenden


wir bequem anzuſtellen vermoͤgen, und ich theile Ihnen daher einige
Beſtimmungen daruͤber mit. Nach Starke's Beobachtungen
in Augsburg geht die Verdunſtung an einem Tage bei großer
Hitze bis auf 6 Linien und im ganzen Jahre auf mehr als 60 Zoll;
offenbar aber iſt da die Ausduͤnſtung viel ſtaͤrker als auf der ganzen
Oberflaͤche des Bodens. Dalton giebt in Mancheſter die
Ausduͤnſtung des waͤrmſten Monates hoͤchſtens zu 7⅔ Zoll, des
ganzen Jahres zu 44 Zoll an, bemerkt aber, daß man die Aus-
duͤnſtung eines mit Gras bewachſenen Bodens nur zu 23 Zoll
jaͤhrlich rechnen koͤnne, wogegen in Mancheſter jaͤhrlich 34 bis
35 Zoll Regen fallen.

Je mehr man zu den Gebirgen hinauf geht, deſto mehr nimmt
das Uebergewicht des Regens zu, wie es auch der Fall ſein muß,
da taͤglich ſo erhebliche Waſſermengen in den Baͤchen herabſtroͤmen.
Dieſer Unterſchied mag ſehr ungleich ſein, aber Thomſon bemerkt,
daß in Glasgow die jaͤhrliche Regenmenge 23 Zoll, an einem
nur 466 Fuß hoͤher im Gebirge liegenden Orte Corbeth dage-
gen 42 Zoll betraͤgt, und Schuͤbler hat in Tuͤbingen 26
Zoll, in Goͤbingen auf der Alp, nur 1¾ Meilen von Tuͤbin-
gen
aber 1400 Fuß hoͤher, beinahe 38 Zoll Regen im Jahre
gefunden. Jede Gegend hat hierin ihr Eigenthuͤmliches, z. B. die
ſuͤdliche Kuͤſte von England, den Regen bringenden Winden aus-
geſetzt, hat mehr Regen als die oͤſtlicheren Theile der Inſel, Ply-
mouth
42 Zoll, waͤhrend um London nur 20 bis 25 Zoll
fallen. Dieſe Zahlen beziehen ſich auf die mittlere Regenmenge in
einer laͤngern Reihe von Jahren; in einzelnen Jahren iſt die Re-
genmenge ziemlich ungleich, ſo daß z. B. Flaugergues aus
funfzigjaͤhrigen Beobachtungen in Viviers 20½ Zoll als die
kleinſte, 48 Zoll als die groͤßte Regenmenge angiebt. Die heftig-
ſten Regen, die wir zu ſehen gewohnt ſind, betragen in ebenen
Gegenden in unſerm Clima ſelten einen Zoll, indeß kommen als
Ausnahme doch auch bedeutend groͤßere Regenmengen vor; ſo fuͤhrt
z. B. Flaugergues einen Tag an, wo in 18 Stunden ſo viel
Regen fiel, daß das Waſſer 13 Zoll hoch fuͤr jeden Punct der
Oberflaͤche betrug, in Genua hat es einmal 30 Zoll in einem
Tage geregnet, und die Gebirgsgegenden, vorzuͤglich in Ungarn,
werden oͤfter von ſolchen Wolkenbruͤchen, die dann zerſtoͤrenden

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[141/0155] wir bequem anzuſtellen vermoͤgen, und ich theile Ihnen daher einige Beſtimmungen daruͤber mit. Nach Starke's Beobachtungen in Augsburg geht die Verdunſtung an einem Tage bei großer Hitze bis auf 6 Linien und im ganzen Jahre auf mehr als 60 Zoll; offenbar aber iſt da die Ausduͤnſtung viel ſtaͤrker als auf der ganzen Oberflaͤche des Bodens. Dalton giebt in Mancheſter die Ausduͤnſtung des waͤrmſten Monates hoͤchſtens zu 7⅔ Zoll, des ganzen Jahres zu 44 Zoll an, bemerkt aber, daß man die Aus- duͤnſtung eines mit Gras bewachſenen Bodens nur zu 23 Zoll jaͤhrlich rechnen koͤnne, wogegen in Mancheſter jaͤhrlich 34 bis 35 Zoll Regen fallen. Je mehr man zu den Gebirgen hinauf geht, deſto mehr nimmt das Uebergewicht des Regens zu, wie es auch der Fall ſein muß, da taͤglich ſo erhebliche Waſſermengen in den Baͤchen herabſtroͤmen. Dieſer Unterſchied mag ſehr ungleich ſein, aber Thomſon bemerkt, daß in Glasgow die jaͤhrliche Regenmenge 23 Zoll, an einem nur 466 Fuß hoͤher im Gebirge liegenden Orte Corbeth dage- gen 42 Zoll betraͤgt, und Schuͤbler hat in Tuͤbingen 26 Zoll, in Goͤbingen auf der Alp, nur 1¾ Meilen von Tuͤbin- gen aber 1400 Fuß hoͤher, beinahe 38 Zoll Regen im Jahre gefunden. Jede Gegend hat hierin ihr Eigenthuͤmliches, z. B. die ſuͤdliche Kuͤſte von England, den Regen bringenden Winden aus- geſetzt, hat mehr Regen als die oͤſtlicheren Theile der Inſel, Ply- mouth 42 Zoll, waͤhrend um London nur 20 bis 25 Zoll fallen. Dieſe Zahlen beziehen ſich auf die mittlere Regenmenge in einer laͤngern Reihe von Jahren; in einzelnen Jahren iſt die Re- genmenge ziemlich ungleich, ſo daß z. B. Flaugergues aus funfzigjaͤhrigen Beobachtungen in Viviers 20½ Zoll als die kleinſte, 48 Zoll als die groͤßte Regenmenge angiebt. Die heftig- ſten Regen, die wir zu ſehen gewohnt ſind, betragen in ebenen Gegenden in unſerm Clima ſelten einen Zoll, indeß kommen als Ausnahme doch auch bedeutend groͤßere Regenmengen vor; ſo fuͤhrt z. B. Flaugergues einen Tag an, wo in 18 Stunden ſo viel Regen fiel, daß das Waſſer 13 Zoll hoch fuͤr jeden Punct der Oberflaͤche betrug, in Genua hat es einmal 30 Zoll in einem Tage geregnet, und die Gebirgsgegenden, vorzuͤglich in Ungarn, werden oͤfter von ſolchen Wolkenbruͤchen, die dann zerſtoͤrenden

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/155>, abgerufen am 29.04.2024.