Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

von den andern Puncten des Körpers sich sogleich nach demjenigen
Puncte ergießt, welcher einen Verlust erlitten hat, dagegen auf
dem Nichtleiter nur der geriebene Punct selbst sich als negativ
zeigt, weil das Zuströmen von den benachbarten Puncten nicht
statt findet. Die Wirkung in die Ferne müssen wir hier durch
ein eben solches Hinstreben der electrischen Materie, die in der Luft
und den umgebenden Körpern ist, nach dem Puncte zu, wo der
Mangel statt findet, erklären, wie wir sie durch ein Hinstreben
nach den umgebenden Körpern da erklärten, wo Ueberfluß statt fand.
Der luftleere Raum verhält sich ganz wie ein Leiter der Electricität,
die Electricität strömt aus, weil sie nicht mehr durch die nicht
leitende Luft zurückgehalten wird. Daß die Ableitung von den
positiv electrischen Körpern und die Hinleitung zu den negativ elec-
trischen Körpern auf gleiche Art statt findet, erhellt von selbst.

Die Erscheinungen der Anziehung und Abstoßung erklären
sich nach Franklins Ansicht am besten auf folgende Weise,
obgleich Franklin selbst sich nicht für diese Erklärung entschieden
zu haben scheint. Da die Electricität eine anziehende Kraft auf
die Körper ausübt oder gegentheils auch von ihnen angezogen
wird, so bewegt der leichtere Körper sich dahin, wo ungleiche An-
häufung der Electricität ihn hintreibt, das ist, wenn der leichtere
Körper mehr Electricität besitzt als der benachbarte, so strebt die
Electricität zu diesem hinüber und führt ihn, als den leichter nach-
gebenden, mit fort, besitzt der leichtere weniger, so wird er von
dem reichlicher mit Electricität begabten angezogen und dies findet
statt, der eine mag im natürlichen Zustande, der andre positiv,
oder der eine mag negativ und der andre im natürlichen Zustande,
oder endlich der eine mag negativ, der andre positiv sein. Zwei
electrisirte Körper stoßen einander scheinbar ab. Man erklärt
dies am besten durch die Anziehung gegen die umgebende Luft.
Die Kugeln b, c, enthalten mehr electrische Materie, (Fig. 50.)
als ihnen im natürlichen Zustande zukömmt, dann werden die
Lufttheilchen in a von beiden Seiten gleich, die bei d nur nach
einer Seite angezogen, und mit dem Heranziehen der Theilchen d
gegen c ist auch ein Entgegengehen der Kugel c gegen d verbun-
den, und eben so geht b nach e zu. So verhält es sich, wenn b
und c positiv sind; im Falle, daß sie negativ sind, werden sie

von den andern Puncten des Koͤrpers ſich ſogleich nach demjenigen
Puncte ergießt, welcher einen Verluſt erlitten hat, dagegen auf
dem Nichtleiter nur der geriebene Punct ſelbſt ſich als negativ
zeigt, weil das Zuſtroͤmen von den benachbarten Puncten nicht
ſtatt findet. Die Wirkung in die Ferne muͤſſen wir hier durch
ein eben ſolches Hinſtreben der electriſchen Materie, die in der Luft
und den umgebenden Koͤrpern iſt, nach dem Puncte zu, wo der
Mangel ſtatt findet, erklaͤren, wie wir ſie durch ein Hinſtreben
nach den umgebenden Koͤrpern da erklaͤrten, wo Ueberfluß ſtatt fand.
Der luftleere Raum verhaͤlt ſich ganz wie ein Leiter der Electricitaͤt,
die Electricitaͤt ſtroͤmt aus, weil ſie nicht mehr durch die nicht
leitende Luft zuruͤckgehalten wird. Daß die Ableitung von den
poſitiv electriſchen Koͤrpern und die Hinleitung zu den negativ elec-
triſchen Koͤrpern auf gleiche Art ſtatt findet, erhellt von ſelbſt.

Die Erſcheinungen der Anziehung und Abſtoßung erklaͤren
ſich nach Franklins Anſicht am beſten auf folgende Weiſe,
obgleich Franklin ſelbſt ſich nicht fuͤr dieſe Erklaͤrung entſchieden
zu haben ſcheint. Da die Electricitaͤt eine anziehende Kraft auf
die Koͤrper ausuͤbt oder gegentheils auch von ihnen angezogen
wird, ſo bewegt der leichtere Koͤrper ſich dahin, wo ungleiche An-
haͤufung der Electricitaͤt ihn hintreibt, das iſt, wenn der leichtere
Koͤrper mehr Electricitaͤt beſitzt als der benachbarte, ſo ſtrebt die
Electricitaͤt zu dieſem hinuͤber und fuͤhrt ihn, als den leichter nach-
gebenden, mit fort, beſitzt der leichtere weniger, ſo wird er von
dem reichlicher mit Electricitaͤt begabten angezogen und dies findet
ſtatt, der eine mag im natuͤrlichen Zuſtande, der andre poſitiv,
oder der eine mag negativ und der andre im natuͤrlichen Zuſtande,
oder endlich der eine mag negativ, der andre poſitiv ſein. Zwei
electriſirte Koͤrper ſtoßen einander ſcheinbar ab. Man erklaͤrt
dies am beſten durch die Anziehung gegen die umgebende Luft.
Die Kugeln b, c, enthalten mehr electriſche Materie, (Fig. 50.)
als ihnen im natuͤrlichen Zuſtande zukoͤmmt, dann werden die
Lufttheilchen in a von beiden Seiten gleich, die bei d nur nach
einer Seite angezogen, und mit dem Heranziehen der Theilchen d
gegen c iſt auch ein Entgegengehen der Kugel c gegen d verbun-
den, und eben ſo geht b nach e zu. So verhaͤlt es ſich, wenn b
und c poſitiv ſind; im Falle, daß ſie negativ ſind, werden ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0252" n="238"/>
von den andern Puncten des Ko&#x0364;rpers &#x017F;ich &#x017F;ogleich nach demjenigen<lb/>
Puncte ergießt, welcher einen Verlu&#x017F;t erlitten hat, dagegen auf<lb/>
dem Nichtleiter nur der geriebene Punct &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich als negativ<lb/>
zeigt, weil das Zu&#x017F;tro&#x0364;men von den benachbarten Puncten nicht<lb/>
&#x017F;tatt findet. Die Wirkung in die Ferne mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir hier durch<lb/>
ein eben &#x017F;olches Hin&#x017F;treben der electri&#x017F;chen Materie, die in der Luft<lb/>
und den umgebenden Ko&#x0364;rpern i&#x017F;t, nach dem Puncte zu, wo der<lb/>
Mangel &#x017F;tatt findet, erkla&#x0364;ren, wie wir &#x017F;ie durch ein Hin&#x017F;treben<lb/>
nach den umgebenden Ko&#x0364;rpern da erkla&#x0364;rten, wo Ueberfluß &#x017F;tatt fand.<lb/>
Der luftleere Raum verha&#x0364;lt &#x017F;ich ganz wie ein Leiter der Electricita&#x0364;t,<lb/>
die Electricita&#x0364;t &#x017F;tro&#x0364;mt aus, weil &#x017F;ie nicht mehr durch die nicht<lb/>
leitende Luft zuru&#x0364;ckgehalten wird. Daß die Ableitung von den<lb/>
po&#x017F;itiv electri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpern und die Hinleitung zu den negativ elec-<lb/>
tri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpern auf gleiche Art &#x017F;tatt findet, erhellt von &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Die Er&#x017F;cheinungen der Anziehung und Ab&#x017F;toßung erkla&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;ich nach <hi rendition="#g">Franklins</hi> An&#x017F;icht am be&#x017F;ten auf folgende Wei&#x017F;e,<lb/>
obgleich <hi rendition="#g">Franklin</hi> &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich nicht fu&#x0364;r die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung ent&#x017F;chieden<lb/>
zu haben &#x017F;cheint. Da die Electricita&#x0364;t eine anziehende Kraft auf<lb/>
die Ko&#x0364;rper ausu&#x0364;bt oder gegentheils auch von ihnen angezogen<lb/>
wird, &#x017F;o bewegt der leichtere Ko&#x0364;rper &#x017F;ich dahin, wo ungleiche An-<lb/>
ha&#x0364;ufung der Electricita&#x0364;t ihn hintreibt, das i&#x017F;t, wenn der leichtere<lb/>
Ko&#x0364;rper mehr Electricita&#x0364;t be&#x017F;itzt als der benachbarte, &#x017F;o &#x017F;trebt die<lb/>
Electricita&#x0364;t zu die&#x017F;em hinu&#x0364;ber und fu&#x0364;hrt ihn, als den leichter nach-<lb/>
gebenden, mit fort, be&#x017F;itzt der leichtere weniger, &#x017F;o wird er von<lb/>
dem reichlicher mit Electricita&#x0364;t begabten angezogen und dies findet<lb/>
&#x017F;tatt, der eine mag im natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande, der andre po&#x017F;itiv,<lb/>
oder der eine mag negativ und der andre im natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande,<lb/>
oder endlich der eine mag negativ, der andre po&#x017F;itiv &#x017F;ein. Zwei<lb/>
electri&#x017F;irte Ko&#x0364;rper &#x017F;toßen einander &#x017F;cheinbar ab. Man erkla&#x0364;rt<lb/>
dies am be&#x017F;ten durch die Anziehung gegen die umgebende Luft.<lb/>
Die Kugeln <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">b, c,</hi></hi> enthalten mehr electri&#x017F;che Materie, (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 50.</hi></hi>)<lb/>
als ihnen im natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande zuko&#x0364;mmt, dann werden die<lb/>
Lufttheilchen in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">a</hi></hi> von beiden Seiten gleich, die bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">d</hi></hi> nur nach<lb/>
einer Seite angezogen, und mit dem Heranziehen der Theilchen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">d</hi></hi><lb/>
gegen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">c</hi></hi> i&#x017F;t auch ein Entgegengehen der Kugel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">c</hi></hi> gegen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">d</hi></hi> verbun-<lb/>
den, und eben &#x017F;o geht <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">b</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">e</hi></hi> zu. So verha&#x0364;lt es &#x017F;ich, wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">b</hi></hi><lb/>
und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">c</hi></hi> po&#x017F;itiv &#x017F;ind; im Falle, daß &#x017F;ie negativ &#x017F;ind, werden &#x017F;ie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0252] von den andern Puncten des Koͤrpers ſich ſogleich nach demjenigen Puncte ergießt, welcher einen Verluſt erlitten hat, dagegen auf dem Nichtleiter nur der geriebene Punct ſelbſt ſich als negativ zeigt, weil das Zuſtroͤmen von den benachbarten Puncten nicht ſtatt findet. Die Wirkung in die Ferne muͤſſen wir hier durch ein eben ſolches Hinſtreben der electriſchen Materie, die in der Luft und den umgebenden Koͤrpern iſt, nach dem Puncte zu, wo der Mangel ſtatt findet, erklaͤren, wie wir ſie durch ein Hinſtreben nach den umgebenden Koͤrpern da erklaͤrten, wo Ueberfluß ſtatt fand. Der luftleere Raum verhaͤlt ſich ganz wie ein Leiter der Electricitaͤt, die Electricitaͤt ſtroͤmt aus, weil ſie nicht mehr durch die nicht leitende Luft zuruͤckgehalten wird. Daß die Ableitung von den poſitiv electriſchen Koͤrpern und die Hinleitung zu den negativ elec- triſchen Koͤrpern auf gleiche Art ſtatt findet, erhellt von ſelbſt. Die Erſcheinungen der Anziehung und Abſtoßung erklaͤren ſich nach Franklins Anſicht am beſten auf folgende Weiſe, obgleich Franklin ſelbſt ſich nicht fuͤr dieſe Erklaͤrung entſchieden zu haben ſcheint. Da die Electricitaͤt eine anziehende Kraft auf die Koͤrper ausuͤbt oder gegentheils auch von ihnen angezogen wird, ſo bewegt der leichtere Koͤrper ſich dahin, wo ungleiche An- haͤufung der Electricitaͤt ihn hintreibt, das iſt, wenn der leichtere Koͤrper mehr Electricitaͤt beſitzt als der benachbarte, ſo ſtrebt die Electricitaͤt zu dieſem hinuͤber und fuͤhrt ihn, als den leichter nach- gebenden, mit fort, beſitzt der leichtere weniger, ſo wird er von dem reichlicher mit Electricitaͤt begabten angezogen und dies findet ſtatt, der eine mag im natuͤrlichen Zuſtande, der andre poſitiv, oder der eine mag negativ und der andre im natuͤrlichen Zuſtande, oder endlich der eine mag negativ, der andre poſitiv ſein. Zwei electriſirte Koͤrper ſtoßen einander ſcheinbar ab. Man erklaͤrt dies am beſten durch die Anziehung gegen die umgebende Luft. Die Kugeln b, c, enthalten mehr electriſche Materie, (Fig. 50.) als ihnen im natuͤrlichen Zuſtande zukoͤmmt, dann werden die Lufttheilchen in a von beiden Seiten gleich, die bei d nur nach einer Seite angezogen, und mit dem Heranziehen der Theilchen d gegen c iſt auch ein Entgegengehen der Kugel c gegen d verbun- den, und eben ſo geht b nach e zu. So verhaͤlt es ſich, wenn b und c poſitiv ſind; im Falle, daß ſie negativ ſind, werden ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/252
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/252>, abgerufen am 29.04.2024.