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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Luftmenge in hohem Grade, so daß Gay-Lüssac bei einem
Versuche aus verdünnten Säuren viermal so viel Gas als aus
einem undestillirten reinen Wasser, das nur sehr wenig Kalktheile
enthielt, entwickelte, bei einem andern Versuche aber, wo ganz reines,
von Luft befreites Wasser angewandt wurde, kaum 1 Maaß Gas
erhielt, statt daß 49 Maaß hervorgingen, wenn einer gesät-
tigten Auflösung von schwefelsaurem Natron hinzugethan wurde,
und 328 Maaß, wenn diese gesättigte Auflösung selbst der Zersetzung
unterworfen wurde *). Hiebei kommen indeß, je nachdem man
verschiedene Säuren oder Salze anwendet, große Ungleichheiten
vor, indem einige Auflösungen bei vermehrter Verdünnung immer
weniger Gas geben, andre dagegen diesem Gesetze nicht entsprechen.

Die Gas-Entwickelung nimmt unter sonst gleichen Umstän-
den nicht in gleichem Verhältnisse mit der Anzahl der Platten-
paare in der Säule zu, sondern Gay-Lüssac fand, daß die
erzeugte Luftmenge sich erst verdoppelte, als die Anzahl der Platten-
paare auf das Achtfache stieg. Um die Wasserzersetzung in einem
nicht destillirten und nicht ausgekochten Wasser deutlich zu zeigen,
reichen Säulen von 12 Plattenpaaren vollkommen aus und selbst
zwei oder drei Schichtungen zeigen sich schon wirksam. Wendet
man Säulen mit Platten von verschiedener Größe an, so ist unter
sonst gleichen Umständen die entwickelte Gasmenge der Größe der
Platten proportional, was auch, da eine Säule von 50 mal so
großen Platten so anzusehen ist, als ob 50 Säulen aus kleinen
Platten neben einander ständen, nicht wohl anders sein kann.

In sehr starkem Maaße aber hängt die Menge des entwickel-
ten Gas von der Verschiedenheit der Flüssigkeiten ab, mit welchen
die feuchten Leiter in der Säule benetzt oder die Zellen des Trog-
Apparates gefüllt sind. Je mehr diese Flüssigkeiten den schnellen
Kreislauf des electrischen Stromes befördern, desto wirksamer zeigt
sich auch in chemischer Hinsicht die Säule. Wenn bei Gay-Lüs-
sacs
Versuchen die dem Wasser in den Zellen zugesetzte Salpeter-
säure auf das Doppelte und Vierfache vermehrt wurde, so erhielt
man immer desto mehr Gas, und so in ähnlichen Fällen. Trockene
Säulen bringen nur sehr geringe Spuren chemischer Wirkungen

*) Gilb. Ann. XXXVIII. 140.

Luftmenge in hohem Grade, ſo daß Gay-Luͤſſac bei einem
Verſuche aus verduͤnnten Saͤuren viermal ſo viel Gas als aus
einem undeſtillirten reinen Waſſer, das nur ſehr wenig Kalktheile
enthielt, entwickelte, bei einem andern Verſuche aber, wo ganz reines,
von Luft befreites Waſſer angewandt wurde, kaum 1 Maaß Gas
erhielt, ſtatt daß 49 Maaß hervorgingen, wenn einer geſaͤt-
tigten Aufloͤſung von ſchwefelſaurem Natron hinzugethan wurde,
und 328 Maaß, wenn dieſe geſaͤttigte Aufloͤſung ſelbſt der Zerſetzung
unterworfen wurde *). Hiebei kommen indeß, je nachdem man
verſchiedene Saͤuren oder Salze anwendet, große Ungleichheiten
vor, indem einige Aufloͤſungen bei vermehrter Verduͤnnung immer
weniger Gas geben, andre dagegen dieſem Geſetze nicht entſprechen.

Die Gas-Entwickelung nimmt unter ſonſt gleichen Umſtaͤn-
den nicht in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Anzahl der Platten-
paare in der Saͤule zu, ſondern Gay-Luͤſſac fand, daß die
erzeugte Luftmenge ſich erſt verdoppelte, als die Anzahl der Platten-
paare auf das Achtfache ſtieg. Um die Waſſerzerſetzung in einem
nicht deſtillirten und nicht ausgekochten Waſſer deutlich zu zeigen,
reichen Saͤulen von 12 Plattenpaaren vollkommen aus und ſelbſt
zwei oder drei Schichtungen zeigen ſich ſchon wirkſam. Wendet
man Saͤulen mit Platten von verſchiedener Groͤße an, ſo iſt unter
ſonſt gleichen Umſtaͤnden die entwickelte Gasmenge der Groͤße der
Platten proportional, was auch, da eine Saͤule von 50 mal ſo
großen Platten ſo anzuſehen iſt, als ob 50 Saͤulen aus kleinen
Platten neben einander ſtaͤnden, nicht wohl anders ſein kann.

In ſehr ſtarkem Maaße aber haͤngt die Menge des entwickel-
ten Gas von der Verſchiedenheit der Fluͤſſigkeiten ab, mit welchen
die feuchten Leiter in der Saͤule benetzt oder die Zellen des Trog-
Apparates gefuͤllt ſind. Je mehr dieſe Fluͤſſigkeiten den ſchnellen
Kreislauf des electriſchen Stromes befoͤrdern, deſto wirkſamer zeigt
ſich auch in chemiſcher Hinſicht die Saͤule. Wenn bei Gay-Luͤſ-
ſacs
Verſuchen die dem Waſſer in den Zellen zugeſetzte Salpeter-
ſaͤure auf das Doppelte und Vierfache vermehrt wurde, ſo erhielt
man immer deſto mehr Gas, und ſo in aͤhnlichen Faͤllen. Trockene
Saͤulen bringen nur ſehr geringe Spuren chemiſcher Wirkungen

*) Gilb. Ann. XXXVIII. 140.
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[361/0375] Luftmenge in hohem Grade, ſo daß Gay-Luͤſſac bei einem Verſuche aus verduͤnnten Saͤuren viermal ſo viel Gas als aus einem undeſtillirten reinen Waſſer, das nur ſehr wenig Kalktheile enthielt, entwickelte, bei einem andern Verſuche aber, wo ganz reines, von Luft befreites Waſſer angewandt wurde, kaum 1 Maaß Gas erhielt, ſtatt daß 49 Maaß hervorgingen, wenn [FORMEL] einer geſaͤt- tigten Aufloͤſung von ſchwefelſaurem Natron hinzugethan wurde, und 328 Maaß, wenn dieſe geſaͤttigte Aufloͤſung ſelbſt der Zerſetzung unterworfen wurde *). Hiebei kommen indeß, je nachdem man verſchiedene Saͤuren oder Salze anwendet, große Ungleichheiten vor, indem einige Aufloͤſungen bei vermehrter Verduͤnnung immer weniger Gas geben, andre dagegen dieſem Geſetze nicht entſprechen. Die Gas-Entwickelung nimmt unter ſonſt gleichen Umſtaͤn- den nicht in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Anzahl der Platten- paare in der Saͤule zu, ſondern Gay-Luͤſſac fand, daß die erzeugte Luftmenge ſich erſt verdoppelte, als die Anzahl der Platten- paare auf das Achtfache ſtieg. Um die Waſſerzerſetzung in einem nicht deſtillirten und nicht ausgekochten Waſſer deutlich zu zeigen, reichen Saͤulen von 12 Plattenpaaren vollkommen aus und ſelbſt zwei oder drei Schichtungen zeigen ſich ſchon wirkſam. Wendet man Saͤulen mit Platten von verſchiedener Groͤße an, ſo iſt unter ſonſt gleichen Umſtaͤnden die entwickelte Gasmenge der Groͤße der Platten proportional, was auch, da eine Saͤule von 50 mal ſo großen Platten ſo anzuſehen iſt, als ob 50 Saͤulen aus kleinen Platten neben einander ſtaͤnden, nicht wohl anders ſein kann. In ſehr ſtarkem Maaße aber haͤngt die Menge des entwickel- ten Gas von der Verſchiedenheit der Fluͤſſigkeiten ab, mit welchen die feuchten Leiter in der Saͤule benetzt oder die Zellen des Trog- Apparates gefuͤllt ſind. Je mehr dieſe Fluͤſſigkeiten den ſchnellen Kreislauf des electriſchen Stromes befoͤrdern, deſto wirkſamer zeigt ſich auch in chemiſcher Hinſicht die Saͤule. Wenn bei Gay-Luͤſ- ſacs Verſuchen die dem Waſſer in den Zellen zugeſetzte Salpeter- ſaͤure auf das Doppelte und Vierfache vermehrt wurde, ſo erhielt man immer deſto mehr Gas, und ſo in aͤhnlichen Faͤllen. Trockene Saͤulen bringen nur ſehr geringe Spuren chemiſcher Wirkungen *) Gilb. Ann. XXXVIII. 140.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/375>, abgerufen am 29.04.2024.