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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Katzen. -- Leopard.
und Dies thun auch alle übrigen Naturforscher, welche Leopard und Panther lebend vor sich sahen.
Der Leopard ist immer dunkler und entschieden kurzschwänziger, als der Panther; sein Schwanz hat
auch nur 22 Wirbel, während der Schwanz des Panthers aus 28 Wirbeln besteht. Bei jenem ist
die Grundfarbe ein dunkles Gelb, welches auf dem Rücken, der hier sehr dicht stehenden schwarzen
Flecken wegen, kaum zum Vorschein kommt: bei diesem ist sie ein helles Ockergelb, welches nach der
Ünterseite des Leibes in Reinweiß übergeht und allerorten deutlich sichtbar wird, weil die Flecken
einzelner stehen, als beim Parder. Allerdings gehört ein scharfer Blick dazu, um beide so nahe ver-
wandte Thiere zu unterscheiden, und namentlich den Thierkundigen, welche sich nur mit den Bälgen
beschäftigen, mag Dies oft schwer werden: wer aber im Leben beide Katzenarten beobachtet hat,
lernt sie später auf den ersten Blick erkennen. Während ich diese Zeilen überlese, habe ich einen
Leopard vom Kap und einen Panther aus Jndien, welche beide unmittelbar aus ihrer Heimat
uns überbracht wurden, lebend vor mir: ich darf mir also wohl ein selbstständiges Urtheil zutrauen,
obgleich ich mir gar nicht anmaßen will, den nun einmal bestenhenden Streit endgültig zu entscheiden.

Uns insbesondere läßt dieser Streit hier unberührt. Der asiatische Panther und der afrikanische
Leopard ähneln sich in ihrer Lebensweise noch mehr, als hinsichtlich ihres Leibesbaues und der Zeich-
nung ihres Felles; wir lernen also sicherlich das Leben Beider genügend kennen, wenn wir uns nur
mit Einem beschäftigen. Jch erwähle mir, wie leicht begreiflich, den Afrikaner zu meiner Schilderung.

Der Leopard ist ganz unzweifelhaft die vollendetste aller Katzen auf dem Erdenrund. Wohl flößt
uns die Majestät des Löwen alle Achtung vor der gesammten Familie ein, wohl sehen wir in ihm
den König der Thiere; wohl erscheint uns der Tiger als der Grausamste unter der grausamen Ge-
sellschaft, wohl besitzt der Ozelot ein farbenreicheres und bunteres Kleid, als alle übrigen Pardel:
hinsichtlich der Einhelligkeit des Leibesbaues, hinsichtlich der Schönheit und Fellzeichnung und hin-
sichtlich der Anmuth und Zierlichkeit der Bewegung aber stehen sie und alle übrigen Katzen weit hinter
dem Leoparden zurück. Er vereinigt Alles in sich, was die einzelnen Mitglieder der Familie im Be-
sondern auszeichnet; er vereinigt deren Eigenschaften in leiblicher wie in geistiger Hinsicht. Seine
sammtne Pfote wetteifert an Weiche mit der unsers Hinz: aber sie birgt eine Klaue, welche mit jeder
andern sich messen kann; sein Gebiß ist verhältnißmäßig viel gewaltiger, als das seines königlichen
Verwandten. Ebenso schön als gewandt, ebenso kräftig als behend, ebenso klug als listig, ebenso
kühn als verschlagen zeigt er das Raubthier auf der höchsten Stufe, welche es zu erlangen vermag.

Die Leibesgröße des Leoparden ist nicht gerade sehr bedeutend: ein nordischer Luchs kommt ihm
fast oder ganz gleich. Recht alte Männchen, welche immer viel größer, als die Weibchen sind, haben
wohl nur selten 61/2 Fuß Länge und am Widerrist 21/2 Fuß Höhe; der Schwanz nimmt von jener
Länge etwas über ein Drittheil (21/2 Fuß) weg. Jn unseren Thierschaubuden sehen wir auch von
dem Leoparden nur Krüppel, welche höchstens drei Viertheile der angegebenen Maße haben.

Vor den meisten anderen Katzen zeichnet sich der Leopard sofort durch die auffallende Schlankheit
aus; sein Leib erscheint noch länger, als er ist. Der kleine Kopf ist rund, die Schnauze kurz; der Schwanz
ist lang und dünn, und nach neueren Beobachtungen -- welche zu prüfen ich leider versäumte und an
dem sehr bösartigen Gefangenen des Hamburger Thiergartens nicht erproben kann -- endigt er in
eine hornige Spitze.*) Die Pranken sind ungemein kräftig. Wahrhaft prachtvoll und dabei doch
höchst ansprechend gezeichnet ist das Kleid. Auf der hellorangenfarbenen, nach unten hin ins Weiße
übergehenden Grundfarbe treten ringförmige, theils geschlossene, theils aus zwei, drei und vier im
Ring stehenden Tupfen gebildete Flecken von kohl- oder bräunlichschwarzer Färbung hervor. Sie
umschließen je einen Hof, welcher immer etwas dunkler, als die Grundfarbe ist, mit dieser aber
in gleicher Abstufung nach unten hin sich lichtet. Nur auf der Mittellinie des Rückens, zumal nach
hinten zu, bilden diese Flecken drei, seltener vier regelmäßige, gleichlaufende Reihen; seitlich sind solche
Reihen zwar auch noch zu verfolgen; aber nicht mehr auf eine bestimmte Zahl zurückzuführen; und

*) Beim Panther ist bestimmt keine hornige Spitze am Schwanzende zu bemerken.

Die Raubthiere. Katzen. — Leopard.
und Dies thun auch alle übrigen Naturforſcher, welche Leopard und Panther lebend vor ſich ſahen.
Der Leopard iſt immer dunkler und entſchieden kurzſchwänziger, als der Panther; ſein Schwanz hat
auch nur 22 Wirbel, während der Schwanz des Panthers aus 28 Wirbeln beſteht. Bei jenem iſt
die Grundfarbe ein dunkles Gelb, welches auf dem Rücken, der hier ſehr dicht ſtehenden ſchwarzen
Flecken wegen, kaum zum Vorſchein kommt: bei dieſem iſt ſie ein helles Ockergelb, welches nach der
Ünterſeite des Leibes in Reinweiß übergeht und allerorten deutlich ſichtbar wird, weil die Flecken
einzelner ſtehen, als beim Parder. Allerdings gehört ein ſcharfer Blick dazu, um beide ſo nahe ver-
wandte Thiere zu unterſcheiden, und namentlich den Thierkundigen, welche ſich nur mit den Bälgen
beſchäftigen, mag Dies oft ſchwer werden: wer aber im Leben beide Katzenarten beobachtet hat,
lernt ſie ſpäter auf den erſten Blick erkennen. Während ich dieſe Zeilen überleſe, habe ich einen
Leopard vom Kap und einen Panther aus Jndien, welche beide unmittelbar aus ihrer Heimat
uns überbracht wurden, lebend vor mir: ich darf mir alſo wohl ein ſelbſtſtändiges Urtheil zutrauen,
obgleich ich mir gar nicht anmaßen will, den nun einmal beſtenhenden Streit endgültig zu entſcheiden.

Uns insbeſondere läßt dieſer Streit hier unberührt. Der aſiatiſche Panther und der afrikaniſche
Leopard ähneln ſich in ihrer Lebensweiſe noch mehr, als hinſichtlich ihres Leibesbaues und der Zeich-
nung ihres Felles; wir lernen alſo ſicherlich das Leben Beider genügend kennen, wenn wir uns nur
mit Einem beſchäftigen. Jch erwähle mir, wie leicht begreiflich, den Afrikaner zu meiner Schilderung.

Der Leopard iſt ganz unzweifelhaft die vollendetſte aller Katzen auf dem Erdenrund. Wohl flößt
uns die Majeſtät des Löwen alle Achtung vor der geſammten Familie ein, wohl ſehen wir in ihm
den König der Thiere; wohl erſcheint uns der Tiger als der Grauſamſte unter der grauſamen Ge-
ſellſchaft, wohl beſitzt der Ozelot ein farbenreicheres und bunteres Kleid, als alle übrigen Pardel:
hinſichtlich der Einhelligkeit des Leibesbaues, hinſichtlich der Schönheit und Fellzeichnung und hin-
ſichtlich der Anmuth und Zierlichkeit der Bewegung aber ſtehen ſie und alle übrigen Katzen weit hinter
dem Leoparden zurück. Er vereinigt Alles in ſich, was die einzelnen Mitglieder der Familie im Be-
ſondern auszeichnet; er vereinigt deren Eigenſchaften in leiblicher wie in geiſtiger Hinſicht. Seine
ſammtne Pfote wetteifert an Weiche mit der unſers Hinz: aber ſie birgt eine Klaue, welche mit jeder
andern ſich meſſen kann; ſein Gebiß iſt verhältnißmäßig viel gewaltiger, als das ſeines königlichen
Verwandten. Ebenſo ſchön als gewandt, ebenſo kräftig als behend, ebenſo klug als liſtig, ebenſo
kühn als verſchlagen zeigt er das Raubthier auf der höchſten Stufe, welche es zu erlangen vermag.

Die Leibesgröße des Leoparden iſt nicht gerade ſehr bedeutend: ein nordiſcher Luchs kommt ihm
faſt oder ganz gleich. Recht alte Männchen, welche immer viel größer, als die Weibchen ſind, haben
wohl nur ſelten 6½ Fuß Länge und am Widerriſt 2½ Fuß Höhe; der Schwanz nimmt von jener
Länge etwas über ein Drittheil (2½ Fuß) weg. Jn unſeren Thierſchaubuden ſehen wir auch von
dem Leoparden nur Krüppel, welche höchſtens drei Viertheile der angegebenen Maße haben.

Vor den meiſten anderen Katzen zeichnet ſich der Leopard ſofort durch die auffallende Schlankheit
aus; ſein Leib erſcheint noch länger, als er iſt. Der kleine Kopf iſt rund, die Schnauze kurz; der Schwanz
iſt lang und dünn, und nach neueren Beobachtungen — welche zu prüfen ich leider verſäumte und an
dem ſehr bösartigen Gefangenen des Hamburger Thiergartens nicht erproben kann — endigt er in
eine hornige Spitze.*) Die Pranken ſind ungemein kräftig. Wahrhaft prachtvoll und dabei doch
höchſt anſprechend gezeichnet iſt das Kleid. Auf der hellorangenfarbenen, nach unten hin ins Weiße
übergehenden Grundfarbe treten ringförmige, theils geſchloſſene, theils aus zwei, drei und vier im
Ring ſtehenden Tupfen gebildete Flecken von kohl- oder bräunlichſchwarzer Färbung hervor. Sie
umſchließen je einen Hof, welcher immer etwas dunkler, als die Grundfarbe iſt, mit dieſer aber
in gleicher Abſtufung nach unten hin ſich lichtet. Nur auf der Mittellinie des Rückens, zumal nach
hinten zu, bilden dieſe Flecken drei, ſeltener vier regelmäßige, gleichlaufende Reihen; ſeitlich ſind ſolche
Reihen zwar auch noch zu verfolgen; aber nicht mehr auf eine beſtimmte Zahl zurückzuführen; und

*) Beim Panther iſt beſtimmt keine hornige Spitze am Schwanzende zu bemerken.
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[258/0322] Die Raubthiere. Katzen. — Leopard. und Dies thun auch alle übrigen Naturforſcher, welche Leopard und Panther lebend vor ſich ſahen. Der Leopard iſt immer dunkler und entſchieden kurzſchwänziger, als der Panther; ſein Schwanz hat auch nur 22 Wirbel, während der Schwanz des Panthers aus 28 Wirbeln beſteht. Bei jenem iſt die Grundfarbe ein dunkles Gelb, welches auf dem Rücken, der hier ſehr dicht ſtehenden ſchwarzen Flecken wegen, kaum zum Vorſchein kommt: bei dieſem iſt ſie ein helles Ockergelb, welches nach der Ünterſeite des Leibes in Reinweiß übergeht und allerorten deutlich ſichtbar wird, weil die Flecken einzelner ſtehen, als beim Parder. Allerdings gehört ein ſcharfer Blick dazu, um beide ſo nahe ver- wandte Thiere zu unterſcheiden, und namentlich den Thierkundigen, welche ſich nur mit den Bälgen beſchäftigen, mag Dies oft ſchwer werden: wer aber im Leben beide Katzenarten beobachtet hat, lernt ſie ſpäter auf den erſten Blick erkennen. Während ich dieſe Zeilen überleſe, habe ich einen Leopard vom Kap und einen Panther aus Jndien, welche beide unmittelbar aus ihrer Heimat uns überbracht wurden, lebend vor mir: ich darf mir alſo wohl ein ſelbſtſtändiges Urtheil zutrauen, obgleich ich mir gar nicht anmaßen will, den nun einmal beſtenhenden Streit endgültig zu entſcheiden. Uns insbeſondere läßt dieſer Streit hier unberührt. Der aſiatiſche Panther und der afrikaniſche Leopard ähneln ſich in ihrer Lebensweiſe noch mehr, als hinſichtlich ihres Leibesbaues und der Zeich- nung ihres Felles; wir lernen alſo ſicherlich das Leben Beider genügend kennen, wenn wir uns nur mit Einem beſchäftigen. Jch erwähle mir, wie leicht begreiflich, den Afrikaner zu meiner Schilderung. Der Leopard iſt ganz unzweifelhaft die vollendetſte aller Katzen auf dem Erdenrund. Wohl flößt uns die Majeſtät des Löwen alle Achtung vor der geſammten Familie ein, wohl ſehen wir in ihm den König der Thiere; wohl erſcheint uns der Tiger als der Grauſamſte unter der grauſamen Ge- ſellſchaft, wohl beſitzt der Ozelot ein farbenreicheres und bunteres Kleid, als alle übrigen Pardel: hinſichtlich der Einhelligkeit des Leibesbaues, hinſichtlich der Schönheit und Fellzeichnung und hin- ſichtlich der Anmuth und Zierlichkeit der Bewegung aber ſtehen ſie und alle übrigen Katzen weit hinter dem Leoparden zurück. Er vereinigt Alles in ſich, was die einzelnen Mitglieder der Familie im Be- ſondern auszeichnet; er vereinigt deren Eigenſchaften in leiblicher wie in geiſtiger Hinſicht. Seine ſammtne Pfote wetteifert an Weiche mit der unſers Hinz: aber ſie birgt eine Klaue, welche mit jeder andern ſich meſſen kann; ſein Gebiß iſt verhältnißmäßig viel gewaltiger, als das ſeines königlichen Verwandten. Ebenſo ſchön als gewandt, ebenſo kräftig als behend, ebenſo klug als liſtig, ebenſo kühn als verſchlagen zeigt er das Raubthier auf der höchſten Stufe, welche es zu erlangen vermag. Die Leibesgröße des Leoparden iſt nicht gerade ſehr bedeutend: ein nordiſcher Luchs kommt ihm faſt oder ganz gleich. Recht alte Männchen, welche immer viel größer, als die Weibchen ſind, haben wohl nur ſelten 6½ Fuß Länge und am Widerriſt 2½ Fuß Höhe; der Schwanz nimmt von jener Länge etwas über ein Drittheil (2½ Fuß) weg. Jn unſeren Thierſchaubuden ſehen wir auch von dem Leoparden nur Krüppel, welche höchſtens drei Viertheile der angegebenen Maße haben. Vor den meiſten anderen Katzen zeichnet ſich der Leopard ſofort durch die auffallende Schlankheit aus; ſein Leib erſcheint noch länger, als er iſt. Der kleine Kopf iſt rund, die Schnauze kurz; der Schwanz iſt lang und dünn, und nach neueren Beobachtungen — welche zu prüfen ich leider verſäumte und an dem ſehr bösartigen Gefangenen des Hamburger Thiergartens nicht erproben kann — endigt er in eine hornige Spitze. *) Die Pranken ſind ungemein kräftig. Wahrhaft prachtvoll und dabei doch höchſt anſprechend gezeichnet iſt das Kleid. Auf der hellorangenfarbenen, nach unten hin ins Weiße übergehenden Grundfarbe treten ringförmige, theils geſchloſſene, theils aus zwei, drei und vier im Ring ſtehenden Tupfen gebildete Flecken von kohl- oder bräunlichſchwarzer Färbung hervor. Sie umſchließen je einen Hof, welcher immer etwas dunkler, als die Grundfarbe iſt, mit dieſer aber in gleicher Abſtufung nach unten hin ſich lichtet. Nur auf der Mittellinie des Rückens, zumal nach hinten zu, bilden dieſe Flecken drei, ſeltener vier regelmäßige, gleichlaufende Reihen; ſeitlich ſind ſolche Reihen zwar auch noch zu verfolgen; aber nicht mehr auf eine beſtimmte Zahl zurückzuführen; und *) Beim Panther iſt beſtimmt keine hornige Spitze am Schwanzende zu bemerken.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/322>, abgerufen am 29.03.2024.