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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Riesen- und Hornschwalm.
hinabschauen kann, erregen zuweilen seine Aufmerksamkeit; namentlich die auf das Wasser einfallenden
Flugenten scheinen ihn anzuziehen. Er sieht dann scharf nach ihnen hin und bewegt seinen Kopf nach
Art des Käuzchens hin und her oder auf und nieder, wie er überhaupt thut, wenn er seine Erregung
kundgeben will. Nach Sonnenuntergang wird er lebhafter, bewegungslustig ist er jedoch auch dann
nicht. Nachdem er gefressen hat, bleibt er mehr oder weniger ruhig auf seinem Platze sitzen; aber er
brummt dann öfterer als sonst und auch in anderer Weise. Seine Stimme wird hörbarer, und die
einzelnen Laute werden zusammenhängend ausgestoßen. Dann gleicht das Gebrumm allerdings dem
Ruksen einer Taube, am täuschendsten dem eines Trommlers.

Sehr auffallend geberdete sich der Schwalm, als ich ihn in einen kleinen Käfig mit Vögeln setzte.
Er mochte sich erinnern, daß er während seines Freilebens mancherlei Anfechtungen von dergleichen
Gesindel erlitten hatte und oft als Eule angesehen worden war. Als er sich in so zahlreicher Gesell-
schaft sah, streckte er sich lang aus, indem er den Hals weit vorschob und den Schnabel so richtete, daß
er die eine, der Schwanz die andere Spitze des gerade gehaltenen Leibes bildete. Dabei stieß er ein,
von seinem Gebrumme durchaus verschiedenes Geschrei aus, welches durch die Silben "kräk, krä,
krärä, kräkä, kräkä, kräkäkäk" ungefähr ausgedrückt werden kann. Ab und zu sperrte er auch das
Maul weit auf, gleichsam in der Absicht, die Vögel zu schrecken, wie überhaupt sein ganzes Gebahren
mehr auf Abwehr, als auf Lust zum Angriff deutete. Einen Sperling, welcher ihm zu nahe kam,
packte er mit dem Schnabel und schüttelte ihn tüchtig hin und her; doch gelang es dem Spatz, wieder
frei zu kommen. Mit mehreren andern Sperlingen war er tagelang zusammen gesperrt, hatte sich
aber nicht an ihnen vergriffen. Demungeachtet zweifle ich nicht im Geringsten, daß er Vögel frißt;
junge, unbehilfliche nimmt er höchst wahrscheinlich ohne Umstände aus den Nestern.

Er ist so zahm, daß er uns nicht blos das Futter aus der Hand nimmt, sondern auch ohne
Widerstreben sich angreifen, auf die Hand setzen und ohne von hier wegzufliegen, im Zimmer umher-
tragen läßt.



Jn der Neuzeit sind einige Schwalme in einer besonderen Sippe, welcher man den Namen Ba-
trachostomus
(Froschmaul) gegeben hat, vereinigt worden. Die hierher gehörigen Vögel, Bewohner
Jndiens und seiner Eilande, sind kleiner als die Riesenschwalme; ihr Schnabel aber ist noch größer
und breiter als bei diesen. Auch er ist kräftig und starkkieferig, am Grunde sehr flach, längs der
Firste leicht gebogen, an der Spitze hakig; der Oberkiefer ist breiter als der untere, sodaß er den-
selben allseitig überragt; die Nasenlöcher sind schmal, seitlich gestellt und mit Federn bedeckt. Die
Schwingen sind kurz gerundet; der Schwanz ist lang, seitlich verkürzt oder abgestuft; der Fuß ist kurz
und ziemlich stark; die Zehen sind verhältnißmäßig kräftig und so beweglich, daß die äußere halb
gewendet werden kann.

Eine javanische Art, welche wir Hornschwalm nennen wollen (Batrachostomus cornutus oder
Batrachostomus javanensis) zeichnet sich ebensowohl durch sonderbare Federbildung, wie durch Schön-
heit des Gefieders aus. Zu jeder Seite des Kopfes in der Ohrgegend, über und hinter den
Augen wuchert ein Büschel langer, etwas zerschlissener Federn hervor, welcher vom übrigen Gefieder
des Kopfes absteht, die Augen fast ganz beschattet und dem Kopfe eine unverhältnißmäßige Größe
gibt. Das Gefieder der Oberseite ist hellrostfarben, durch feine, schwarze Zickzacklinien gezeichnet; den
Nacken ziert ein weißes, halbmondförmiges Band; auf den Schultern stehen große, weißbläuliche
Flecken, welche durch schwarze Halbkreise an der Spitze der einzelnen Federn hervorgehoben werden;
brandgelbe Flecken stehen an der Stirn und hinter den Augen. Die Kehlmitte, der Vorderhals und
der Bauch sind weiß, theilweise auch im Zickzack gestreift; die Brust ist rostfarben weiß und schwarz
gefleckt, der stark abgestufte Schwanz hellrostfarben, durch sieben bis acht dunklere, schwarz eingefaßte

Rieſen- und Hornſchwalm.
hinabſchauen kann, erregen zuweilen ſeine Aufmerkſamkeit; namentlich die auf das Waſſer einfallenden
Flugenten ſcheinen ihn anzuziehen. Er ſieht dann ſcharf nach ihnen hin und bewegt ſeinen Kopf nach
Art des Käuzchens hin und her oder auf und nieder, wie er überhaupt thut, wenn er ſeine Erregung
kundgeben will. Nach Sonnenuntergang wird er lebhafter, bewegungsluſtig iſt er jedoch auch dann
nicht. Nachdem er gefreſſen hat, bleibt er mehr oder weniger ruhig auf ſeinem Platze ſitzen; aber er
brummt dann öfterer als ſonſt und auch in anderer Weiſe. Seine Stimme wird hörbarer, und die
einzelnen Laute werden zuſammenhängend ausgeſtoßen. Dann gleicht das Gebrumm allerdings dem
Rukſen einer Taube, am täuſchendſten dem eines Trommlers.

Sehr auffallend geberdete ſich der Schwalm, als ich ihn in einen kleinen Käfig mit Vögeln ſetzte.
Er mochte ſich erinnern, daß er während ſeines Freilebens mancherlei Anfechtungen von dergleichen
Geſindel erlitten hatte und oft als Eule angeſehen worden war. Als er ſich in ſo zahlreicher Geſell-
ſchaft ſah, ſtreckte er ſich lang aus, indem er den Hals weit vorſchob und den Schnabel ſo richtete, daß
er die eine, der Schwanz die andere Spitze des gerade gehaltenen Leibes bildete. Dabei ſtieß er ein,
von ſeinem Gebrumme durchaus verſchiedenes Geſchrei aus, welches durch die Silben „kräk, krä,
krärä, kräkä, kräkä, kräkäkäk‟ ungefähr ausgedrückt werden kann. Ab und zu ſperrte er auch das
Maul weit auf, gleichſam in der Abſicht, die Vögel zu ſchrecken, wie überhaupt ſein ganzes Gebahren
mehr auf Abwehr, als auf Luſt zum Angriff deutete. Einen Sperling, welcher ihm zu nahe kam,
packte er mit dem Schnabel und ſchüttelte ihn tüchtig hin und her; doch gelang es dem Spatz, wieder
frei zu kommen. Mit mehreren andern Sperlingen war er tagelang zuſammen geſperrt, hatte ſich
aber nicht an ihnen vergriffen. Demungeachtet zweifle ich nicht im Geringſten, daß er Vögel frißt;
junge, unbehilfliche nimmt er höchſt wahrſcheinlich ohne Umſtände aus den Neſtern.

Er iſt ſo zahm, daß er uns nicht blos das Futter aus der Hand nimmt, ſondern auch ohne
Widerſtreben ſich angreifen, auf die Hand ſetzen und ohne von hier wegzufliegen, im Zimmer umher-
tragen läßt.



Jn der Neuzeit ſind einige Schwalme in einer beſonderen Sippe, welcher man den Namen Ba-
trachostomus
(Froſchmaul) gegeben hat, vereinigt worden. Die hierher gehörigen Vögel, Bewohner
Jndiens und ſeiner Eilande, ſind kleiner als die Rieſenſchwalme; ihr Schnabel aber iſt noch größer
und breiter als bei dieſen. Auch er iſt kräftig und ſtarkkieferig, am Grunde ſehr flach, längs der
Firſte leicht gebogen, an der Spitze hakig; der Oberkiefer iſt breiter als der untere, ſodaß er den-
ſelben allſeitig überragt; die Naſenlöcher ſind ſchmal, ſeitlich geſtellt und mit Federn bedeckt. Die
Schwingen ſind kurz gerundet; der Schwanz iſt lang, ſeitlich verkürzt oder abgeſtuft; der Fuß iſt kurz
und ziemlich ſtark; die Zehen ſind verhältnißmäßig kräftig und ſo beweglich, daß die äußere halb
gewendet werden kann.

Eine javaniſche Art, welche wir Hornſchwalm nennen wollen (Batrachostomus cornutus oder
Batrachostomus javanensis) zeichnet ſich ebenſowohl durch ſonderbare Federbildung, wie durch Schön-
heit des Gefieders aus. Zu jeder Seite des Kopfes in der Ohrgegend, über und hinter den
Augen wuchert ein Büſchel langer, etwas zerſchliſſener Federn hervor, welcher vom übrigen Gefieder
des Kopfes abſteht, die Augen faſt ganz beſchattet und dem Kopfe eine unverhältnißmäßige Größe
gibt. Das Gefieder der Oberſeite iſt hellroſtfarben, durch feine, ſchwarze Zickzacklinien gezeichnet; den
Nacken ziert ein weißes, halbmondförmiges Band; auf den Schultern ſtehen große, weißbläuliche
Flecken, welche durch ſchwarze Halbkreiſe an der Spitze der einzelnen Federn hervorgehoben werden;
brandgelbe Flecken ſtehen an der Stirn und hinter den Augen. Die Kehlmitte, der Vorderhals und
der Bauch ſind weiß, theilweiſe auch im Zickzack geſtreift; die Bruſt iſt roſtfarben weiß und ſchwarz
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[687/0727] Rieſen- und Hornſchwalm. hinabſchauen kann, erregen zuweilen ſeine Aufmerkſamkeit; namentlich die auf das Waſſer einfallenden Flugenten ſcheinen ihn anzuziehen. Er ſieht dann ſcharf nach ihnen hin und bewegt ſeinen Kopf nach Art des Käuzchens hin und her oder auf und nieder, wie er überhaupt thut, wenn er ſeine Erregung kundgeben will. Nach Sonnenuntergang wird er lebhafter, bewegungsluſtig iſt er jedoch auch dann nicht. Nachdem er gefreſſen hat, bleibt er mehr oder weniger ruhig auf ſeinem Platze ſitzen; aber er brummt dann öfterer als ſonſt und auch in anderer Weiſe. Seine Stimme wird hörbarer, und die einzelnen Laute werden zuſammenhängend ausgeſtoßen. Dann gleicht das Gebrumm allerdings dem Rukſen einer Taube, am täuſchendſten dem eines Trommlers. Sehr auffallend geberdete ſich der Schwalm, als ich ihn in einen kleinen Käfig mit Vögeln ſetzte. Er mochte ſich erinnern, daß er während ſeines Freilebens mancherlei Anfechtungen von dergleichen Geſindel erlitten hatte und oft als Eule angeſehen worden war. Als er ſich in ſo zahlreicher Geſell- ſchaft ſah, ſtreckte er ſich lang aus, indem er den Hals weit vorſchob und den Schnabel ſo richtete, daß er die eine, der Schwanz die andere Spitze des gerade gehaltenen Leibes bildete. Dabei ſtieß er ein, von ſeinem Gebrumme durchaus verſchiedenes Geſchrei aus, welches durch die Silben „kräk, krä, krärä, kräkä, kräkä, kräkäkäk‟ ungefähr ausgedrückt werden kann. Ab und zu ſperrte er auch das Maul weit auf, gleichſam in der Abſicht, die Vögel zu ſchrecken, wie überhaupt ſein ganzes Gebahren mehr auf Abwehr, als auf Luſt zum Angriff deutete. Einen Sperling, welcher ihm zu nahe kam, packte er mit dem Schnabel und ſchüttelte ihn tüchtig hin und her; doch gelang es dem Spatz, wieder frei zu kommen. Mit mehreren andern Sperlingen war er tagelang zuſammen geſperrt, hatte ſich aber nicht an ihnen vergriffen. Demungeachtet zweifle ich nicht im Geringſten, daß er Vögel frißt; junge, unbehilfliche nimmt er höchſt wahrſcheinlich ohne Umſtände aus den Neſtern. Er iſt ſo zahm, daß er uns nicht blos das Futter aus der Hand nimmt, ſondern auch ohne Widerſtreben ſich angreifen, auf die Hand ſetzen und ohne von hier wegzufliegen, im Zimmer umher- tragen läßt. Jn der Neuzeit ſind einige Schwalme in einer beſonderen Sippe, welcher man den Namen Ba- trachostomus (Froſchmaul) gegeben hat, vereinigt worden. Die hierher gehörigen Vögel, Bewohner Jndiens und ſeiner Eilande, ſind kleiner als die Rieſenſchwalme; ihr Schnabel aber iſt noch größer und breiter als bei dieſen. Auch er iſt kräftig und ſtarkkieferig, am Grunde ſehr flach, längs der Firſte leicht gebogen, an der Spitze hakig; der Oberkiefer iſt breiter als der untere, ſodaß er den- ſelben allſeitig überragt; die Naſenlöcher ſind ſchmal, ſeitlich geſtellt und mit Federn bedeckt. Die Schwingen ſind kurz gerundet; der Schwanz iſt lang, ſeitlich verkürzt oder abgeſtuft; der Fuß iſt kurz und ziemlich ſtark; die Zehen ſind verhältnißmäßig kräftig und ſo beweglich, daß die äußere halb gewendet werden kann. Eine javaniſche Art, welche wir Hornſchwalm nennen wollen (Batrachostomus cornutus oder Batrachostomus javanensis) zeichnet ſich ebenſowohl durch ſonderbare Federbildung, wie durch Schön- heit des Gefieders aus. Zu jeder Seite des Kopfes in der Ohrgegend, über und hinter den Augen wuchert ein Büſchel langer, etwas zerſchliſſener Federn hervor, welcher vom übrigen Gefieder des Kopfes abſteht, die Augen faſt ganz beſchattet und dem Kopfe eine unverhältnißmäßige Größe gibt. Das Gefieder der Oberſeite iſt hellroſtfarben, durch feine, ſchwarze Zickzacklinien gezeichnet; den Nacken ziert ein weißes, halbmondförmiges Band; auf den Schultern ſtehen große, weißbläuliche Flecken, welche durch ſchwarze Halbkreiſe an der Spitze der einzelnen Federn hervorgehoben werden; brandgelbe Flecken ſtehen an der Stirn und hinter den Augen. Die Kehlmitte, der Vorderhals und der Bauch ſind weiß, theilweiſe auch im Zickzack geſtreift; die Bruſt iſt roſtfarben weiß und ſchwarz gefleckt, der ſtark abgeſtufte Schwanz hellroſtfarben, durch ſieben bis acht dunklere, ſchwarz eingefaßte

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/727>, abgerufen am 16.04.2024.