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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Netzflügler.
beißenden zählen, häufig aber ihrer Weichheit wegen nicht zum Beißen gebraucht werden können.
Weiter lassen die mit bedeutend zahlreicheren Zellen versehenen, meist viel gestreckteren, unter sich
fast gleichen Flügel, so wie die Bildung des Mittelleibes unmöglich eine Verwechselung zwischen
den Gliedern beider in Rede stehender Ordnungen zu. Eher könnte es dem Unkundigen begegnen,
gewisse Gitterflügler, deren Flügel durch bunte Haare gemustert erscheinen, für Kleinfalter zu
halten. Mögen auch bei beiden die Mundtheile verkümmern, so gehört doch wenig Scharfblick
dazu, den wesentlichen Unterschied dieser und überdies noch die Verschiedenheiten in der Gestaltung
des Brustkastens zu erkennen, und jeden Zweifel zu beseitigen, ob man ein Neuropteron oder ein
Mikrolepidopteron vor sich habe. Die vollkommenen Jnsekten dieser von der folgenden Ordnung
allemal mit Sicherheit zu unterscheiden, kann mit Schwierigkeiten verbunden sein, weil eben das
Hauptmerkmal beider in der Verwandlung besteht, die man dem fertigen Jnsekt leider nicht
ansieht. Wenn man sich aber merkt, daß die Wasserjungfern und Eintagsfliegen mit ihren nicht
zu verkennenden nächsten Verwandten nur eine unvollkommene Verwandlung bestehen und mithin
nicht mehr dieser, sondern der folgenden Ordnung beigezählt werden, so schwindet auch diese
Schwierigkeit, und der in Rede stehenden Ordnung sind die erkennbaren Grenzen gezogen. Sie
ist die kleinste von allen, umsaßt durchschnittlich tausend Arten und fehlt auch in den früheren
Schöpfungsperioden nicht. Jn den älteren Schichten treten die versteinerten Ueberreste nur sparsam
auf, was bei der Zartheit des Baues dieser Kerfe nicht Wunder nehmen darf, im Bernstein
dagegen haben sie sich ziemlich zahlreich erhalten.

Die interessanten Ameisenlöwen (Myrmeleon oder richtiger gebildet Myrmecoleon) erkennt
man leicht an den kurzen, plattgedrückten, nach vorn keulenförmig erweiterten Fühlern und an
den langgestreckten, in eine Spitze ausgezogenen, unter sich fast gleichen vier Flügeln; man unter-
scheidet sie dadurch auf den ersten Blick von den ihnen in der Körpertracht nahe stehenden,
allbekannten Wasserjungfern. Die runden, ungetheilten Augen quellen stark hervor und lassen

[Abbildung] Gemeiner Ameisenköwe (Myrmeleon formirarins) nebst Larve.
a Ameisenlöwe. b Larve flark vergrößert. c Larve in natürlicher Größe und
Seitenansicht.
den kurzen Kopf breit erscheinen, seine
hornigen Kinnbacken befähigen sehr wohl
zum Beißen. Das zweite und dritte
Glied der unter sich gleich gebildeten
Füße ist viel kürzer als das erste und
die Endsporen der Schienen biegen sich
nicht hakig um. Beim gemeinen
Ameisenlöwen
(M. formicarius) bilden
einige dunkle Fleckchen auf den Flügeln, die
abwechselnd heller und dunkler gefärbten
Adern derselben, und die im Vergleich
zu Kopf und Mittelleib zusammenge-
nommen kürzeren Fühler die Merkmale
der Art. Das ganze Thier ist vor-
herrschend grauschwarz, an Kopf und
Thorax gelbfleckig, an den Hinterrändern der Leibesringe ebenfalls licht und an den Beinen gelb-
braun. Es hält sich vorzugsweise in den Nadelwäldern des mittel- und süddeutschen Sandlandes
auf und schwärmt vom Juli bis in den September. Am Tage sitzt es still mit dachartig über
den Hinterleib gelegten Flügeln, wenn aber die Sonne sinkt, wird es lebendiger und bewegt sich
in langsamem, taumelndem Fluge, Nahrung und sein anderes Jch suchend. An sonnigen Hängen,
besonders unter dem Schutze hervorstehender Baumwurzeln schlägt die Larve ihre Wohnung auf,
welche in einem kleinen Trichter besteht, in dessen Grunde sie versteckt, mit emporgestreckten Zangen
auf Beute lauernd, sitzt. Diese besteht in Ameisen und andern Kerfchen, welche durch einen Fehl-
tritt in den Trichter hinabrutschen. Sofort werden sie ergriffen und ausgesogen. Wir sehen sie,

Die Netzflügler.
beißenden zählen, häufig aber ihrer Weichheit wegen nicht zum Beißen gebraucht werden können.
Weiter laſſen die mit bedeutend zahlreicheren Zellen verſehenen, meiſt viel geſtreckteren, unter ſich
faſt gleichen Flügel, ſo wie die Bildung des Mittelleibes unmöglich eine Verwechſelung zwiſchen
den Gliedern beider in Rede ſtehender Ordnungen zu. Eher könnte es dem Unkundigen begegnen,
gewiſſe Gitterflügler, deren Flügel durch bunte Haare gemuſtert erſcheinen, für Kleinfalter zu
halten. Mögen auch bei beiden die Mundtheile verkümmern, ſo gehört doch wenig Scharfblick
dazu, den weſentlichen Unterſchied dieſer und überdies noch die Verſchiedenheiten in der Geſtaltung
des Bruſtkaſtens zu erkennen, und jeden Zweifel zu beſeitigen, ob man ein Neuropteron oder ein
Mikrolepidopteron vor ſich habe. Die vollkommenen Jnſekten dieſer von der folgenden Ordnung
allemal mit Sicherheit zu unterſcheiden, kann mit Schwierigkeiten verbunden ſein, weil eben das
Hauptmerkmal beider in der Verwandlung beſteht, die man dem fertigen Jnſekt leider nicht
anſieht. Wenn man ſich aber merkt, daß die Waſſerjungfern und Eintagsfliegen mit ihren nicht
zu verkennenden nächſten Verwandten nur eine unvollkommene Verwandlung beſtehen und mithin
nicht mehr dieſer, ſondern der folgenden Ordnung beigezählt werden, ſo ſchwindet auch dieſe
Schwierigkeit, und der in Rede ſtehenden Ordnung ſind die erkennbaren Grenzen gezogen. Sie
iſt die kleinſte von allen, umſaßt durchſchnittlich tauſend Arten und fehlt auch in den früheren
Schöpfungsperioden nicht. Jn den älteren Schichten treten die verſteinerten Ueberreſte nur ſparſam
auf, was bei der Zartheit des Baues dieſer Kerfe nicht Wunder nehmen darf, im Bernſtein
dagegen haben ſie ſich ziemlich zahlreich erhalten.

Die intereſſanten Ameiſenlöwen (Myrmeleon oder richtiger gebildet Myrmecoleon) erkennt
man leicht an den kurzen, plattgedrückten, nach vorn keulenförmig erweiterten Fühlern und an
den langgeſtreckten, in eine Spitze ausgezogenen, unter ſich faſt gleichen vier Flügeln; man unter-
ſcheidet ſie dadurch auf den erſten Blick von den ihnen in der Körpertracht nahe ſtehenden,
allbekannten Waſſerjungfern. Die runden, ungetheilten Augen quellen ſtark hervor und laſſen

[Abbildung] Gemeiner Ameiſenköwe (Myrmeleon formirarins) nebſt Larve.
a Ameiſenlöwe. b Larve flark vergrößert. c Larve in natürlicher Größe und
Seitenanſicht.
den kurzen Kopf breit erſcheinen, ſeine
hornigen Kinnbacken befähigen ſehr wohl
zum Beißen. Das zweite und dritte
Glied der unter ſich gleich gebildeten
Füße iſt viel kürzer als das erſte und
die Endſporen der Schienen biegen ſich
nicht hakig um. Beim gemeinen
Ameiſenlöwen
(M. formicarius) bilden
einige dunkle Fleckchen auf den Flügeln, die
abwechſelnd heller und dunkler gefärbten
Adern derſelben, und die im Vergleich
zu Kopf und Mittelleib zuſammenge-
nommen kürzeren Fühler die Merkmale
der Art. Das ganze Thier iſt vor-
herrſchend grauſchwarz, an Kopf und
Thorax gelbfleckig, an den Hinterrändern der Leibesringe ebenfalls licht und an den Beinen gelb-
braun. Es hält ſich vorzugsweiſe in den Nadelwäldern des mittel- und ſüddeutſchen Sandlandes
auf und ſchwärmt vom Juli bis in den September. Am Tage ſitzt es ſtill mit dachartig über
den Hinterleib gelegten Flügeln, wenn aber die Sonne ſinkt, wird es lebendiger und bewegt ſich
in langſamem, taumelndem Fluge, Nahrung und ſein anderes Jch ſuchend. An ſonnigen Hängen,
beſonders unter dem Schutze hervorſtehender Baumwurzeln ſchlägt die Larve ihre Wohnung auf,
welche in einem kleinen Trichter beſteht, in deſſen Grunde ſie verſteckt, mit emporgeſtreckten Zangen
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tritt in den Trichter hinabrutſchen. Sofort werden ſie ergriffen und ausgeſogen. Wir ſehen ſie,

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[422/0448] Die Netzflügler. beißenden zählen, häufig aber ihrer Weichheit wegen nicht zum Beißen gebraucht werden können. Weiter laſſen die mit bedeutend zahlreicheren Zellen verſehenen, meiſt viel geſtreckteren, unter ſich faſt gleichen Flügel, ſo wie die Bildung des Mittelleibes unmöglich eine Verwechſelung zwiſchen den Gliedern beider in Rede ſtehender Ordnungen zu. Eher könnte es dem Unkundigen begegnen, gewiſſe Gitterflügler, deren Flügel durch bunte Haare gemuſtert erſcheinen, für Kleinfalter zu halten. Mögen auch bei beiden die Mundtheile verkümmern, ſo gehört doch wenig Scharfblick dazu, den weſentlichen Unterſchied dieſer und überdies noch die Verſchiedenheiten in der Geſtaltung des Bruſtkaſtens zu erkennen, und jeden Zweifel zu beſeitigen, ob man ein Neuropteron oder ein Mikrolepidopteron vor ſich habe. Die vollkommenen Jnſekten dieſer von der folgenden Ordnung allemal mit Sicherheit zu unterſcheiden, kann mit Schwierigkeiten verbunden ſein, weil eben das Hauptmerkmal beider in der Verwandlung beſteht, die man dem fertigen Jnſekt leider nicht anſieht. Wenn man ſich aber merkt, daß die Waſſerjungfern und Eintagsfliegen mit ihren nicht zu verkennenden nächſten Verwandten nur eine unvollkommene Verwandlung beſtehen und mithin nicht mehr dieſer, ſondern der folgenden Ordnung beigezählt werden, ſo ſchwindet auch dieſe Schwierigkeit, und der in Rede ſtehenden Ordnung ſind die erkennbaren Grenzen gezogen. Sie iſt die kleinſte von allen, umſaßt durchſchnittlich tauſend Arten und fehlt auch in den früheren Schöpfungsperioden nicht. Jn den älteren Schichten treten die verſteinerten Ueberreſte nur ſparſam auf, was bei der Zartheit des Baues dieſer Kerfe nicht Wunder nehmen darf, im Bernſtein dagegen haben ſie ſich ziemlich zahlreich erhalten. Die intereſſanten Ameiſenlöwen (Myrmeleon oder richtiger gebildet Myrmecoleon) erkennt man leicht an den kurzen, plattgedrückten, nach vorn keulenförmig erweiterten Fühlern und an den langgeſtreckten, in eine Spitze ausgezogenen, unter ſich faſt gleichen vier Flügeln; man unter- ſcheidet ſie dadurch auf den erſten Blick von den ihnen in der Körpertracht nahe ſtehenden, allbekannten Waſſerjungfern. Die runden, ungetheilten Augen quellen ſtark hervor und laſſen [Abbildung Gemeiner Ameiſenköwe (Myrmeleon formirarins) nebſt Larve. a Ameiſenlöwe. b Larve flark vergrößert. c Larve in natürlicher Größe und Seitenanſicht.] den kurzen Kopf breit erſcheinen, ſeine hornigen Kinnbacken befähigen ſehr wohl zum Beißen. Das zweite und dritte Glied der unter ſich gleich gebildeten Füße iſt viel kürzer als das erſte und die Endſporen der Schienen biegen ſich nicht hakig um. Beim gemeinen Ameiſenlöwen (M. formicarius) bilden einige dunkle Fleckchen auf den Flügeln, die abwechſelnd heller und dunkler gefärbten Adern derſelben, und die im Vergleich zu Kopf und Mittelleib zuſammenge- nommen kürzeren Fühler die Merkmale der Art. Das ganze Thier iſt vor- herrſchend grauſchwarz, an Kopf und Thorax gelbfleckig, an den Hinterrändern der Leibesringe ebenfalls licht und an den Beinen gelb- braun. Es hält ſich vorzugsweiſe in den Nadelwäldern des mittel- und ſüddeutſchen Sandlandes auf und ſchwärmt vom Juli bis in den September. Am Tage ſitzt es ſtill mit dachartig über den Hinterleib gelegten Flügeln, wenn aber die Sonne ſinkt, wird es lebendiger und bewegt ſich in langſamem, taumelndem Fluge, Nahrung und ſein anderes Jch ſuchend. An ſonnigen Hängen, beſonders unter dem Schutze hervorſtehender Baumwurzeln ſchlägt die Larve ihre Wohnung auf, welche in einem kleinen Trichter beſteht, in deſſen Grunde ſie verſteckt, mit emporgeſtreckten Zangen auf Beute lauernd, ſitzt. Dieſe beſteht in Ameiſen und andern Kerfchen, welche durch einen Fehl- tritt in den Trichter hinabrutſchen. Sofort werden ſie ergriffen und ausgeſogen. Wir ſehen ſie,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/448>, abgerufen am 28.03.2024.