Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehnfüßige Krebse. Langschwänze. Maulfüßer. Spaltfüßer.
Vordertheil enthält die Werkzeuge zum Erspähen, Fassen und Zerreißen der Beute, der Mittelkörper
[Abbildung] Leuchtkrebs (Leucifer).
Nat. Größe 21/2 Linie. d eine Drüse. b Herz. ac große
Schlagader. n Nervenstrang.
trägt die Gangbeine, und der gestreckte, mit brei-
ter Flosse anliegende Hinterkörper vermittelt die
rapiden Schwimmbewegungen.

Das bei den Decapoden so sehr ausgeprägte
Rückenschild finden wir hier auf eine horizontale,
fast vierseitige Platte reducirt. Es läßt sowohl
die vorderen Theile als die vier hinteren Ringe
des Kopfbruststückes frei und mithin selbstständig
beweglich. Die großen kurzen Augen sind auf
einem vordersten, beweglichen Ringe eingepflanzt,
auf welchen ein die inneren Fühlhörner tragen-
der Ring folgt. Jhr dünner, dreigliedriger Stiel
trägt drei Geißeln. An den unter dem Rücken-
schilde wurzelnden äußeren Fühlern fällt uns
eine lange, dem Stiele angehörige Schuppe auf.
Die sie umgebenden Lippen und die den Ober-
und Unterkiefern des Flußkrebses entsprechenden
Mundtheile können nur an frischen oder in
Spiritus aufbewahrten, nicht an getrockneten
Exemplaren in ihren Einzelheiten erkannt wer-
den, sind auch wenig abweichend. Dagegen ist
die Zahl der Hilfskiefer oder Kieferfüße durch
Heranziehen der beiden, dem ersten und zweiten
Fußpaare der Zehnfüßer entsprechenden Glied-
maßen auf fünf Paare vermehrt; diese alle, mit
Ausnahme des ersten Paares, sind mit einem,
wie eine Messerklinge einzuschlagenden Klauenglied
versehen, und namentlich ist das eine derselben
durch Länge und Stärke und durch die langen
und spitzen Zähne der scharfen Klinge ein aus-
gezeichnetes Angriffs- und Greifwerkzeug gewor-
den. Auch bei den Raubinsekten (Mantis u. a.)
kommen diese Greifbeine vor, kein anderes Glieder-
thier aber hat eine solche ganze Reihe neben dem
Munde stehen. Auf den schon freien, das heißt
nicht mehr vom Rückenschilde bedeckten Ring,
welcher das letzte Hilfskieferpaar trägt, folgen drei
starke Ringe, deren Anhänge wiederum anders
geformt sind und als Flossen und Beine verwendet
werden. Der große Hinterleib ist aber das eigent-
liche kräftige Bewegungs- und Ruderwerkzeug,
mit einer breiten Flosser endigend. Die beinartigen
Anhänge der fünf vorderen Abschnitte dieses
Hinterleibes tragen büschelförmige Kiemen. Jhre
Ausdehnung entspricht dem regen Blutumlauf
und dem gesteigerten Athembedürfniß, welches sich bei so muskelkräftigen, lebhaften Thieren geltend
macht, wie der Heuschreckenkrebs ist.

Zehnfüßige Krebſe. Langſchwänze. Maulfüßer. Spaltfüßer.
Vordertheil enthält die Werkzeuge zum Erſpähen, Faſſen und Zerreißen der Beute, der Mittelkörper
[Abbildung] Leuchtkrebs (Leucifer).
Nat. Größe 2½ Linie. d eine Drüſe. b Herz. ac große
Schlagader. n Nervenſtrang.
trägt die Gangbeine, und der geſtreckte, mit brei-
ter Floſſe anliegende Hinterkörper vermittelt die
rapiden Schwimmbewegungen.

Das bei den Decapoden ſo ſehr ausgeprägte
Rückenſchild finden wir hier auf eine horizontale,
faſt vierſeitige Platte reducirt. Es läßt ſowohl
die vorderen Theile als die vier hinteren Ringe
des Kopfbruſtſtückes frei und mithin ſelbſtſtändig
beweglich. Die großen kurzen Augen ſind auf
einem vorderſten, beweglichen Ringe eingepflanzt,
auf welchen ein die inneren Fühlhörner tragen-
der Ring folgt. Jhr dünner, dreigliedriger Stiel
trägt drei Geißeln. An den unter dem Rücken-
ſchilde wurzelnden äußeren Fühlern fällt uns
eine lange, dem Stiele angehörige Schuppe auf.
Die ſie umgebenden Lippen und die den Ober-
und Unterkiefern des Flußkrebſes entſprechenden
Mundtheile können nur an friſchen oder in
Spiritus aufbewahrten, nicht an getrockneten
Exemplaren in ihren Einzelheiten erkannt wer-
den, ſind auch wenig abweichend. Dagegen iſt
die Zahl der Hilfskiefer oder Kieferfüße durch
Heranziehen der beiden, dem erſten und zweiten
Fußpaare der Zehnfüßer entſprechenden Glied-
maßen auf fünf Paare vermehrt; dieſe alle, mit
Ausnahme des erſten Paares, ſind mit einem,
wie eine Meſſerklinge einzuſchlagenden Klauenglied
verſehen, und namentlich iſt das eine derſelben
durch Länge und Stärke und durch die langen
und ſpitzen Zähne der ſcharfen Klinge ein aus-
gezeichnetes Angriffs- und Greifwerkzeug gewor-
den. Auch bei den Raubinſekten (Mantis u. a.)
kommen dieſe Greifbeine vor, kein anderes Glieder-
thier aber hat eine ſolche ganze Reihe neben dem
Munde ſtehen. Auf den ſchon freien, das heißt
nicht mehr vom Rückenſchilde bedeckten Ring,
welcher das letzte Hilfskieferpaar trägt, folgen drei
ſtarke Ringe, deren Anhänge wiederum anders
geformt ſind und als Floſſen und Beine verwendet
werden. Der große Hinterleib iſt aber das eigent-
liche kräftige Bewegungs- und Ruderwerkzeug,
mit einer breiten Floſſer endigend. Die beinartigen
Anhänge der fünf vorderen Abſchnitte dieſes
Hinterleibes tragen büſchelförmige Kiemen. Jhre
Ausdehnung entſpricht dem regen Blutumlauf
und dem geſteigerten Athembedürfniß, welches ſich bei ſo muskelkräftigen, lebhaften Thieren geltend
macht, wie der Heuſchreckenkrebs iſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0692" n="648"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehnfüßige Kreb&#x017F;e. Lang&#x017F;chwänze. Maulfüßer. Spaltfüßer.</hi></fw><lb/>
Vordertheil enthält die Werkzeuge zum Er&#x017F;pähen, Fa&#x017F;&#x017F;en und Zerreißen der Beute, der Mittelkörper<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Leuchtkrebs</hi> (<hi rendition="#aq">Leucifer</hi>).<lb/>
Nat. Größe 2½ Linie. <hi rendition="#aq">d</hi> eine Drü&#x017F;e. <hi rendition="#aq">b</hi> Herz. <hi rendition="#aq">ac</hi> große<lb/>
Schlagader. <hi rendition="#aq">n</hi> Nerven&#x017F;trang.</hi></head></figure><lb/>
trägt die Gangbeine, und der ge&#x017F;treckte, mit brei-<lb/>
ter Flo&#x017F;&#x017F;e anliegende Hinterkörper vermittelt die<lb/>
rapiden Schwimmbewegungen.</p><lb/>
              <p>Das bei den Decapoden &#x017F;o &#x017F;ehr ausgeprägte<lb/>
Rücken&#x017F;child finden wir hier auf eine horizontale,<lb/>
fa&#x017F;t vier&#x017F;eitige Platte reducirt. Es läßt &#x017F;owohl<lb/>
die vorderen Theile als die vier hinteren Ringe<lb/>
des Kopfbru&#x017F;t&#x017F;tückes frei und mithin &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändig<lb/>
beweglich. Die großen kurzen <hi rendition="#g">Augen</hi> &#x017F;ind auf<lb/>
einem vorder&#x017F;ten, beweglichen Ringe eingepflanzt,<lb/>
auf welchen ein die inneren <hi rendition="#g">Fühlhörner</hi> tragen-<lb/>
der Ring folgt. Jhr dünner, dreigliedriger Stiel<lb/>
trägt drei Geißeln. An den unter dem Rücken-<lb/>
&#x017F;childe wurzelnden äußeren Fühlern fällt uns<lb/>
eine lange, dem Stiele angehörige Schuppe auf.<lb/>
Die &#x017F;ie umgebenden Lippen und die den Ober-<lb/>
und Unterkiefern des Flußkreb&#x017F;es ent&#x017F;prechenden<lb/><hi rendition="#g">Mundtheile</hi> können nur an fri&#x017F;chen oder in<lb/>
Spiritus aufbewahrten, nicht an getrockneten<lb/>
Exemplaren in ihren Einzelheiten erkannt wer-<lb/>
den, &#x017F;ind auch wenig abweichend. Dagegen i&#x017F;t<lb/>
die Zahl der Hilfskiefer oder <hi rendition="#g">Kieferfüße</hi> durch<lb/>
Heranziehen der beiden, dem er&#x017F;ten und zweiten<lb/>
Fußpaare der Zehnfüßer ent&#x017F;prechenden Glied-<lb/>
maßen auf fünf Paare vermehrt; die&#x017F;e alle, mit<lb/>
Ausnahme des er&#x017F;ten Paares, &#x017F;ind mit einem,<lb/>
wie eine Me&#x017F;&#x017F;erklinge einzu&#x017F;chlagenden Klauenglied<lb/>
ver&#x017F;ehen, und namentlich i&#x017F;t das eine der&#x017F;elben<lb/>
durch Länge und Stärke und durch die langen<lb/>
und &#x017F;pitzen Zähne der &#x017F;charfen Klinge ein aus-<lb/>
gezeichnetes Angriffs- und Greifwerkzeug gewor-<lb/>
den. Auch bei den Raubin&#x017F;ekten (<hi rendition="#aq">Mantis</hi> u. a.)<lb/>
kommen die&#x017F;e Greifbeine vor, kein anderes Glieder-<lb/>
thier aber hat eine &#x017F;olche ganze Reihe neben dem<lb/>
Munde &#x017F;tehen. Auf den &#x017F;chon freien, das heißt<lb/>
nicht mehr vom Rücken&#x017F;childe bedeckten Ring,<lb/>
welcher das letzte Hilfskieferpaar trägt, folgen drei<lb/>
&#x017F;tarke Ringe, deren Anhänge wiederum anders<lb/>
geformt &#x017F;ind und als Flo&#x017F;&#x017F;en und Beine verwendet<lb/>
werden. Der große Hinterleib i&#x017F;t aber das eigent-<lb/>
liche kräftige Bewegungs- und Ruderwerkzeug,<lb/>
mit einer breiten Flo&#x017F;&#x017F;er endigend. Die beinartigen<lb/>
Anhänge der fünf vorderen Ab&#x017F;chnitte die&#x017F;es<lb/>
Hinterleibes tragen bü&#x017F;chelförmige Kiemen. Jhre<lb/>
Ausdehnung ent&#x017F;pricht dem regen Blutumlauf<lb/>
und dem ge&#x017F;teigerten Athembedürfniß, welches &#x017F;ich bei &#x017F;o muskelkräftigen, lebhaften Thieren geltend<lb/>
macht, wie der Heu&#x017F;chreckenkrebs i&#x017F;t.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[648/0692] Zehnfüßige Krebſe. Langſchwänze. Maulfüßer. Spaltfüßer. Vordertheil enthält die Werkzeuge zum Erſpähen, Faſſen und Zerreißen der Beute, der Mittelkörper [Abbildung Leuchtkrebs (Leucifer). Nat. Größe 2½ Linie. d eine Drüſe. b Herz. ac große Schlagader. n Nervenſtrang.] trägt die Gangbeine, und der geſtreckte, mit brei- ter Floſſe anliegende Hinterkörper vermittelt die rapiden Schwimmbewegungen. Das bei den Decapoden ſo ſehr ausgeprägte Rückenſchild finden wir hier auf eine horizontale, faſt vierſeitige Platte reducirt. Es läßt ſowohl die vorderen Theile als die vier hinteren Ringe des Kopfbruſtſtückes frei und mithin ſelbſtſtändig beweglich. Die großen kurzen Augen ſind auf einem vorderſten, beweglichen Ringe eingepflanzt, auf welchen ein die inneren Fühlhörner tragen- der Ring folgt. Jhr dünner, dreigliedriger Stiel trägt drei Geißeln. An den unter dem Rücken- ſchilde wurzelnden äußeren Fühlern fällt uns eine lange, dem Stiele angehörige Schuppe auf. Die ſie umgebenden Lippen und die den Ober- und Unterkiefern des Flußkrebſes entſprechenden Mundtheile können nur an friſchen oder in Spiritus aufbewahrten, nicht an getrockneten Exemplaren in ihren Einzelheiten erkannt wer- den, ſind auch wenig abweichend. Dagegen iſt die Zahl der Hilfskiefer oder Kieferfüße durch Heranziehen der beiden, dem erſten und zweiten Fußpaare der Zehnfüßer entſprechenden Glied- maßen auf fünf Paare vermehrt; dieſe alle, mit Ausnahme des erſten Paares, ſind mit einem, wie eine Meſſerklinge einzuſchlagenden Klauenglied verſehen, und namentlich iſt das eine derſelben durch Länge und Stärke und durch die langen und ſpitzen Zähne der ſcharfen Klinge ein aus- gezeichnetes Angriffs- und Greifwerkzeug gewor- den. Auch bei den Raubinſekten (Mantis u. a.) kommen dieſe Greifbeine vor, kein anderes Glieder- thier aber hat eine ſolche ganze Reihe neben dem Munde ſtehen. Auf den ſchon freien, das heißt nicht mehr vom Rückenſchilde bedeckten Ring, welcher das letzte Hilfskieferpaar trägt, folgen drei ſtarke Ringe, deren Anhänge wiederum anders geformt ſind und als Floſſen und Beine verwendet werden. Der große Hinterleib iſt aber das eigent- liche kräftige Bewegungs- und Ruderwerkzeug, mit einer breiten Floſſer endigend. Die beinartigen Anhänge der fünf vorderen Abſchnitte dieſes Hinterleibes tragen büſchelförmige Kiemen. Jhre Ausdehnung entſpricht dem regen Blutumlauf und dem geſteigerten Athembedürfniß, welches ſich bei ſo muskelkräftigen, lebhaften Thieren geltend macht, wie der Heuſchreckenkrebs iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/692
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/692>, abgerufen am 28.03.2024.