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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Cyclostoma. Pomatias. Acme. Ampullaria.
keiten dieses Wunderthieres, wie er es nennt. "Das Thier ist äußerst schen. Bei der leisesten,
ihm ungewöhnlich dünkenden Berührung zieht es sich schnell in das Gehäus zurück und verschließt
es mit dem sehr festen, harten Deckel. Die Fühler sind durchaus nur contractil, nicht retractil
(zusammenziehbar, nicht zurückziehbar), denn es ist nicht die etwas abgestumpfte Spitze, welche bei
dem Einziehen zuerst verschwindet, sondern die Basis der Fühler, und wenn dieselben ganz
zusammengezogen sind, so sitzt die stumpfe Spitze auf der Stirn neben dem Auge auf. Die ring-
förmigen Runzeln der Fühler erleichtern auch das Zusammenziehen derselben ungemein. Die an
der äußeren Basis der Fühler sitzenden Augen sind nicht ganz klein und glänzend schwarz. --
Wenn das Thier, an einem feuchten Glase fortschreitend, die Feuchtigkeit aufsaugt, so scheint dabei
viel Luft mit eingesogen zu werden, denn die in den Mund geschlürfte Flüssigkeit theilt sich, wie
in einem heftigen Strudel, in zahlreiche Bläschen. Der ganze Kopf oder Rüssel ist oben sehr
scharf und regelmäßig ringförmig gerunzelt, unten um die Vertiefung des Mundes herum mehr
netzaderig-runzelig."

"Viele behaupten, daß das Fortschreiten dieses merkwürdigen Thieres durch abwechselndes,
spannmessendes Ansaugen des Rüssels und der Sohle geschehe. Es hat aber damit eine andre
Bewandtniß. Allerdings ist beim Fortschreiten -- denn man kann es ein wahres Schreiten nennen
-- der Rüssel durch Ansaugen mit thätig, aber nur untergeordnet. Die zwei wurstförmigen
Wulste, in die die Sohle durch eine tiefe Längsfurche getheilt ist, agiren wirklich wie zwei Füße.
Wenn das Thier an der inneren Seite des Glases sich bewegt, kann man sich davon deutlich
überzeugen. Sitzt das Thier ruhig, so sind beide Wülste an das Glas festgedrückt, und man
bemerkt die theilende Furche nur als eine Längslinie. Wenn es aber weiter will, so wird
allmälig die eine Wulst vom Glase gelöst, etwa um eine Linie vorgestreckt und dort auf das
Glas festgedrückt; hierauf wird die andre Wulst gelöst, nachgezogen, zugleich etwas über die
vorige hinausgeschoben und wieder festgedrückt, und somit ist ein Schritt (eigentlich zwei) zurück-
gelegt. Diese Bewegung geht aber ziemlich langsam vor sich, und es steht das Thier in Schnellig-
keit den Schnirkelschnecken weit nach. Was nun die Thätigkeit des Rüssels hierbei betrifft, so ist
nicht zu leugnen, daß das Thier beim Gehen sehr häufig mit demselben auf der Fläche,
auf der es hinkriecht, sich festsaugt und dadurch das Gehen erleichtert, allein wesentlich
scheint dieß seine Funktion dabei nicht zu sein, da ich auch oft Schritte der beiden Wülste thun
sah. Beim Schließen des Gehäuses mit dem Deckel, der beim Gehen hinten auf dem Fuße liegt,
verfährt es wie andere Deckelschnecken, d. h. es bricht die Sohle unten in die Quere zusammen,
so daß die beiden Sohlenhälften auf einander zu liegen kommen und zieht sich dann zurück, wobei
nothwendig der Deckel in die Mündung paßt."

"Hinsichtlich seiner Lebhaftigkeit habe ich in meinen Behältern das Gegentheil von den
Schnirkelschnecken beobachtet, es sind nämlich alle meine Cyclostomen den Tag über munter und
lebendig, ruhen dagegen in ihrem wohlverschlossenen Gehäuse des Abends."

Von den verwandten Gattungen sei nur die südeuropäische Pomatias angeführt, mit thurm-
förmigem, gerippten Gehäuse. Aus der Familie der Heliciniden mit der artenreichen
Helicina u. a. Gattungen besitzt Europa gar nichts, wohl aber aus einer dritten, den Aciculiden,
vier Arten der Gattung Acme, Spitzschnecke. Diese haben ein kleines thurmförmiges, beinahe
cylindrisches Gehäus mit dünnem, durchsichtigen Deckel. Das Thier hat zwei schlanke cylindrische
Fühler, an deren Wurzel hinten die Augen liegen. Es sind kleine niedliche Schneckchen, einige
Linien hoch, welche unter Blättern und Moos am Boden leben, am liebsten an den Wurzeln
von Gesträuchen.

Auch Ampullaria ist ein Bindeglied zwischen den Lungenschnecken und der folgenden Ordnung,
neigt sich aber noch weiter zur letzteren hin, indem diese Gattung Lungen und Kiemen zugleich
besitzt, also abwechselnd für die Luft- und Wasserathmung geeignet ist. Von den über 50 Arten

Cycloſtoma. Pomatias. Acme. Ampullaria.
keiten dieſes Wunderthieres, wie er es nennt. „Das Thier iſt äußerſt ſchen. Bei der leiſeſten,
ihm ungewöhnlich dünkenden Berührung zieht es ſich ſchnell in das Gehäus zurück und verſchließt
es mit dem ſehr feſten, harten Deckel. Die Fühler ſind durchaus nur contractil, nicht retractil
(zuſammenziehbar, nicht zurückziehbar), denn es iſt nicht die etwas abgeſtumpfte Spitze, welche bei
dem Einziehen zuerſt verſchwindet, ſondern die Baſis der Fühler, und wenn dieſelben ganz
zuſammengezogen ſind, ſo ſitzt die ſtumpfe Spitze auf der Stirn neben dem Auge auf. Die ring-
förmigen Runzeln der Fühler erleichtern auch das Zuſammenziehen derſelben ungemein. Die an
der äußeren Baſis der Fühler ſitzenden Augen ſind nicht ganz klein und glänzend ſchwarz. —
Wenn das Thier, an einem feuchten Glaſe fortſchreitend, die Feuchtigkeit aufſaugt, ſo ſcheint dabei
viel Luft mit eingeſogen zu werden, denn die in den Mund geſchlürfte Flüſſigkeit theilt ſich, wie
in einem heftigen Strudel, in zahlreiche Bläschen. Der ganze Kopf oder Rüſſel iſt oben ſehr
ſcharf und regelmäßig ringförmig gerunzelt, unten um die Vertiefung des Mundes herum mehr
netzaderig-runzelig.“

„Viele behaupten, daß das Fortſchreiten dieſes merkwürdigen Thieres durch abwechſelndes,
ſpannmeſſendes Anſaugen des Rüſſels und der Sohle geſchehe. Es hat aber damit eine andre
Bewandtniß. Allerdings iſt beim Fortſchreiten — denn man kann es ein wahres Schreiten nennen
— der Rüſſel durch Anſaugen mit thätig, aber nur untergeordnet. Die zwei wurſtförmigen
Wulſte, in die die Sohle durch eine tiefe Längsfurche getheilt iſt, agiren wirklich wie zwei Füße.
Wenn das Thier an der inneren Seite des Glaſes ſich bewegt, kann man ſich davon deutlich
überzeugen. Sitzt das Thier ruhig, ſo ſind beide Wülſte an das Glas feſtgedrückt, und man
bemerkt die theilende Furche nur als eine Längslinie. Wenn es aber weiter will, ſo wird
allmälig die eine Wulſt vom Glaſe gelöſt, etwa um eine Linie vorgeſtreckt und dort auf das
Glas feſtgedrückt; hierauf wird die andre Wulſt gelöſt, nachgezogen, zugleich etwas über die
vorige hinausgeſchoben und wieder feſtgedrückt, und ſomit iſt ein Schritt (eigentlich zwei) zurück-
gelegt. Dieſe Bewegung geht aber ziemlich langſam vor ſich, und es ſteht das Thier in Schnellig-
keit den Schnirkelſchnecken weit nach. Was nun die Thätigkeit des Rüſſels hierbei betrifft, ſo iſt
nicht zu leugnen, daß das Thier beim Gehen ſehr häufig mit demſelben auf der Fläche,
auf der es hinkriecht, ſich feſtſaugt und dadurch das Gehen erleichtert, allein weſentlich
ſcheint dieß ſeine Funktion dabei nicht zu ſein, da ich auch oft Schritte der beiden Wülſte thun
ſah. Beim Schließen des Gehäuſes mit dem Deckel, der beim Gehen hinten auf dem Fuße liegt,
verfährt es wie andere Deckelſchnecken, d. h. es bricht die Sohle unten in die Quere zuſammen,
ſo daß die beiden Sohlenhälften auf einander zu liegen kommen und zieht ſich dann zurück, wobei
nothwendig der Deckel in die Mündung paßt.“

„Hinſichtlich ſeiner Lebhaftigkeit habe ich in meinen Behältern das Gegentheil von den
Schnirkelſchnecken beobachtet, es ſind nämlich alle meine Cycloſtomen den Tag über munter und
lebendig, ruhen dagegen in ihrem wohlverſchloſſenen Gehäuſe des Abends.“

Von den verwandten Gattungen ſei nur die ſüdeuropäiſche Pomatias angeführt, mit thurm-
förmigem, gerippten Gehäuſe. Aus der Familie der Heliciniden mit der artenreichen
Helicina u. a. Gattungen beſitzt Europa gar nichts, wohl aber aus einer dritten, den Aciculiden,
vier Arten der Gattung Acme, Spitzſchnecke. Dieſe haben ein kleines thurmförmiges, beinahe
cylindriſches Gehäus mit dünnem, durchſichtigen Deckel. Das Thier hat zwei ſchlanke cylindriſche
Fühler, an deren Wurzel hinten die Augen liegen. Es ſind kleine niedliche Schneckchen, einige
Linien hoch, welche unter Blättern und Moos am Boden leben, am liebſten an den Wurzeln
von Geſträuchen.

Auch Ampullaria iſt ein Bindeglied zwiſchen den Lungenſchnecken und der folgenden Ordnung,
neigt ſich aber noch weiter zur letzteren hin, indem dieſe Gattung Lungen und Kiemen zugleich
beſitzt, alſo abwechſelnd für die Luft- und Waſſerathmung geeignet iſt. Von den über 50 Arten

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[813/0861] Cycloſtoma. Pomatias. Acme. Ampullaria. keiten dieſes Wunderthieres, wie er es nennt. „Das Thier iſt äußerſt ſchen. Bei der leiſeſten, ihm ungewöhnlich dünkenden Berührung zieht es ſich ſchnell in das Gehäus zurück und verſchließt es mit dem ſehr feſten, harten Deckel. Die Fühler ſind durchaus nur contractil, nicht retractil (zuſammenziehbar, nicht zurückziehbar), denn es iſt nicht die etwas abgeſtumpfte Spitze, welche bei dem Einziehen zuerſt verſchwindet, ſondern die Baſis der Fühler, und wenn dieſelben ganz zuſammengezogen ſind, ſo ſitzt die ſtumpfe Spitze auf der Stirn neben dem Auge auf. Die ring- förmigen Runzeln der Fühler erleichtern auch das Zuſammenziehen derſelben ungemein. Die an der äußeren Baſis der Fühler ſitzenden Augen ſind nicht ganz klein und glänzend ſchwarz. — Wenn das Thier, an einem feuchten Glaſe fortſchreitend, die Feuchtigkeit aufſaugt, ſo ſcheint dabei viel Luft mit eingeſogen zu werden, denn die in den Mund geſchlürfte Flüſſigkeit theilt ſich, wie in einem heftigen Strudel, in zahlreiche Bläschen. Der ganze Kopf oder Rüſſel iſt oben ſehr ſcharf und regelmäßig ringförmig gerunzelt, unten um die Vertiefung des Mundes herum mehr netzaderig-runzelig.“ „Viele behaupten, daß das Fortſchreiten dieſes merkwürdigen Thieres durch abwechſelndes, ſpannmeſſendes Anſaugen des Rüſſels und der Sohle geſchehe. Es hat aber damit eine andre Bewandtniß. Allerdings iſt beim Fortſchreiten — denn man kann es ein wahres Schreiten nennen — der Rüſſel durch Anſaugen mit thätig, aber nur untergeordnet. Die zwei wurſtförmigen Wulſte, in die die Sohle durch eine tiefe Längsfurche getheilt iſt, agiren wirklich wie zwei Füße. Wenn das Thier an der inneren Seite des Glaſes ſich bewegt, kann man ſich davon deutlich überzeugen. Sitzt das Thier ruhig, ſo ſind beide Wülſte an das Glas feſtgedrückt, und man bemerkt die theilende Furche nur als eine Längslinie. Wenn es aber weiter will, ſo wird allmälig die eine Wulſt vom Glaſe gelöſt, etwa um eine Linie vorgeſtreckt und dort auf das Glas feſtgedrückt; hierauf wird die andre Wulſt gelöſt, nachgezogen, zugleich etwas über die vorige hinausgeſchoben und wieder feſtgedrückt, und ſomit iſt ein Schritt (eigentlich zwei) zurück- gelegt. Dieſe Bewegung geht aber ziemlich langſam vor ſich, und es ſteht das Thier in Schnellig- keit den Schnirkelſchnecken weit nach. Was nun die Thätigkeit des Rüſſels hierbei betrifft, ſo iſt nicht zu leugnen, daß das Thier beim Gehen ſehr häufig mit demſelben auf der Fläche, auf der es hinkriecht, ſich feſtſaugt und dadurch das Gehen erleichtert, allein weſentlich ſcheint dieß ſeine Funktion dabei nicht zu ſein, da ich auch oft Schritte der beiden Wülſte thun ſah. Beim Schließen des Gehäuſes mit dem Deckel, der beim Gehen hinten auf dem Fuße liegt, verfährt es wie andere Deckelſchnecken, d. h. es bricht die Sohle unten in die Quere zuſammen, ſo daß die beiden Sohlenhälften auf einander zu liegen kommen und zieht ſich dann zurück, wobei nothwendig der Deckel in die Mündung paßt.“ „Hinſichtlich ſeiner Lebhaftigkeit habe ich in meinen Behältern das Gegentheil von den Schnirkelſchnecken beobachtet, es ſind nämlich alle meine Cycloſtomen den Tag über munter und lebendig, ruhen dagegen in ihrem wohlverſchloſſenen Gehäuſe des Abends.“ Von den verwandten Gattungen ſei nur die ſüdeuropäiſche Pomatias angeführt, mit thurm- förmigem, gerippten Gehäuſe. Aus der Familie der Heliciniden mit der artenreichen Helicina u. a. Gattungen beſitzt Europa gar nichts, wohl aber aus einer dritten, den Aciculiden, vier Arten der Gattung Acme, Spitzſchnecke. Dieſe haben ein kleines thurmförmiges, beinahe cylindriſches Gehäus mit dünnem, durchſichtigen Deckel. Das Thier hat zwei ſchlanke cylindriſche Fühler, an deren Wurzel hinten die Augen liegen. Es ſind kleine niedliche Schneckchen, einige Linien hoch, welche unter Blättern und Moos am Boden leben, am liebſten an den Wurzeln von Geſträuchen. Auch Ampullaria iſt ein Bindeglied zwiſchen den Lungenſchnecken und der folgenden Ordnung, neigt ſich aber noch weiter zur letzteren hin, indem dieſe Gattung Lungen und Kiemen zugleich beſitzt, alſo abwechſelnd für die Luft- und Waſſerathmung geeignet iſt. Von den über 50 Arten

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/861>, abgerufen am 28.03.2024.