Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Ton.
Die erst bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu drücken
Die Cörper, so da um sie seyn;
Die Würckung aber ist verschiedlich, insgemein.
Durch Trummel-Schläg' erzittern Fenster-Scheiben,
Die auf gewisse Weit' entfernet bleiben;
Da sie ein stärckrer Ton im mindsten nicht bewegt.
Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait' erregt:
Wodurch man alsobald verspürt,
Daß eine andere sich gleichfalls rührt.
Die denn, wofern man sie in selben Ton gestimmt,
Erbebt und unberührt auch gleichen Ton annimmt.


Viel Oerter finden sich, die nie zurücke lencken
Die Töne, die wir in sie sencken:
Und andere, worinn also die Töne fallen;
Daß selbe, wiederholt, zum öfftern rückwerts prallen.
Viel Hölen giebts, worinn die Töne gleichsam sterben,
Und, als verschluckt, ohn Gegenklang verderben.
Noch giebt es andre Hölen,
Die, was man ihnen sagt, gedoppelt uns erzehlen.
Auch Grotten, Felsen, Stein', in die der Ton sich senckt,
Sich recht zusammen presst und rückwerts lenckt,
Ja eben, wie man ihn formirt,
Uns, öffters wiederholt, wird wieder zugeführt.


Hiedurch belebet sich die Fabel auf das neu,
Wir wissen nun, welch' eine Stimm' es sey,
Die, wie man spricht, so ängstlich sich beklaget.
Die
Von dem Ton.
Die erſt bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu druͤcken
Die Coͤrper, ſo da um ſie ſeyn;
Die Wuͤrckung aber iſt verſchiedlich, insgemein.
Durch Trummel-Schlaͤg’ erzittern Fenſter-Scheiben,
Die auf gewiſſe Weit’ entfernet bleiben;
Da ſie ein ſtaͤrckrer Ton im mindſten nicht bewegt.
Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait’ erregt:
Wodurch man alſobald verſpuͤrt,
Daß eine andere ſich gleichfalls ruͤhrt.
Die denn, wofern man ſie in ſelben Ton geſtimmt,
Erbebt und unberuͤhrt auch gleichen Ton annimmt.


Viel Oerter finden ſich, die nie zuruͤcke lencken
Die Toͤne, die wir in ſie ſencken:
Und andere, worinn alſo die Toͤne fallen;
Daß ſelbe, wiederholt, zum oͤfftern ruͤckwerts prallen.
Viel Hoͤlen giebts, worinn die Toͤne gleichſam ſterben,
Und, als verſchluckt, ohn Gegenklang verderben.
Noch giebt es andre Hoͤlen,
Die, was man ihnen ſagt, gedoppelt uns erzehlen.
Auch Grotten, Felſen, Stein’, in die der Ton ſich ſenckt,
Sich recht zuſammen preſſt und ruͤckwerts lenckt,
Ja eben, wie man ihn formirt,
Uns, oͤffters wiederholt, wird wieder zugefuͤhrt.


Hiedurch belebet ſich die Fabel auf das neu,
Wir wiſſen nun, welch’ eine Stimm’ es ſey,
Die, wie man ſpricht, ſo aͤngſtlich ſich beklaget.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0395" n="365"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Ton.</hi> </fw><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Die er&#x017F;t bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu dru&#x0364;cken</l><lb/>
                <l>Die Co&#x0364;rper, &#x017F;o da um &#x017F;ie &#x017F;eyn;</l><lb/>
                <l>Die Wu&#x0364;rckung aber i&#x017F;t ver&#x017F;chiedlich, insgemein.</l><lb/>
                <l>Durch Trummel-Schla&#x0364;g&#x2019; erzittern Fen&#x017F;ter-Scheiben,</l><lb/>
                <l>Die auf gewi&#x017F;&#x017F;e Weit&#x2019; entfernet bleiben;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ie ein &#x017F;ta&#x0364;rckrer Ton im mind&#x017F;ten nicht bewegt.</l><lb/>
                <l>Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait&#x2019; erregt:</l><lb/>
                <l>Wodurch man al&#x017F;obald ver&#x017F;pu&#x0364;rt,</l><lb/>
                <l>Daß eine andere &#x017F;ich gleichfalls ru&#x0364;hrt.</l><lb/>
                <l>Die denn, wofern man &#x017F;ie in &#x017F;elben Ton ge&#x017F;timmt,</l><lb/>
                <l>Erbebt und unberu&#x0364;hrt auch gleichen Ton annimmt.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">V</hi>iel Oerter finden &#x017F;ich, die nie zuru&#x0364;cke lencken</l><lb/>
                <l>Die To&#x0364;ne, die wir in &#x017F;ie &#x017F;encken:</l><lb/>
                <l>Und andere, worinn al&#x017F;o die To&#x0364;ne fallen;</l><lb/>
                <l>Daß &#x017F;elbe, wiederholt, zum o&#x0364;fftern ru&#x0364;ckwerts prallen.</l><lb/>
                <l>Viel Ho&#x0364;len giebts, worinn die To&#x0364;ne gleich&#x017F;am &#x017F;terben,</l><lb/>
                <l>Und, als ver&#x017F;chluckt, ohn Gegenklang verderben.</l><lb/>
                <l>Noch giebt es andre Ho&#x0364;len,</l><lb/>
                <l>Die, was man ihnen &#x017F;agt, gedoppelt uns erzehlen.</l><lb/>
                <l>Auch Grotten, Fel&#x017F;en, Stein&#x2019;, in die der Ton &#x017F;ich &#x017F;enckt,</l><lb/>
                <l>Sich recht zu&#x017F;ammen pre&#x017F;&#x017F;t und ru&#x0364;ckwerts lenckt,</l><lb/>
                <l>Ja eben, wie man ihn formirt,</l><lb/>
                <l>Uns, o&#x0364;ffters wiederholt, wird wieder zugefu&#x0364;hrt.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">H</hi>iedurch belebet &#x017F;ich die Fabel auf das neu,</l><lb/>
                <l>Wir wi&#x017F;&#x017F;en nun, welch&#x2019; eine Stimm&#x2019; es &#x017F;ey,</l><lb/>
                <l>Die, wie man &#x017F;pricht, &#x017F;o a&#x0364;ng&#x017F;tlich &#x017F;ich beklaget.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0395] Von dem Ton. Die erſt bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu druͤcken Die Coͤrper, ſo da um ſie ſeyn; Die Wuͤrckung aber iſt verſchiedlich, insgemein. Durch Trummel-Schlaͤg’ erzittern Fenſter-Scheiben, Die auf gewiſſe Weit’ entfernet bleiben; Da ſie ein ſtaͤrckrer Ton im mindſten nicht bewegt. Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait’ erregt: Wodurch man alſobald verſpuͤrt, Daß eine andere ſich gleichfalls ruͤhrt. Die denn, wofern man ſie in ſelben Ton geſtimmt, Erbebt und unberuͤhrt auch gleichen Ton annimmt. Viel Oerter finden ſich, die nie zuruͤcke lencken Die Toͤne, die wir in ſie ſencken: Und andere, worinn alſo die Toͤne fallen; Daß ſelbe, wiederholt, zum oͤfftern ruͤckwerts prallen. Viel Hoͤlen giebts, worinn die Toͤne gleichſam ſterben, Und, als verſchluckt, ohn Gegenklang verderben. Noch giebt es andre Hoͤlen, Die, was man ihnen ſagt, gedoppelt uns erzehlen. Auch Grotten, Felſen, Stein’, in die der Ton ſich ſenckt, Sich recht zuſammen preſſt und ruͤckwerts lenckt, Ja eben, wie man ihn formirt, Uns, oͤffters wiederholt, wird wieder zugefuͤhrt. Hiedurch belebet ſich die Fabel auf das neu, Wir wiſſen nun, welch’ eine Stimm’ es ſey, Die, wie man ſpricht, ſo aͤngſtlich ſich beklaget. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/395
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/395>, abgerufen am 25.04.2024.