Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Schonkilje.
Ach! wie lieblich riecht es hier? welch ein holder Vor-
wurff haucht
Mosch, Ziebeth und Bisam aus? welche balsamirte
Düffte,
Welch ambrirte süsse Theilchen füllen hier die lauen Lüffte?
Scheint es nicht daß aller Orten ein unsichtbar Rauch-Faß
raucht?
Solche Fragen, solche Seuffzer! die durch Lust offt unter-
brochen,
Hatt' ich schnauffend kaum gethan, kaum die Wörter aus-
gesprochen,
Als ich hinter mir ein Beet blühender Schonkiljen sah'.
Kaum hatt' ich ihr strahlend Gold, kaum ihr funckelnd Grün
erblicket,
Als mein innerstes, durchs Auge, wie durch den Geruch
vorhin,
Jnniglich gerührt, vergnüget, lieblich angestrahlt, erquickt,
Und fast halb entzücket ward. Dem für Lust erstaunten Sinn
Ließ der reich beblühmte Platz, voller Anmuht, wunderschön,
Als am grünen Firmamente tausend gülden Sterne sehn,
Deren Prangen Form und Farben, nebst dem Schimmer-
reichen Gläntzen,
Deren angenehmes Feur, voll von holden Jnfluentzen,
Deren Lieblichkeit und Menge, deren Anmuhts-reichen Pracht,
So
O o 2


Die Schonkilje.
Ach! wie lieblich riecht es hier? welch ein holder Vor-
wurff haucht
Moſch, Ziebeth und Biſam aus? welche balſamirte
Duͤffte,
Welch ambrirte ſuͤſſe Theilchen fuͤllen hier die lauen Luͤffte?
Scheint es nicht daß aller Orten ein unſichtbar Rauch-Faß
raucht?
Solche Fragen, ſolche Seuffzer! die durch Luſt offt unter-
brochen,
Hatt’ ich ſchnauffend kaum gethan, kaum die Woͤrter aus-
geſprochen,
Als ich hinter mir ein Beet bluͤhender Schonkiljen ſah’.
Kaum hatt’ ich ihr ſtrahlend Gold, kaum ihr funckelnd Gruͤn
erblicket,
Als mein innerſtes, durchs Auge, wie durch den Geruch
vorhin,
Jnniglich geruͤhrt, vergnuͤget, lieblich angeſtrahlt, erquickt,
Und faſt halb entzuͤcket ward. Dem fuͤr Luſt erſtaunten Sinn
Ließ der reich bebluͤhmte Platz, voller Anmuht, wunderſchoͤn,
Als am gruͤnen Firmamente tauſend guͤlden Sterne ſehn,
Deren Prangen Form und Farben, nebſt dem Schimmer-
reichen Glaͤntzen,
Deren angenehmes Feur, voll von holden Jnfluentzen,
Deren Lieblichkeit und Menge, deren Anmuhts-reichen Pracht,
So
O o 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0609" n="[579]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Schonkilje.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>ch! wie lieblich riecht es hier? welch ein holder Vor-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wurff haucht</hi> </l><lb/>
            <l>Mo&#x017F;ch, Ziebeth und Bi&#x017F;am aus? welche bal&#x017F;amirte</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Du&#x0364;ffte,</hi> </l><lb/>
            <l>Welch ambrirte &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Theilchen fu&#x0364;llen hier die lauen Lu&#x0364;ffte?</l><lb/>
            <l>Scheint es nicht daß aller Orten ein un&#x017F;ichtbar Rauch-Faß</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">raucht?</hi> </l><lb/>
            <l>Solche Fragen, &#x017F;olche Seuffzer! die durch Lu&#x017F;t offt unter-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">brochen,</hi> </l><lb/>
            <l>Hatt&#x2019; ich &#x017F;chnauffend kaum gethan, kaum die Wo&#x0364;rter aus-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ge&#x017F;prochen,</hi> </l><lb/>
            <l>Als ich hinter mir ein Beet blu&#x0364;hender Schonkiljen &#x017F;ah&#x2019;.</l><lb/>
            <l>Kaum hatt&#x2019; ich ihr &#x017F;trahlend Gold, kaum ihr funckelnd Gru&#x0364;n</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">erblicket,</hi> </l><lb/>
            <l>Als mein inner&#x017F;tes, durchs Auge, wie durch den Geruch</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">vorhin,</hi> </l><lb/>
            <l>Jnniglich geru&#x0364;hrt, vergnu&#x0364;get, lieblich ange&#x017F;trahlt, erquickt,</l><lb/>
            <l>Und fa&#x017F;t halb entzu&#x0364;cket ward. Dem fu&#x0364;r Lu&#x017F;t er&#x017F;taunten Sinn</l><lb/>
            <l>Ließ der reich beblu&#x0364;hmte Platz, voller Anmuht, wunder&#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Als am gru&#x0364;nen Firmamente tau&#x017F;end gu&#x0364;lden Sterne &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Deren Prangen Form und Farben, neb&#x017F;t dem Schimmer-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">reichen Gla&#x0364;ntzen,</hi> </l><lb/>
            <l>Deren angenehmes Feur, voll von holden Jnfluentzen,</l><lb/>
            <l>Deren Lieblichkeit und Menge, deren Anmuhts-reichen Pracht,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">O o 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[579]/0609] Die Schonkilje. Ach! wie lieblich riecht es hier? welch ein holder Vor- wurff haucht Moſch, Ziebeth und Biſam aus? welche balſamirte Duͤffte, Welch ambrirte ſuͤſſe Theilchen fuͤllen hier die lauen Luͤffte? Scheint es nicht daß aller Orten ein unſichtbar Rauch-Faß raucht? Solche Fragen, ſolche Seuffzer! die durch Luſt offt unter- brochen, Hatt’ ich ſchnauffend kaum gethan, kaum die Woͤrter aus- geſprochen, Als ich hinter mir ein Beet bluͤhender Schonkiljen ſah’. Kaum hatt’ ich ihr ſtrahlend Gold, kaum ihr funckelnd Gruͤn erblicket, Als mein innerſtes, durchs Auge, wie durch den Geruch vorhin, Jnniglich geruͤhrt, vergnuͤget, lieblich angeſtrahlt, erquickt, Und faſt halb entzuͤcket ward. Dem fuͤr Luſt erſtaunten Sinn Ließ der reich bebluͤhmte Platz, voller Anmuht, wunderſchoͤn, Als am gruͤnen Firmamente tauſend guͤlden Sterne ſehn, Deren Prangen Form und Farben, nebſt dem Schimmer- reichen Glaͤntzen, Deren angenehmes Feur, voll von holden Jnfluentzen, Deren Lieblichkeit und Menge, deren Anmuhts-reichen Pracht, So O o 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/609
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. [579]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/609>, abgerufen am 29.03.2024.