Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Englisch Gras.
Bewundere mein Hertz, wie mancherley
Die Art, nur bloß von Grase, sey.
Verschiedner andern zu geschweigen;
So rührt ein Gras, so Englisch wird genannt,
(Weil Engelland es uns zum ersten zugesandt,)
Mit grossem Recht durchs Auge den Verstand.
Es ist von diesem Gras ein jedes Blat,
Nicht wie das Gras sonst, dünn' und platt;
Nein, es ist dicker, und so fein,
Daß fast nichts zierlicher kan seyn.
Die schöne Bluhme, die es träget,
Verdienet, daß man sie beschauet und erweget,
Ein' jegliche besteht aus vielen,
Jn welchen gris de lin und blasser Purpur spielen.
Fünf Saamen-Körnerchen erblicket man in ihr,
Jn einer süssen Farben Zier
Vom schönsten Seladon, die auf ein bleiches grün
Sich aber, wenn sie reiffen, ziehn.
Der Stengel ist, verwunderlich formieret,
Mit zarten Spitzen ausgezieret,
Die fast unzählig sind, woran man eine Haut,
Die, welches fremd und seltsam lässt,
An ihrem Stengel gar nicht fest,
Jndem der obre Theil des Stengels in ihr stecket,
Als wie vom Futteral bedecket.
Jn
Engliſch Gras.
Bewundere mein Hertz, wie mancherley
Die Art, nur bloß von Graſe, ſey.
Verſchiedner andern zu geſchweigen;
So ruͤhrt ein Gras, ſo Engliſch wird genannt,
(Weil Engelland es uns zum erſten zugeſandt,)
Mit groſſem Recht durchs Auge den Verſtand.
Es iſt von dieſem Gras ein jedes Blat,
Nicht wie das Gras ſonſt, duͤnn’ und platt;
Nein, es iſt dicker, und ſo fein,
Daß faſt nichts zierlicher kan ſeyn.
Die ſchoͤne Bluhme, die es traͤget,
Verdienet, daß man ſie beſchauet und erweget,
Ein’ jegliche beſteht aus vielen,
Jn welchen gris de lin und blaſſer Purpur ſpielen.
Fuͤnf Saamen-Koͤrnerchen erblicket man in ihr,
Jn einer ſuͤſſen Farben Zier
Vom ſchoͤnſten Seladon, die auf ein bleiches gruͤn
Sich aber, wenn ſie reiffen, ziehn.
Der Stengel iſt, verwunderlich formieret,
Mit zarten Spitzen ausgezieret,
Die faſt unzaͤhlig ſind, woran man eine Haut,
Die, welches fremd und ſeltſam laͤſſt,
An ihrem Stengel gar nicht feſt,
Jndem der obre Theil des Stengels in ihr ſtecket,
Als wie vom Futteral bedecket.
Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0632" n="602"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Engli&#x017F;ch Gras.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">B</hi>ewundere mein Hertz, wie mancherley</l><lb/>
            <l>Die Art, nur bloß von Gra&#x017F;e, &#x017F;ey.</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chiedner andern zu ge&#x017F;chweigen;</l><lb/>
            <l>So ru&#x0364;hrt ein Gras, &#x017F;o Engli&#x017F;ch wird genannt,</l><lb/>
            <l>(Weil Engelland es uns zum er&#x017F;ten zuge&#x017F;andt,)</l><lb/>
            <l>Mit gro&#x017F;&#x017F;em Recht durchs Auge den Ver&#x017F;tand.</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t von die&#x017F;em Gras ein jedes Blat,</l><lb/>
            <l>Nicht wie das Gras &#x017F;on&#x017F;t, du&#x0364;nn&#x2019; und platt;</l><lb/>
            <l>Nein, es i&#x017F;t dicker, und &#x017F;o fein,</l><lb/>
            <l>Daß fa&#x017F;t nichts zierlicher kan &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;cho&#x0364;ne Bluhme, die es tra&#x0364;get,</l><lb/>
            <l>Verdienet, daß man &#x017F;ie be&#x017F;chauet und erweget,</l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; jegliche be&#x017F;teht aus vielen,</l><lb/>
            <l>Jn welchen <hi rendition="#aq">gris de lin</hi> und bla&#x017F;&#x017F;er Purpur &#x017F;pielen.</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;nf Saamen-Ko&#x0364;rnerchen erblicket man in ihr,</l><lb/>
            <l>Jn einer &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Farben Zier</l><lb/>
            <l>Vom &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Seladon, die auf ein bleiches gru&#x0364;n</l><lb/>
            <l>Sich aber, wenn &#x017F;ie reiffen, ziehn.</l><lb/>
            <l>Der Stengel i&#x017F;t, verwunderlich formieret,</l><lb/>
            <l>Mit zarten Spitzen ausgezieret,</l><lb/>
            <l>Die fa&#x017F;t unza&#x0364;hlig &#x017F;ind, woran man eine Haut,</l><lb/>
            <l>Die, welches fremd und &#x017F;elt&#x017F;am la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>An ihrem Stengel gar nicht fe&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Jndem der obre Theil des Stengels in ihr &#x017F;tecket,</l><lb/>
            <l>Als wie vom Futteral bedecket.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[602/0632] Engliſch Gras. Bewundere mein Hertz, wie mancherley Die Art, nur bloß von Graſe, ſey. Verſchiedner andern zu geſchweigen; So ruͤhrt ein Gras, ſo Engliſch wird genannt, (Weil Engelland es uns zum erſten zugeſandt,) Mit groſſem Recht durchs Auge den Verſtand. Es iſt von dieſem Gras ein jedes Blat, Nicht wie das Gras ſonſt, duͤnn’ und platt; Nein, es iſt dicker, und ſo fein, Daß faſt nichts zierlicher kan ſeyn. Die ſchoͤne Bluhme, die es traͤget, Verdienet, daß man ſie beſchauet und erweget, Ein’ jegliche beſteht aus vielen, Jn welchen gris de lin und blaſſer Purpur ſpielen. Fuͤnf Saamen-Koͤrnerchen erblicket man in ihr, Jn einer ſuͤſſen Farben Zier Vom ſchoͤnſten Seladon, die auf ein bleiches gruͤn Sich aber, wenn ſie reiffen, ziehn. Der Stengel iſt, verwunderlich formieret, Mit zarten Spitzen ausgezieret, Die faſt unzaͤhlig ſind, woran man eine Haut, Die, welches fremd und ſeltſam laͤſſt, An ihrem Stengel gar nicht feſt, Jndem der obre Theil des Stengels in ihr ſtecket, Als wie vom Futteral bedecket. Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/632
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/632>, abgerufen am 25.04.2024.