Ob wir nun gleich nach Möglichkeit verneinen, daß auch sie bey Thieren Vorhanden, sind sie doch bey jenen, nur etwas minder klar, zu spüren. Nun werden wir im Reich der Thiere, nebst mehr be- wundernswerthen Gaben, Vor allen andern, die Bewegung, an ihnen zu betrach- ten haben, Wodurch sie, auf so manche Weise, die fast nicht zähl- bar, liegen, stehn, Den Ort verändern, kriechen, springen, sich wenden, schwimmen, fliegen, gehn, Was sie verlangen, schnell verfolgen, was ihnen dien- lich, zu sich ziehn, Hingegen dem, was ihnen schädlich und sie verfolget, schnell entfliehn. Doch welcher kann von allen Arten, von den Bewegun- gen im Leben, Sowohl der Menschen, als der Thiere, ein ordentlich Register geben? Wie viel unzählige Bewegung von unsrer Hand allein ge- schehn, Davon kann im Gedicht, die Hand, man eine kleine Probe sehn. Doch wollen wir, auf welche Weise dieß Wunderwerk geschieht, betrachten, Und auf die Wege der Natur im Thierreich beym Bewe- gen achten, So weit wir durch des Geistes Licht in diese Handlung dringen können. So viel wir vom Bewegungswerk bisher begreifen und verstehn, Geschieht sie durch der Mäuslein Hülf, die man sonst Muskeln pflegt zu nennen,
Und
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uͤber das Reich der Thiere.
Ob wir nun gleich nach Moͤglichkeit verneinen, daß auch ſie bey Thieren Vorhanden, ſind ſie doch bey jenen, nur etwas minder klar, zu ſpuͤren. Nun werden wir im Reich der Thiere, nebſt mehr be- wundernswerthen Gaben, Vor allen andern, die Bewegung, an ihnen zu betrach- ten haben, Wodurch ſie, auf ſo manche Weiſe, die faſt nicht zaͤhl- bar, liegen, ſtehn, Den Ort veraͤndern, kriechen, ſpringen, ſich wenden, ſchwimmen, fliegen, gehn, Was ſie verlangen, ſchnell verfolgen, was ihnen dien- lich, zu ſich ziehn, Hingegen dem, was ihnen ſchaͤdlich und ſie verfolget, ſchnell entfliehn. Doch welcher kann von allen Arten, von den Bewegun- gen im Leben, Sowohl der Menſchen, als der Thiere, ein ordentlich Regiſter geben? Wie viel unzaͤhlige Bewegung von unſrer Hand allein ge- ſchehn, Davon kann im Gedicht, die Hand, man eine kleine Probe ſehn. Doch wollen wir, auf welche Weiſe dieß Wunderwerk geſchieht, betrachten, Und auf die Wege der Natur im Thierreich beym Bewe- gen achten, So weit wir durch des Geiſtes Licht in dieſe Handlung dringen koͤnnen. So viel wir vom Bewegungswerk bisher begreifen und verſtehn, Geſchieht ſie durch der Maͤuslein Huͤlf, die man ſonſt Muſkeln pflegt zu nennen,
Und
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uͤber das Reich der Thiere.
Ob wir nun gleich nach Moͤglichkeit verneinen, daß auch
ſie bey Thieren
Vorhanden, ſind ſie doch bey jenen, nur etwas minder
klar, zu ſpuͤren.
Nun werden wir im Reich der Thiere, nebſt mehr be-
wundernswerthen Gaben,
Vor allen andern, die Bewegung, an ihnen zu betrach-
ten haben,
Wodurch ſie, auf ſo manche Weiſe, die faſt nicht zaͤhl-
bar, liegen, ſtehn,
Den Ort veraͤndern, kriechen, ſpringen, ſich wenden,
ſchwimmen, fliegen, gehn,
Was ſie verlangen, ſchnell verfolgen, was ihnen dien-
lich, zu ſich ziehn,
Hingegen dem, was ihnen ſchaͤdlich und ſie verfolget, ſchnell
entfliehn.
Doch welcher kann von allen Arten, von den Bewegun-
gen im Leben,
Sowohl der Menſchen, als der Thiere, ein ordentlich
Regiſter geben?
Wie viel unzaͤhlige Bewegung von unſrer Hand allein ge-
ſchehn,
Davon kann im Gedicht, die Hand, man eine kleine
Probe ſehn.
Doch wollen wir, auf welche Weiſe dieß Wunderwerk
geſchieht, betrachten,
Und auf die Wege der Natur im Thierreich beym Bewe-
gen achten,
So weit wir durch des Geiſtes Licht in dieſe Handlung
dringen koͤnnen.
So viel wir vom Bewegungswerk bisher begreifen
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Geſchieht ſie durch der Maͤuslein Huͤlf, die man ſonſt
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/235>, abgerufen am 16.06.2024.
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