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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Sobald zu Anfange des Winters Schnee gefallen war,
begab er sich in seinen Kasten, und blieb einen Monat
darinn, ohne heraus zu kommen, und hatte also nichts
zu fressen, als an seinen Pfoten zu saugen. Jch legte
Brot an die Thür seiner Hütte, er kam aber niemals
heraus, es zu fressen; doch fraß er es, wenn es ihm
hineingeworfen wurde. Jm Frühlinge kam ein junges
Schwein seiner Hütte zu nahe; dieses zog er hinein,
daß wir es mit aller Mühe nicht retten konnten, und
als er einmal Fleisch und Blut gekostet hatte, so wur-
de er sehr grausam, und griff jedermann an, der ihm zu
nahe kam. Jch mußte ihn also tödten, und bediente
mich seiner Haut zur Satteldecke. Es ist merkwürdig,
daß er, wenn er geschlagen wurde, seine Nase zwischen
seine Vorderpfoten steckte, weil er aus einer einge-
pflanzten Kenntniß die Schwäche seiner Natur kennt,
denn der geringste Schlag auf die Nase tödtet ihn.

Art sie zu
tödten.

Die Russen tödten deren jeden Winter viele tausend,
um ihre Häute zu bekommen, und essen bloß ihre Pfoten,
die für ein gutes Gericht gehalten werden. Sie schies-
sen keinen, weil sie die Haut verderben möchten, son-
dern, weil die Bären gemeiniglich ihre Hütten an den
Wurzeln eines Baumes bauen, so merken sie sich den
Baum, und wenn sie nun unter dem Schnee begra-
ben liegen, so macht der heraufsteigende Brothem ihres
Athems ein Loch in den Schnee, wodurch man ihre
Hölen entdeckt. Die Landleute gehen ihrer viele mit
einander auf diese Jagden, um nicht im Schnee zu
versinken; sie umringen den Ort, wo er ist, machen
einen Lärm, und scheuchen ihn aus seiner Hütte, und da
er nicht in dem lockern Schnee gehen kann, so wird er
gemeiniglich durch einen Schlag auf die Nase getödtet.

Fünftes

Sobald zu Anfange des Winters Schnee gefallen war,
begab er ſich in ſeinen Kaſten, und blieb einen Monat
darinn, ohne heraus zu kommen, und hatte alſo nichts
zu freſſen, als an ſeinen Pfoten zu ſaugen. Jch legte
Brot an die Thuͤr ſeiner Huͤtte, er kam aber niemals
heraus, es zu freſſen; doch fraß er es, wenn es ihm
hineingeworfen wurde. Jm Fruͤhlinge kam ein junges
Schwein ſeiner Huͤtte zu nahe; dieſes zog er hinein,
daß wir es mit aller Muͤhe nicht retten konnten, und
als er einmal Fleiſch und Blut gekoſtet hatte, ſo wur-
de er ſehr grauſam, und griff jedermann an, der ihm zu
nahe kam. Jch mußte ihn alſo toͤdten, und bediente
mich ſeiner Haut zur Satteldecke. Es iſt merkwuͤrdig,
daß er, wenn er geſchlagen wurde, ſeine Naſe zwiſchen
ſeine Vorderpfoten ſteckte, weil er aus einer einge-
pflanzten Kenntniß die Schwaͤche ſeiner Natur kennt,
denn der geringſte Schlag auf die Naſe toͤdtet ihn.

Art ſie zu
toͤdten.

Die Ruſſen toͤdten deren jeden Winter viele tauſend,
um ihre Haͤute zu bekommen, und eſſen bloß ihre Pfoten,
die fuͤr ein gutes Gericht gehalten werden. Sie ſchieſ-
ſen keinen, weil ſie die Haut verderben moͤchten, ſon-
dern, weil die Baͤren gemeiniglich ihre Huͤtten an den
Wurzeln eines Baumes bauen, ſo merken ſie ſich den
Baum, und wenn ſie nun unter dem Schnee begra-
ben liegen, ſo macht der heraufſteigende Brothem ihres
Athems ein Loch in den Schnee, wodurch man ihre
Hoͤlen entdeckt. Die Landleute gehen ihrer viele mit
einander auf dieſe Jagden, um nicht im Schnee zu
verſinken; ſie umringen den Ort, wo er iſt, machen
einen Laͤrm, und ſcheuchen ihn aus ſeiner Huͤtte, und da
er nicht in dem lockern Schnee gehen kann, ſo wird er
gemeiniglich durch einen Schlag auf die Naſe getoͤdtet.

Fuͤnftes
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[168/0178] Sobald zu Anfange des Winters Schnee gefallen war, begab er ſich in ſeinen Kaſten, und blieb einen Monat darinn, ohne heraus zu kommen, und hatte alſo nichts zu freſſen, als an ſeinen Pfoten zu ſaugen. Jch legte Brot an die Thuͤr ſeiner Huͤtte, er kam aber niemals heraus, es zu freſſen; doch fraß er es, wenn es ihm hineingeworfen wurde. Jm Fruͤhlinge kam ein junges Schwein ſeiner Huͤtte zu nahe; dieſes zog er hinein, daß wir es mit aller Muͤhe nicht retten konnten, und als er einmal Fleiſch und Blut gekoſtet hatte, ſo wur- de er ſehr grauſam, und griff jedermann an, der ihm zu nahe kam. Jch mußte ihn alſo toͤdten, und bediente mich ſeiner Haut zur Satteldecke. Es iſt merkwuͤrdig, daß er, wenn er geſchlagen wurde, ſeine Naſe zwiſchen ſeine Vorderpfoten ſteckte, weil er aus einer einge- pflanzten Kenntniß die Schwaͤche ſeiner Natur kennt, denn der geringſte Schlag auf die Naſe toͤdtet ihn. Die Ruſſen toͤdten deren jeden Winter viele tauſend, um ihre Haͤute zu bekommen, und eſſen bloß ihre Pfoten, die fuͤr ein gutes Gericht gehalten werden. Sie ſchieſ- ſen keinen, weil ſie die Haut verderben moͤchten, ſon- dern, weil die Baͤren gemeiniglich ihre Huͤtten an den Wurzeln eines Baumes bauen, ſo merken ſie ſich den Baum, und wenn ſie nun unter dem Schnee begra- ben liegen, ſo macht der heraufſteigende Brothem ihres Athems ein Loch in den Schnee, wodurch man ihre Hoͤlen entdeckt. Die Landleute gehen ihrer viele mit einander auf dieſe Jagden, um nicht im Schnee zu verſinken; ſie umringen den Ort, wo er iſt, machen einen Laͤrm, und ſcheuchen ihn aus ſeiner Huͤtte, und da er nicht in dem lockern Schnee gehen kann, ſo wird er gemeiniglich durch einen Schlag auf die Naſe getoͤdtet. Fuͤnftes

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/178>, abgerufen am 25.04.2024.