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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Freundliche Erinnerung
An den Christlichen Tugendliebenden
Leser
des Teutschen Herkules/

Welcher gebeten wird/ diese Geschichte nicht vorzunehmen/
ehe und bevor er folgende kurtze Vermahnung durch-
gelesen und vernommen hat.

ES hat der Uhr Schreiber dieses Buchs vor eine Nohtwendigkeit erachtet/ dem
gewogenen Leser/ bald im ersten Eingange/ den Zweg seines Vorhabens vorzustellen/ was
gestalt seine Andacht in diesem ganzen Wercke eigentlich dahin gerichtet sey/ daß des Ge-
mühts Erfrischung/ so man im durchlesen an muhtiger Geschichte suchet/ allemahl mit got-
fürchtigen Gedanken vermischet seyn möge/ und die Erkäntnis der himlischen Warheit
auch daselbst befodert werde/ da man sichs nicht vermuhten wahr; massen dadurch andächtige Seelen oft
veranlasset werden/ jhre Seufzer mitten in solcher Lesung gen Himmel zu schicken/ damit die irdische Ge-
sonnenheit am Zeitlichen sich nicht zu heftig vergaffen/ noch den Lüsten zu viel Raum geben möge.

Das schandsüchtige Amadis Buch hat mannichen Liebhaber/ auch unter dem Frauenzimmer/ deren noch
keine dadurch gebessert/ aber wol unterschiedliche zur unziemlichen Frecheit angespornet sind/ wann sie solche
Begebnissen vor Augen gemahlet sehen/ welche wol die unverschämtesten vor der Sonnen zu verrichten
scheu tragen. Daß ich alhier nicht allein der handgreiflichen Contradictionen und Widersprechungen/
womit der Tichter sich selbst zum oftern in die Backen häuet; samt den ungläub-scheinlichen Fällen und
mehr als kindischen Zeitverwirrungen/ deren das ganze Buch durchgehend vol ist; sondern auch der teils
närrischen/ teils gotlosen Bezäuberungen geschweige/ deren so vielfältige Meldung geschiehet/ und doch
so wenig Geschmak als Glaubwürdigkeit haben/ nicht desto weniger aber diese teuflische Kunst nit allein
vor gut undzugelassen/ sondern wol gar vor Christ- und götlich wil gehalten werden/ als deren sich Christ-
liche Käyser/ Könige und Ritter ohn Gewissens-Anstoß gebrauchet/ und dadurch mannichem Unglük/ aus
sonderbahrer Schickung Gottes entrissen/ auch viel Gutes zu volführen gestärket seyn sollen. Wil nicht
sagen/ wie leicht unbesonnene lüsterne Weibesbilder hiedurch/ der Zäuberey sich zu ergeben/ möchten ver-
anlasset werden. Woraus dann zur gnüge erscheinet/ daß der leicht bewäglichen Jugend mit obgedach-
tem Buche nicht besser gedienet währe/ als wann es nur den Schaben und Motten durchzublättern/ und
der ewigen Vergessenheit übergeben würde.

Ob dann einiger Amadis-Schützer einwerffen wolte/ die lustbringende Erfindungen macheten
diesem Buche sein Ansehen/ und entrissen es der Verwesung; so mag ehrliebenden Herzen dieses noch lan-
ge nicht gnug seyn. Dann die Leichtfertigkeiten hecheln gar zu grob/ und die unziemliche Betreibungen
zwischen jungen verliebeten hohen Standes-Leuten brechen so unverschämt loß/ daß von keuschen Herzen
es ohn ärgernis nicht wol kan gelesen werden; was wolte dann von frech-wilden geschehen? Zwar ein
gefusseter ehrliebender Geist achtet dessen wenig; aber wer vermuhtet sich eines solchen bey der lustsüch-
tigen Jugend? wird demnach keine Entschuldigung übrig seyn/ und wer ohn verdacht leichtsinniges Ge-
mühts und Lebens bleiben wil/ enthält sich billich von solchen und dergleichen Büchern/ welche die unzüch-
tige Kitzelungen mit der Höfligkeit gar zu merckern durcheinander flechten/ und den Stachel der unbillichen
Begierden rägen und hägen; dann menschliche Boßheit ist schon mehr als zu heftig/ und bedarfs nicht/
daß man Wasser ins Meer trage/ oder Oel ans Feur schütte. Ob auch dem Königl. und Fürstl. Frauen-
zimmer/ durch Tichtung so mannicherley unzüchtigen Buhlereien nicht gar zu nahe getreten sey/ gebe ich
allen Vernünftigen zu betrachten.

Mir
(o)


Freundliche Erinnerung
An den Chriſtlichen Tugendliebenden
Leſer
des Teutſchen Herkules/

Welcher gebeten wird/ dieſe Geſchichte nicht vorzunehmen/
ehe und bevor er folgende kurtze Vermahnung durch-
geleſen und vernommen hat.

ES hat der Uhr Schreiber dieſes Buchs vor eine Nohtwendigkeit erachtet/ dem
gewogenen Leſer/ bald im erſten Eingange/ den Zweg ſeines Vorhabens vorzuſtellen/ was
geſtalt ſeine Andacht in dieſem ganzen Wercke eigentlich dahin gerichtet ſey/ daß des Ge-
muͤhts Erfriſchung/ ſo man im durchleſen an muhtiger Geſchichte ſuchet/ allemahl mit got-
fuͤrchtigen Gedanken vermiſchet ſeyn moͤge/ und die Erkaͤntnis der himliſchen Warheit
auch daſelbſt befodert werde/ da man ſichs nicht vermuhten wahr; maſſen dadurch andaͤchtige Seelen oft
veranlaſſet werden/ jhre Seufzer mitten in ſolcher Leſung gen Himmel zu ſchicken/ damit die irdiſche Ge-
ſonnenheit am Zeitlichen ſich nicht zu heftig vergaffen/ noch den Luͤſten zu viel Raum geben moͤge.

Das ſchandſuͤchtige Amadis Buch hat mañichen Liebhaber/ auch unter dem Frauenzim̃er/ deren noch
keine daduꝛch gebeſſert/ aber wol unteꝛſchiedliche zur unziemlichẽ Frecheit angeſpoꝛnet ſind/ wañ ſie ſolche
Begebniſſen vor Augen gemahlet ſehen/ welche wol die unverſchaͤmteſten vor der Sonnen zu verrichten
ſcheu tragen. Daß ich alhier nicht allein der handgreiflichen Contradictionen und Widerſprechungen/
womit der Tichter ſich ſelbſt zum oftern in die Backen haͤuet; ſamt den unglaͤub-ſcheinlichen Faͤllen und
mehr als kindiſchen Zeitverwirrungen/ deren das ganze Buch durchgehend vol iſt; ſondern auch der teils
naͤrriſchen/ teils gotloſen Bezaͤuberungen geſchweige/ deren ſo vielfaͤltige Meldung geſchiehet/ und doch
ſo wenig Geſchmak als Glaubwuͤrdigkeit haben/ nicht deſto weniger aber dieſe teufliſche Kunſt nit allein
vor gut uñzugelaſſen/ ſondern wol gar vor Chriſt- und goͤtlich wil gehalten werden/ als deren ſich Chriſt-
liche Kaͤyſer/ Koͤnige und Ritter ohn Gewiſſens-Anſtoß gebrauchet/ und dadurch mannichem Ungluͤk/ aus
ſonderbahrer Schickung Gottes entriſſen/ auch viel Gutes zu volfuͤhren geſtaͤrket ſeyn ſollen. Wil nicht
ſagen/ wie leicht unbeſonnene luͤſterne Weibesbilder hiedurch/ der Zaͤuberey ſich zu ergeben/ moͤchten ver-
anlaſſet werden. Woraus dann zur gnuͤge erſcheinet/ daß der leicht bewaͤglichen Jugend mit obgedach-
tem Buche nicht beſſer gedienet waͤhre/ als wann es nur den Schaben und Motten durchzublaͤttern/ und
der ewigen Vergeſſenheit uͤbergeben wuͤrde.

Ob dann einiger Amadis-Schuͤtzer einwerffen wolte/ die luſtbringende Erfindungen macheten
dieſem Buche ſein Anſehen/ und entriſſen es der Verweſung; ſo mag ehrliebenden Herzen dieſes noch lan-
ge nicht gnug ſeyn. Dann die Leichtfertigkeiten hecheln gar zu grob/ und die unziemliche Betreibungen
zwiſchen jungen verliebeten hohen Standes-Leuten brechen ſo unverſchaͤmt loß/ daß von keuſchen Herzen
es ohn aͤrgernis nicht wol kan geleſen werden; was wolte dann von frech-wilden geſchehen? Zwar ein
gefuſſeter ehrliebender Geiſt achtet deſſen wenig; aber wer vermuhtet ſich eines ſolchen bey der luſtſuͤch-
tigen Jugend? wird demnach keine Entſchuldigung uͤbrig ſeyn/ und wer ohn verdacht leichtſinniges Ge-
muͤhts und Lebens bleiben wil/ enthaͤlt ſich billich von ſolchen uñ dergleichen Buͤchern/ welche die unzuͤch-
tige Kitzelungen mit der Hoͤfligkeit gar zu merckern durcheinander flechten/ uñ den Stachel der unbillichen
Begierden raͤgen und haͤgen; dann menſchliche Boßheit iſt ſchon mehr als zu heftig/ und bedarfs nicht/
daß man Waſſer ins Meer trage/ oder Oel ans Feur ſchuͤtte. Ob auch dem Koͤnigl. und Fuͤrſtl. Frauen-
zimmer/ durch Tichtung ſo mannicherley unzuͤchtigen Buhlereien nicht gar zu nahe getreten ſey/ gebe ich
allen Vernuͤnftigen zu betrachten.

Mir
(o)
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[1/0023] Freundliche Erinnerung An den Chriſtlichen Tugendliebenden Leſer des Teutſchen Herkules/ Welcher gebeten wird/ dieſe Geſchichte nicht vorzunehmen/ ehe und bevor er folgende kurtze Vermahnung durch- geleſen und vernommen hat. ES hat der Uhr Schreiber dieſes Buchs vor eine Nohtwendigkeit erachtet/ dem gewogenen Leſer/ bald im erſten Eingange/ den Zweg ſeines Vorhabens vorzuſtellen/ was geſtalt ſeine Andacht in dieſem ganzen Wercke eigentlich dahin gerichtet ſey/ daß des Ge- muͤhts Erfriſchung/ ſo man im durchleſen an muhtiger Geſchichte ſuchet/ allemahl mit got- fuͤrchtigen Gedanken vermiſchet ſeyn moͤge/ und die Erkaͤntnis der himliſchen Warheit auch daſelbſt befodert werde/ da man ſichs nicht vermuhten wahr; maſſen dadurch andaͤchtige Seelen oft veranlaſſet werden/ jhre Seufzer mitten in ſolcher Leſung gen Himmel zu ſchicken/ damit die irdiſche Ge- ſonnenheit am Zeitlichen ſich nicht zu heftig vergaffen/ noch den Luͤſten zu viel Raum geben moͤge. Das ſchandſuͤchtige Amadis Buch hat mañichen Liebhaber/ auch unter dem Frauenzim̃er/ deren noch keine daduꝛch gebeſſert/ aber wol unteꝛſchiedliche zur unziemlichẽ Frecheit angeſpoꝛnet ſind/ wañ ſie ſolche Begebniſſen vor Augen gemahlet ſehen/ welche wol die unverſchaͤmteſten vor der Sonnen zu verrichten ſcheu tragen. Daß ich alhier nicht allein der handgreiflichen Contradictionen und Widerſprechungen/ womit der Tichter ſich ſelbſt zum oftern in die Backen haͤuet; ſamt den unglaͤub-ſcheinlichen Faͤllen und mehr als kindiſchen Zeitverwirrungen/ deren das ganze Buch durchgehend vol iſt; ſondern auch der teils naͤrriſchen/ teils gotloſen Bezaͤuberungen geſchweige/ deren ſo vielfaͤltige Meldung geſchiehet/ und doch ſo wenig Geſchmak als Glaubwuͤrdigkeit haben/ nicht deſto weniger aber dieſe teufliſche Kunſt nit allein vor gut uñzugelaſſen/ ſondern wol gar vor Chriſt- und goͤtlich wil gehalten werden/ als deren ſich Chriſt- liche Kaͤyſer/ Koͤnige und Ritter ohn Gewiſſens-Anſtoß gebrauchet/ und dadurch mannichem Ungluͤk/ aus ſonderbahrer Schickung Gottes entriſſen/ auch viel Gutes zu volfuͤhren geſtaͤrket ſeyn ſollen. Wil nicht ſagen/ wie leicht unbeſonnene luͤſterne Weibesbilder hiedurch/ der Zaͤuberey ſich zu ergeben/ moͤchten ver- anlaſſet werden. Woraus dann zur gnuͤge erſcheinet/ daß der leicht bewaͤglichen Jugend mit obgedach- tem Buche nicht beſſer gedienet waͤhre/ als wann es nur den Schaben und Motten durchzublaͤttern/ und der ewigen Vergeſſenheit uͤbergeben wuͤrde. Ob dann einiger Amadis-Schuͤtzer einwerffen wolte/ die luſtbringende Erfindungen macheten dieſem Buche ſein Anſehen/ und entriſſen es der Verweſung; ſo mag ehrliebenden Herzen dieſes noch lan- ge nicht gnug ſeyn. Dann die Leichtfertigkeiten hecheln gar zu grob/ und die unziemliche Betreibungen zwiſchen jungen verliebeten hohen Standes-Leuten brechen ſo unverſchaͤmt loß/ daß von keuſchen Herzen es ohn aͤrgernis nicht wol kan geleſen werden; was wolte dann von frech-wilden geſchehen? Zwar ein gefuſſeter ehrliebender Geiſt achtet deſſen wenig; aber wer vermuhtet ſich eines ſolchen bey der luſtſuͤch- tigen Jugend? wird demnach keine Entſchuldigung uͤbrig ſeyn/ und wer ohn verdacht leichtſinniges Ge- muͤhts und Lebens bleiben wil/ enthaͤlt ſich billich von ſolchen uñ dergleichen Buͤchern/ welche die unzuͤch- tige Kitzelungen mit der Hoͤfligkeit gar zu merckern durcheinander flechten/ uñ den Stachel der unbillichen Begierden raͤgen und haͤgen; dann menſchliche Boßheit iſt ſchon mehr als zu heftig/ und bedarfs nicht/ daß man Waſſer ins Meer trage/ oder Oel ans Feur ſchuͤtte. Ob auch dem Koͤnigl. und Fuͤrſtl. Frauen- zimmer/ durch Tichtung ſo mannicherley unzuͤchtigen Buhlereien nicht gar zu nahe getreten ſey/ gebe ich allen Vernuͤnftigen zu betrachten. Mir (o)

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/23>, abgerufen am 28.03.2024.