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Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.

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Er ist ein anständiger Karren, er hat den König
und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel
gefahren.
Lucile (tritt auf. Sie setzt sich auf einen Stein unter die
Fenster der Gefangenen).

Camille, Camille! (Camille erscheint am Fenster.)
-- Höre, Camille, du machst mich lachen mit dem
langen Steinrock und der eisernen Maske vor dem
Gesicht, kannst du dich nicht bücken? Wo sind
deine Arme? -- Ich will dich locken, lieber Vogel

(singt:)
Es stehen zwei Sternlein an dem Himmel,
Scheinen heller als der Mond,
Der ein' scheint vor Feinsliebchens Fenster,
Der andere vor die Kammerthür.
Komm, komm, mein Freund! leise die Treppe hinauf,
sie schlafen Alle. Der Mond hilft mir schon lange
warten. Aber du kannst nicht zum Thor herein,
das ist eine unleidliche Tracht. Das ist zu arg
für den Spaß, mach' ein Ende. Du rührst dich
auch gar nicht, warum sprichst du nicht? Du machst
mir Angst. -- Höre! die Leute sagen, du müßtest
sterben, und machen dazu so ernsthafte Gesichter. --
Sterben! ich muß lachen über die Gesichter. Ster-
Er iſt ein anſtändiger Karren, er hat den König
und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel
gefahren.
Lucile (tritt auf. Sie ſetzt ſich auf einen Stein unter die
Fenſter der Gefangenen).

Camille, Camille! (Camille erſcheint am Fenſter.)
— Höre, Camille, du machſt mich lachen mit dem
langen Steinrock und der eiſernen Maske vor dem
Geſicht, kannſt du dich nicht bücken? Wo ſind
deine Arme? — Ich will dich locken, lieber Vogel

(ſingt:)
Es ſtehen zwei Sternlein an dem Himmel,
Scheinen heller als der Mond,
Der ein’ ſcheint vor Feinsliebchens Fenſter,
Der andere vor die Kammerthür.
Komm, komm, mein Freund! leiſe die Treppe hinauf,
ſie ſchlafen Alle. Der Mond hilft mir ſchon lange
warten. Aber du kannſt nicht zum Thor herein,
das iſt eine unleidliche Tracht. Das iſt zu arg
für den Spaß, mach’ ein Ende. Du rührſt dich
auch gar nicht, warum ſprichſt du nicht? Du machſt
mir Angſt. — Höre! die Leute ſagen, du müßteſt
ſterben, und machen dazu ſo ernſthafte Geſichter. —
Sterben! ich muß lachen über die Geſichter. Ster-
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[138/0142] Er iſt ein anſtändiger Karren, er hat den König und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel gefahren. Lucile (tritt auf. Sie ſetzt ſich auf einen Stein unter die Fenſter der Gefangenen). Camille, Camille! (Camille erſcheint am Fenſter.) — Höre, Camille, du machſt mich lachen mit dem langen Steinrock und der eiſernen Maske vor dem Geſicht, kannſt du dich nicht bücken? Wo ſind deine Arme? — Ich will dich locken, lieber Vogel (ſingt:) Es ſtehen zwei Sternlein an dem Himmel, Scheinen heller als der Mond, Der ein’ ſcheint vor Feinsliebchens Fenſter, Der andere vor die Kammerthür. Komm, komm, mein Freund! leiſe die Treppe hinauf, ſie ſchlafen Alle. Der Mond hilft mir ſchon lange warten. Aber du kannſt nicht zum Thor herein, das iſt eine unleidliche Tracht. Das iſt zu arg für den Spaß, mach’ ein Ende. Du rührſt dich auch gar nicht, warum ſprichſt du nicht? Du machſt mir Angſt. — Höre! die Leute ſagen, du müßteſt ſterben, und machen dazu ſo ernſthafte Geſichter. — Sterben! ich muß lachen über die Geſichter. Ster-

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/142>, abgerufen am 25.04.2024.