Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
könnten mich bestimmen, meinen Eifer und meine
Leidenschaften für die Freiheit zu mäßigen. -- So
erkläre ich denn: nichts soll mich aufhalten, und
sollte auch Danton's Gefahr die meinige werden.
Wir haben alle etwas Muth und etwas Seelengröße
nöthig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürch-
ten, Ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu sehen,
weil sie, wenn keine Schaar von Mitschuldigen sie
mehr versteckt, sich dem Licht der Wahrheit ausgesetzt
sehen. Aber wenn es dergleichen Seelen in dieser
Versammlung gibt, so gibt es in ihr auch heroische.
Die Zahl der Schurken ist nicht groß; wir haben
nur wenige Köpfe zu treffen und das Vaterland ist
gerettet. (Beifall.) Ich verlange, daß Legendre's
Vorschlag zurückgewiesen werde.

(Die Deputirten erheben sich sämmtlich zum Zeichen
allgemeiner Beistimmung.)
St. Just.
Es scheint in dieser Versammlung einige empfind-
liche Ohren zu geben, die das Wort: Blut nicht
wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrach-
tungen mögen sie überzeugen, daß wir nicht grau-
samer sind als die Natur und als die Zeit. Die
Natur folgt ruhig und unwiderstehlich ihren Gesetzen;
könnten mich beſtimmen, meinen Eifer und meine
Leidenſchaften für die Freiheit zu mäßigen. — So
erkläre ich denn: nichts ſoll mich aufhalten, und
ſollte auch Danton’s Gefahr die meinige werden.
Wir haben alle etwas Muth und etwas Seelengröße
nöthig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürch-
ten, Ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu ſehen,
weil ſie, wenn keine Schaar von Mitſchuldigen ſie
mehr verſteckt, ſich dem Licht der Wahrheit ausgeſetzt
ſehen. Aber wenn es dergleichen Seelen in dieſer
Verſammlung gibt, ſo gibt es in ihr auch heroiſche.
Die Zahl der Schurken iſt nicht groß; wir haben
nur wenige Köpfe zu treffen und das Vaterland iſt
gerettet. (Beifall.) Ich verlange, daß Legendre’s
Vorſchlag zurückgewieſen werde.

(Die Deputirten erheben ſich ſämmtlich zum Zeichen
allgemeiner Beiſtimmung.)
St. Juſt.
Es ſcheint in dieſer Verſammlung einige empfind-
liche Ohren zu geben, die das Wort: Blut nicht
wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrach-
tungen mögen ſie überzeugen, daß wir nicht grau-
ſamer ſind als die Natur und als die Zeit. Die
Natur folgt ruhig und unwiderſtehlich ihren Geſetzen;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ROB">
            <p><pb facs="#f0089" n="85"/>
könnten mich be&#x017F;timmen, meinen Eifer und meine<lb/>
Leiden&#x017F;chaften für die Freiheit zu mäßigen. &#x2014; So<lb/>
erkläre ich denn: nichts &#x017F;oll mich aufhalten, und<lb/>
&#x017F;ollte auch Danton&#x2019;s Gefahr die meinige werden.<lb/>
Wir haben alle etwas Muth und etwas Seelengröße<lb/>
nöthig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürch-<lb/>
ten, Ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu &#x017F;ehen,<lb/>
weil &#x017F;ie, wenn keine Schaar von Mit&#x017F;chuldigen &#x017F;ie<lb/>
mehr ver&#x017F;teckt, &#x017F;ich dem Licht der Wahrheit ausge&#x017F;etzt<lb/>
&#x017F;ehen. Aber wenn es dergleichen Seelen in die&#x017F;er<lb/>
Ver&#x017F;ammlung gibt, &#x017F;o gibt es in ihr auch heroi&#x017F;che.<lb/>
Die Zahl der Schurken i&#x017F;t nicht groß; wir haben<lb/>
nur wenige Köpfe zu treffen und das Vaterland i&#x017F;t<lb/>
gerettet. <stage>(Beifall.)</stage> Ich verlange, daß Legendre&#x2019;s<lb/>
Vor&#x017F;chlag zurückgewie&#x017F;en werde.</p><lb/>
            <stage>(Die Deputirten erheben &#x017F;ich &#x017F;ämmtlich zum Zeichen<lb/>
allgemeiner Bei&#x017F;timmung.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STJU ">
            <speaker> <hi rendition="#g">St. Ju&#x017F;t.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheint in die&#x017F;er Ver&#x017F;ammlung einige empfind-<lb/>
liche Ohren zu geben, die das Wort: Blut nicht<lb/>
wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrach-<lb/>
tungen mögen &#x017F;ie überzeugen, daß wir nicht grau-<lb/>
&#x017F;amer &#x017F;ind als die Natur und als die Zeit. Die<lb/>
Natur folgt ruhig und unwider&#x017F;tehlich ihren Ge&#x017F;etzen;<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0089] könnten mich beſtimmen, meinen Eifer und meine Leidenſchaften für die Freiheit zu mäßigen. — So erkläre ich denn: nichts ſoll mich aufhalten, und ſollte auch Danton’s Gefahr die meinige werden. Wir haben alle etwas Muth und etwas Seelengröße nöthig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürch- ten, Ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu ſehen, weil ſie, wenn keine Schaar von Mitſchuldigen ſie mehr verſteckt, ſich dem Licht der Wahrheit ausgeſetzt ſehen. Aber wenn es dergleichen Seelen in dieſer Verſammlung gibt, ſo gibt es in ihr auch heroiſche. Die Zahl der Schurken iſt nicht groß; wir haben nur wenige Köpfe zu treffen und das Vaterland iſt gerettet. (Beifall.) Ich verlange, daß Legendre’s Vorſchlag zurückgewieſen werde. (Die Deputirten erheben ſich ſämmtlich zum Zeichen allgemeiner Beiſtimmung.) St. Juſt. Es ſcheint in dieſer Verſammlung einige empfind- liche Ohren zu geben, die das Wort: Blut nicht wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrach- tungen mögen ſie überzeugen, daß wir nicht grau- ſamer ſind als die Natur und als die Zeit. Die Natur folgt ruhig und unwiderſtehlich ihren Geſetzen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/89
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/89>, abgerufen am 25.04.2024.