Der Begriff des Organismus der Biologie ist, logisch gesprochen, der eines Mechanismus, gedacht als Mittel zu einem Zweck: der Erhaltung des Lebens. Die Biologie untersucht die Vorgänge dieses Mechanismus und kann sie als Vorgänge mechanischer (und chemischer) Art darstellen, sofern sie sie nur stets darstellt als Mittel zum Zwecke der Erhaltung des Lebens und in diesem Ergebnis die Einheit des Zusammenspiels der mechanischen Vor- gänge erblickt. Mit anderen Worten: für die Biologie sind nur diese Vorgänge interessant; Organ ist nur, was dazu mitwirkt oder als mitwirkend gedacht werden kann. Erforscht wird aber, wie ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang (das Leben) durch äußere Mittel (Naturvorgänge) hervorgebracht wird. Ob die Erklärung genügt, ist eine andere Frage; aber jedenfalls kann die Biologie als Naturwissenschaft sie nur so versuchen. Nimmt sie andere Mittel der Erklärung zu Hilfe, so ist sie nicht mehr Naturwissenschaft, und Biologie ist eine zweideutiger Name.
Organisation ist also in der Tat ein teleologischer Begriff. Aber nicht anders als manches andere Problem der Naturwissenschaft; ja, jedes Problem, das die Erklärung eines konkreten, tatsäch- lichen Vorganges zur Frage stellt, z. B. die Veränderungen der Erdkruste, den Wechsel der Jahreszeiten, lautet im Grunde: Wie tragen die gegebenen Elemente der Erde, der Natur, zur Her- vorbringung einer bestimmten Erscheinung bei. Das Planeten-
Zweiter Teil. Die staatliche Verfassung.
I. Abschnitt. Der Begriff des Staates.
1. Kapitel. Die Organisation im Rechtssinne.
Der Begriff des Organismus der Biologie ist, logisch gesprochen, der eines Mechanismus, gedacht als Mittel zu einem Zweck: der Erhaltung des Lebens. Die Biologie untersucht die Vorgänge dieses Mechanismus und kann sie als Vorgänge mechanischer (und chemischer) Art darstellen, sofern sie sie nur stets darstellt als Mittel zum Zwecke der Erhaltung des Lebens und in diesem Ergebnis die Einheit des Zusammenspiels der mechanischen Vor- gänge erblickt. Mit anderen Worten: für die Biologie sind nur diese Vorgänge interessant; Organ ist nur, was dazu mitwirkt oder als mitwirkend gedacht werden kann. Erforscht wird aber, wie ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang (das Leben) durch äußere Mittel (Naturvorgänge) hervorgebracht wird. Ob die Erklärung genügt, ist eine andere Frage; aber jedenfalls kann die Biologie als Naturwissenschaft sie nur so versuchen. Nimmt sie andere Mittel der Erklärung zu Hilfe, so ist sie nicht mehr Naturwissenschaft, und Biologie ist eine zweideutiger Name.
Organisation ist also in der Tat ein teleologischer Begriff. Aber nicht anders als manches andere Problem der Naturwissenschaft; ja, jedes Problem, das die Erklärung eines konkreten, tatsäch- lichen Vorganges zur Frage stellt, z. B. die Veränderungen der Erdkruste, den Wechsel der Jahreszeiten, lautet im Grunde: Wie tragen die gegebenen Elemente der Erde, der Natur, zur Her- vorbringung einer bestimmten Erscheinung bei. Das Planeten-
<TEI><text><body><pbfacs="#f0134"n="[119]"/><divn="1"><head>Zweiter Teil.<lb/>
Die staatliche Verfassung.</head><divn="2"><lb/><head>I. Abschnitt.<lb/>
Der Begriff des Staates.</head><lb/><divn="3"><head>1. Kapitel.<lb/>
Die Organisation im Rechtssinne.</head><lb/><p>Der Begriff des Organismus der <hirendition="#b">Biologie</hi> ist, logisch gesprochen,<lb/>
der eines Mechanismus, gedacht als Mittel zu einem Zweck: der<lb/>
Erhaltung des Lebens. Die Biologie untersucht die Vorgänge<lb/>
dieses Mechanismus und kann sie als Vorgänge mechanischer<lb/>
(und chemischer) Art darstellen, sofern sie sie nur stets darstellt<lb/>
als Mittel zum Zwecke der Erhaltung des Lebens und in diesem<lb/>
Ergebnis die Einheit des Zusammenspiels der mechanischen Vor-<lb/>
gänge erblickt. Mit anderen Worten: für die Biologie sind nur<lb/>
diese Vorgänge interessant; Organ ist nur, was <hirendition="#g">dazu</hi> mitwirkt<lb/>
oder als mitwirkend gedacht werden kann. Erforscht wird aber,<lb/>
wie ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang (das Leben) durch äußere<lb/>
Mittel (Naturvorgänge) hervorgebracht wird. Ob die Erklärung<lb/>
genügt, ist eine andere Frage; aber jedenfalls kann die Biologie als<lb/>
Naturwissenschaft sie nur so versuchen. Nimmt sie andere Mittel<lb/>
der Erklärung zu Hilfe, so ist sie nicht mehr Naturwissenschaft,<lb/>
und Biologie ist eine zweideutiger Name.</p><lb/><p>Organisation ist also in der Tat ein teleologischer Begriff. Aber<lb/>
nicht anders als manches andere Problem der Naturwissenschaft;<lb/>
ja, jedes Problem, das die Erklärung eines konkreten, tatsäch-<lb/>
lichen Vorganges zur Frage stellt, z. B. die Veränderungen der<lb/>
Erdkruste, den Wechsel der Jahreszeiten, lautet im Grunde:<lb/>
Wie tragen die gegebenen Elemente der Erde, der Natur, zur Her-<lb/>
vorbringung einer bestimmten Erscheinung bei. Das Planeten-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[[119]/0134]
Zweiter Teil.
Die staatliche Verfassung.
I. Abschnitt.
Der Begriff des Staates.
1. Kapitel.
Die Organisation im Rechtssinne.
Der Begriff des Organismus der Biologie ist, logisch gesprochen,
der eines Mechanismus, gedacht als Mittel zu einem Zweck: der
Erhaltung des Lebens. Die Biologie untersucht die Vorgänge
dieses Mechanismus und kann sie als Vorgänge mechanischer
(und chemischer) Art darstellen, sofern sie sie nur stets darstellt
als Mittel zum Zwecke der Erhaltung des Lebens und in diesem
Ergebnis die Einheit des Zusammenspiels der mechanischen Vor-
gänge erblickt. Mit anderen Worten: für die Biologie sind nur
diese Vorgänge interessant; Organ ist nur, was dazu mitwirkt
oder als mitwirkend gedacht werden kann. Erforscht wird aber,
wie ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang (das Leben) durch äußere
Mittel (Naturvorgänge) hervorgebracht wird. Ob die Erklärung
genügt, ist eine andere Frage; aber jedenfalls kann die Biologie als
Naturwissenschaft sie nur so versuchen. Nimmt sie andere Mittel
der Erklärung zu Hilfe, so ist sie nicht mehr Naturwissenschaft,
und Biologie ist eine zweideutiger Name.
Organisation ist also in der Tat ein teleologischer Begriff. Aber
nicht anders als manches andere Problem der Naturwissenschaft;
ja, jedes Problem, das die Erklärung eines konkreten, tatsäch-
lichen Vorganges zur Frage stellt, z. B. die Veränderungen der
Erdkruste, den Wechsel der Jahreszeiten, lautet im Grunde:
Wie tragen die gegebenen Elemente der Erde, der Natur, zur Her-
vorbringung einer bestimmten Erscheinung bei. Das Planeten-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. [119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/134>, abgerufen am 14.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.