Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Teil. Das Privatrecht und das öffentliche Recht.
die Normen, die es beherrschen, sind nur nicht im Gesetze selbst
formuliert1.

Was die publizistischen Rechtsgeschäfte betrifft, so bedürfen
sie noch näherer Prüfung. Bei dieser und bei einigen anderen
Folgerungen muß sich unsere Unterscheidung bewähren2.

1 Im Gegensatz hiezu spricht z. B. G. Jellinek, Allgemeine Staats-
lehre, 3. A., 617, von "freier" Verwaltungstätigkeit, und sagt W. Jellinek,
Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung (Tübingen 1913) 89:
"Freies Ermessen ist (in letzter Linie) die vom Recht mit Maßgeblichkeit
ausgestattete, fehlerfrei zustande gekommene, individuelle Anschauung über
den inneren Wert oder Unwert einer Verwirklichung." Weshalb dieses freie
Ermessen auch jede Kontrolle ausschließt (114). Stier-Somlo, Das freie
Ermessen in Rechtsprechung und Verwaltung, Festgabe für Labend, 2 (1908)
506, bezeichnet das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden als ungebunden
im Gegensatz zu dem des Richters; ein Widerspruch ist es aber, wenn er
gegenüber dieser sachlich indifferenten Entscheidung Rechtsmittel zuläßt.
2 Auch in der französischen Doktrin; vgl. Leon Duguit, Manuel de
droit constitutionnel francais, 2. ed. 1 219ss.; G. Jeze, Les principes
generaux du droit administratif (1914) 7, 19ss., trotz der Betonung des we-
sentlichen Unterschiedes zwischen privatem und öffentlichem Recht (XI).

I. Teil. Das Privatrecht und das öffentliche Recht.
die Normen, die es beherrschen, sind nur nicht im Gesetze selbst
formuliert1.

Was die publizistischen Rechtsgeschäfte betrifft, so bedürfen
sie noch näherer Prüfung. Bei dieser und bei einigen anderen
Folgerungen muß sich unsere Unterscheidung bewähren2.

1 Im Gegensatz hiezu spricht z. B. G. Jellinek, Allgemeine Staats-
lehre, 3. A., 617, von „freier“ Verwaltungstätigkeit, und sagt W. Jellinek,
Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung (Tübingen 1913) 89:
„Freies Ermessen ist (in letzter Linie) die vom Recht mit Maßgeblichkeit
ausgestattete, fehlerfrei zustande gekommene, individuelle Anschauung über
den inneren Wert oder Unwert einer Verwirklichung.“ Weshalb dieses freie
Ermessen auch jede Kontrolle ausschließt (114). Stier-Somlò, Das freie
Ermessen in Rechtsprechung und Verwaltung, Festgabe für Labend, 2 (1908)
506, bezeichnet das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden als ungebunden
im Gegensatz zu dem des Richters; ein Widerspruch ist es aber, wenn er
gegenüber dieser sachlich indifferenten Entscheidung Rechtsmittel zuläßt.
2 Auch in der französischen Doktrin; vgl. Léon Duguit, Manuel de
droit constitutionnel français, 2. éd. 1 219ss.; G. Jèze, Les principes
généraux du droit administratif (1914) 7, 19ss., trotz der Betonung des we-
sentlichen Unterschiedes zwischen privatem und öffentlichem Recht (XI).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="46"/><fw place="top" type="header">I. Teil. Das Privatrecht und das öffentliche Recht.</fw><lb/>
die Normen, die es beherrschen, sind nur nicht im Gesetze selbst<lb/>
formuliert<note place="foot" n="1">Im Gegensatz hiezu spricht z. B. G. <hi rendition="#g">Jellinek,</hi> Allgemeine Staats-<lb/>
lehre, 3. A., 617, von &#x201E;freier&#x201C; Verwaltungstätigkeit, und sagt W. <hi rendition="#g">Jellinek,</hi><lb/>
Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung (Tübingen 1913) 89:<lb/>
&#x201E;Freies Ermessen ist (in letzter Linie) die vom Recht mit Maßgeblichkeit<lb/>
ausgestattete, fehlerfrei zustande gekommene, individuelle Anschauung über<lb/>
den inneren Wert oder Unwert einer Verwirklichung.&#x201C; Weshalb dieses freie<lb/>
Ermessen auch jede Kontrolle ausschließt (114). <hi rendition="#g">Stier-Somlò,</hi> Das freie<lb/>
Ermessen in Rechtsprechung und Verwaltung, Festgabe für Labend, <hi rendition="#b">2</hi> (1908)<lb/>
506, bezeichnet das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden als ungebunden<lb/>
im Gegensatz zu dem des Richters; ein Widerspruch ist es aber, wenn er<lb/>
gegenüber dieser sachlich indifferenten Entscheidung Rechtsmittel zuläßt.</note>.</p><lb/>
            <p>Was die <hi rendition="#b">publizistischen Rechtsgeschäfte</hi> betrifft, so bedürfen<lb/>
sie noch näherer Prüfung. Bei dieser und bei einigen anderen<lb/>
Folgerungen muß sich unsere Unterscheidung bewähren<note place="foot" n="2">Auch in der französischen Doktrin; vgl. <hi rendition="#g">Léon Duguit,</hi> Manuel de<lb/>
droit constitutionnel français, 2. éd. <hi rendition="#b">1</hi> 219ss.; G. <hi rendition="#g">Jèze,</hi> Les principes<lb/>
généraux du droit administratif (1914) 7, 19ss., trotz der Betonung des we-<lb/>
sentlichen Unterschiedes zwischen privatem und öffentlichem Recht (XI).</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0061] I. Teil. Das Privatrecht und das öffentliche Recht. die Normen, die es beherrschen, sind nur nicht im Gesetze selbst formuliert 1. Was die publizistischen Rechtsgeschäfte betrifft, so bedürfen sie noch näherer Prüfung. Bei dieser und bei einigen anderen Folgerungen muß sich unsere Unterscheidung bewähren 2. 1 Im Gegensatz hiezu spricht z. B. G. Jellinek, Allgemeine Staats- lehre, 3. A., 617, von „freier“ Verwaltungstätigkeit, und sagt W. Jellinek, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung (Tübingen 1913) 89: „Freies Ermessen ist (in letzter Linie) die vom Recht mit Maßgeblichkeit ausgestattete, fehlerfrei zustande gekommene, individuelle Anschauung über den inneren Wert oder Unwert einer Verwirklichung.“ Weshalb dieses freie Ermessen auch jede Kontrolle ausschließt (114). Stier-Somlò, Das freie Ermessen in Rechtsprechung und Verwaltung, Festgabe für Labend, 2 (1908) 506, bezeichnet das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden als ungebunden im Gegensatz zu dem des Richters; ein Widerspruch ist es aber, wenn er gegenüber dieser sachlich indifferenten Entscheidung Rechtsmittel zuläßt. 2 Auch in der französischen Doktrin; vgl. Léon Duguit, Manuel de droit constitutionnel français, 2. éd. 1 219ss.; G. Jèze, Les principes généraux du droit administratif (1914) 7, 19ss., trotz der Betonung des we- sentlichen Unterschiedes zwischen privatem und öffentlichem Recht (XI).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/61
Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/61>, abgerufen am 24.04.2024.