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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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worden, so sei Jeder als Thäter zu bestrafen; in §. 48 wird
als Anstifter derjenige erklärt, welcher einen Andern vor-
sätzlich zu der von demselben begangenen strafbaren Handlung
bestimmt habe; und §. 49 bezeichnet die Beihülfe als ein
wissentliches Hülfeleisten. Aber man erfährt nicht, was unter
einer gemeinschaftlichen Ausführung, einem Bestimmen und
einem Hülfeleisten verstanden werden soll, und es sind darum
diese Definitionen unbrauchbar. Ueber das Alles erhält man
aber auch aus den nach dem Strafgesetzbuch erschienenen
neuesten Bearbeitungen der Lehre von der Theilnahme:
Schütze Lehrbuch, Schwarze Commentar, Oppenhoff Straf-
gesetzbuch und Geyer in v. Holtzendorff Handbuch keine
genügende Auskunft.

Die Lehre von der Causalität ist für die Theilnahme
von der entschiedensten Bedeutung. -- Man nimmt
gegenwärtig wohl durchgängig an, daß, wenn sich ein Erfolg
aus mehreren Wirksamkeiten ergeben hat, unter diesen Wirk-
samkeiten Haupt- und Nebenursachen, wesentliche und außer-
wesentliche, urheberische und beihelfende, je nach dem Maße
und Umfang derselben, nicht unterschieden werden können,
sie vielmehr in ihrer objectiven Bedeutsamkeit für den Erfolg
sich gleichstehen. Nur der Haupthandlung scheint ein
besonderes objectives Gewicht beigelegt werden zu wollen.
Und zwar verstehen, insofern überhaupt ein Begriff dieser
Handlung gegeben wird, Einige unter derselben diejenige
Handlung, welcher von dem Handelnden die Bestimmung
beigelegt worden sei, die Ueberführung des Versuchs zur
Vollendung ohne weiteres Hinzutreten verbrecherischer Thätig-
keit zu bewerkstelligen; während Andere als Haupthandlung
nur diejenige anerkennen, welche diesen Effect wirklich in
concreto
gehabt hatte. Jm ersteren Fall müßte man an-
nehmen, daß durch den bloßen Willen der einen oder der

worden, ſo ſei Jeder als Thäter zu beſtrafen; in §. 48 wird
als Anſtifter derjenige erklärt, welcher einen Andern vor-
ſätzlich zu der von demſelben begangenen ſtrafbaren Handlung
beſtimmt habe; und §. 49 bezeichnet die Beihülfe als ein
wiſſentliches Hülfeleiſten. Aber man erfährt nicht, was unter
einer gemeinſchaftlichen Ausführung, einem Beſtimmen und
einem Hülfeleiſten verſtanden werden ſoll, und es ſind darum
dieſe Definitionen unbrauchbar. Ueber das Alles erhält man
aber auch aus den nach dem Strafgeſetzbuch erſchienenen
neueſten Bearbeitungen der Lehre von der Theilnahme:
Schütze Lehrbuch, Schwarze Commentar, Oppenhoff Straf-
geſetzbuch und Geyer in v. Holtzendorff Handbuch keine
genügende Auskunft.

Die Lehre von der Cauſalität iſt für die Theilnahme
von der entſchiedenſten Bedeutung. — Man nimmt
gegenwärtig wohl durchgängig an, daß, wenn ſich ein Erfolg
aus mehreren Wirkſamkeiten ergeben hat, unter dieſen Wirk-
ſamkeiten Haupt- und Nebenurſachen, weſentliche und außer-
weſentliche, urheberiſche und beihelfende, je nach dem Maße
und Umfang derſelben, nicht unterſchieden werden können,
ſie vielmehr in ihrer objectiven Bedeutſamkeit für den Erfolg
ſich gleichſtehen. Nur der Haupthandlung ſcheint ein
beſonderes objectives Gewicht beigelegt werden zu wollen.
Und zwar verſtehen, inſofern überhaupt ein Begriff dieſer
Handlung gegeben wird, Einige unter derſelben diejenige
Handlung, welcher von dem Handelnden die Beſtimmung
beigelegt worden ſei, die Ueberführung des Verſuchs zur
Vollendung ohne weiteres Hinzutreten verbrecheriſcher Thätig-
keit zu bewerkſtelligen; während Andere als Haupthandlung
nur diejenige anerkennen, welche dieſen Effect wirklich in
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[102/0106] worden, ſo ſei Jeder als Thäter zu beſtrafen; in §. 48 wird als Anſtifter derjenige erklärt, welcher einen Andern vor- ſätzlich zu der von demſelben begangenen ſtrafbaren Handlung beſtimmt habe; und §. 49 bezeichnet die Beihülfe als ein wiſſentliches Hülfeleiſten. Aber man erfährt nicht, was unter einer gemeinſchaftlichen Ausführung, einem Beſtimmen und einem Hülfeleiſten verſtanden werden ſoll, und es ſind darum dieſe Definitionen unbrauchbar. Ueber das Alles erhält man aber auch aus den nach dem Strafgeſetzbuch erſchienenen neueſten Bearbeitungen der Lehre von der Theilnahme: Schütze Lehrbuch, Schwarze Commentar, Oppenhoff Straf- geſetzbuch und Geyer in v. Holtzendorff Handbuch keine genügende Auskunft. Die Lehre von der Cauſalität iſt für die Theilnahme von der entſchiedenſten Bedeutung. — Man nimmt gegenwärtig wohl durchgängig an, daß, wenn ſich ein Erfolg aus mehreren Wirkſamkeiten ergeben hat, unter dieſen Wirk- ſamkeiten Haupt- und Nebenurſachen, weſentliche und außer- weſentliche, urheberiſche und beihelfende, je nach dem Maße und Umfang derſelben, nicht unterſchieden werden können, ſie vielmehr in ihrer objectiven Bedeutſamkeit für den Erfolg ſich gleichſtehen. Nur der Haupthandlung ſcheint ein beſonderes objectives Gewicht beigelegt werden zu wollen. Und zwar verſtehen, inſofern überhaupt ein Begriff dieſer Handlung gegeben wird, Einige unter derſelben diejenige Handlung, welcher von dem Handelnden die Beſtimmung beigelegt worden ſei, die Ueberführung des Verſuchs zur Vollendung ohne weiteres Hinzutreten verbrecheriſcher Thätig- keit zu bewerkſtelligen; während Andere als Haupthandlung nur diejenige anerkennen, welche dieſen Effect wirklich in concreto gehabt hatte. Jm erſteren Fall müßte man an- nehmen, daß durch den bloßen Willen der einen oder der

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/106>, abgerufen am 28.03.2024.