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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebs Historien/ das I. Buch.
hinweg/ thut solche sprüng/ wie ein wilde Geiß/ so
auff dem Feld sich lustig machet: Was geschicht
aber weiters? Als der andere/ welcher im Gefäng-
nuß war geblieben/ vnnd mit dem Schreiber die
Kleider verwechselt hatte/ wil herausser gehen/
vnnd zum kleinen Thürlein kommet/ da kommet
der Thorhüter darzu/ vnd als er seine Kleider si-
het/ spricht er zu jhm: Er soll still stehen vnnd blei-
ben/ oder wolte er jhn in ein rechtes finsteres Nest
stecken/ wann er nur einen Fuß noch fortsetzet:
Därüber wird der jenige/ so dem Schreiber auß-
geholffen/ bestürtzet/ fluchet vnd schweret/ er sey der
Gefangene nicht selber/ sondern habe nur den ge-
fangenen Schreiber besuchen wöllen: Aber als
man den Schreiber nicht finden kondte/ wurde er
an seine statt gefangen gesetzet.

Vnter dessen kommet Grillon darvon/ vnnd
wartet draussen/ biß daß der andere komme: Aber
da wil nicht niemands kommen/ dann er war so
wol verwahret vnd eingeschlossen/ daß er nit kond-
te kommen/ vnnd empfienge nichts mehr als das
jenige/ was er wol verdienet hatte.

Als nun dieser Meister Schreiber sihet/ daß er
dem Tod ist entwischet/ verfüget er sich anders
wohin/ vnd fanget ein recht Teufflisches Leben an/
handelt mit Menschenfleisch/ vnd liget Tag vnd
Nacht in den Hurenhäusern/ da er dann die albe-
re vnd einfältige betreugt vnnd bestilet: Endlich
aber wird er durch den Commissarium außgeho-
ben/ vnd auff das Chastelet geführet/ weil er eine
junge Tochter in der Gassen S. Denis verfüh-
ret hatte.


Etli-

Diebs Hiſtorien/ das I. Buch.
hinweg/ thut ſolche ſpruͤng/ wie ein wilde Geiß/ ſo
auff dem Feld ſich luſtig machet: Was geſchicht
aber weiters? Als der andere/ welcher im Gefaͤng-
nuß war geblieben/ vnnd mit dem Schreiber die
Kleider verwechſelt hatte/ wil herauſſer gehen/
vnnd zum kleinen Thuͤrlein kommet/ da kommet
der Thorhuͤter darzu/ vnd als er ſeine Kleider ſi-
het/ ſpricht er zu jhm: Er ſoll ſtill ſtehen vnnd blei-
ben/ oder wolte er jhn in ein rechtes finſteres Neſt
ſtecken/ wann er nur einen Fuß noch fortſetzet:
Daͤruͤber wird der jenige/ ſo dem Schreiber auß-
geholffen/ beſtuͤrtzet/ fluchet vnd ſchweret/ er ſey der
Gefangene nicht ſelber/ ſondern habe nur den ge-
fangenen Schreiber beſuchen woͤllen: Aber als
man den Schreiber nicht finden kondte/ wurde er
an ſeine ſtatt gefangen geſetzet.

Vnter deſſen kommet Grillon darvon/ vnnd
wartet drauſſen/ biß daß der andere komme: Aber
da wil nicht niemands kommen/ dann er war ſo
wol veꝛwahret vnd eingeſchloſſen/ daß er nit kond-
te kommen/ vnnd empfienge nichts mehr als das
jenige/ was er wol verdienet hatte.

Als nun dieſer Meiſter Schreiber ſihet/ daß er
dem Tod iſt entwiſchet/ verfuͤget er ſich anders
wohin/ vnd fanget ein recht Teuffliſches Leben an/
handelt mit Menſchenfleiſch/ vnd liget Tag vnd
Nacht in den Hurenhaͤuſern/ da er dann die albe-
re vnd einfaͤltige betreugt vnnd beſtilet: Endlich
aber wird er durch den Commiſſarium außgeho-
ben/ vnd auff das Chaſtelet gefuͤhret/ weil er eine
junge Tochter in der Gaſſen S. Denis verfuͤh-
ret hatte.


Etli-
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[259/0271] Diebs Hiſtorien/ das I. Buch. hinweg/ thut ſolche ſpruͤng/ wie ein wilde Geiß/ ſo auff dem Feld ſich luſtig machet: Was geſchicht aber weiters? Als der andere/ welcher im Gefaͤng- nuß war geblieben/ vnnd mit dem Schreiber die Kleider verwechſelt hatte/ wil herauſſer gehen/ vnnd zum kleinen Thuͤrlein kommet/ da kommet der Thorhuͤter darzu/ vnd als er ſeine Kleider ſi- het/ ſpricht er zu jhm: Er ſoll ſtill ſtehen vnnd blei- ben/ oder wolte er jhn in ein rechtes finſteres Neſt ſtecken/ wann er nur einen Fuß noch fortſetzet: Daͤruͤber wird der jenige/ ſo dem Schreiber auß- geholffen/ beſtuͤrtzet/ fluchet vnd ſchweret/ er ſey der Gefangene nicht ſelber/ ſondern habe nur den ge- fangenen Schreiber beſuchen woͤllen: Aber als man den Schreiber nicht finden kondte/ wurde er an ſeine ſtatt gefangen geſetzet. Vnter deſſen kommet Grillon darvon/ vnnd wartet drauſſen/ biß daß der andere komme: Aber da wil nicht niemands kommen/ dann er war ſo wol veꝛwahret vnd eingeſchloſſen/ daß er nit kond- te kommen/ vnnd empfienge nichts mehr als das jenige/ was er wol verdienet hatte. Als nun dieſer Meiſter Schreiber ſihet/ daß er dem Tod iſt entwiſchet/ verfuͤget er ſich anders wohin/ vnd fanget ein recht Teuffliſches Leben an/ handelt mit Menſchenfleiſch/ vnd liget Tag vnd Nacht in den Hurenhaͤuſern/ da er dann die albe- re vnd einfaͤltige betreugt vnnd beſtilet: Endlich aber wird er durch den Commiſſarium außgeho- ben/ vnd auff das Chaſtelet gefuͤhret/ weil er eine junge Tochter in der Gaſſen S. Denis verfuͤh- ret hatte. Etli-

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/271>, abgerufen am 29.03.2024.