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[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder

Was mich anlanget/ antwortete hierauff Ly-
caon/ so kan ich dich dessen versichern/ daß ich an
Gelt auch nit schwer trage/ aber ich habe ein sol-
che Hoffnung zu GOtt/ daß wann wir von Her-
tzen mit einander beten/ so wird er vns gewißlich
Gelt beschern.

Inn diesem Gesprech wandern sie also mitein-
ander fort/ aber Lycaon/ der sich den Vogel nicht
wolte entfliegen/ noch die Beut entwischen lassen/
fraget jhn noch einmal/ ob er dann gar kein ande-
re Müntz bey sich trage/ als eben das Gelt darvon
er jm gesagt hette: Vnd als jm der gute Bawers-
mann hierauff antwortete: Wann er über Feld
gehe/ so pflege er nicht bald Gelt bey sich zu tragen/
dann das sey nachmals Vrsach/ daß ein Mensch
gar vmb sein Leben komme/ vnnd vmb deß Gelts
willen todt geschlagen werde: Besahl jhm Lycaon
zu beten/ vnd Gott anzuruffen/ dann er wüste ge-
wiß/ daß der Himmel jhr Gebet erhören würde.
Vnd hierauff zoge Lycaon ein kleines Handbüch-
lein auß seinem Hosensack/ vnd fiel auff seine Knie
nider zu beten: Befahle auch dem guten Mann/ er
solte dergleichen auch thun. Was geschi cht? der
gute ehrliche Mann wuste nicht/ was solche art zu
beten würde bedeuten vnnd mit sich bringen: Er
konnte solches Geheimnuß nicht begreiffen/ vnnd
hette gewöllet/ daß er an einem andern Ort weit
von seinem Mitgesellen were gewesen/ sein Gebet
desto besser zuverrichten: Dann durch die gros-
se Forcht vnd Angst/ welche er wegen seines Mit-
beters in seinem Hertzen hatte/ wurde er gantz vnd

gar
Beutelſchneider/ oder

Was mich anlanget/ antwortete hierauff Ly-
caon/ ſo kan ich dich deſſen verſichern/ daß ich an
Gelt auch nit ſchwer trage/ aber ich habe ein ſol-
che Hoffnung zu GOtt/ daß wann wir von Her-
tzen mit einander beten/ ſo wird er vns gewißlich
Gelt beſchern.

Inn dieſem Geſprech wandern ſie alſo mitein-
ander fort/ aber Lycaon/ der ſich den Vogel nicht
wolte entfliegen/ noch die Beut entwiſchen laſſen/
fraget jhn noch einmal/ ob er dann gar kein ande-
re Muͤntz bey ſich trage/ als eben das Gelt darvon
er jm geſagt hette: Vnd als jm der gute Bawers-
mann hierauff antwortete: Wann er uͤber Feld
gehe/ ſo pflege er nicht bald Gelt bey ſich zu tragen/
dann das ſey nachmals Vrſach/ daß ein Menſch
gar vmb ſein Leben komme/ vnnd vmb deß Gelts
willen todt geſchlagen werde: Beſahl jhm Lycaon
zu beten/ vnd Gott anzuruffen/ dann er wuͤſte ge-
wiß/ daß der Himmel jhr Gebet erhoͤren wuͤrde.
Vnd hierauff zoge Lycaon ein kleines Handbuͤch-
lein auß ſeinem Hoſenſack/ vnd fiel auff ſeine Knie
nider zu beten: Befahle auch dem guten Mann/ er
ſolte dergleichen auch thun. Was geſchi cht? der
gute ehrliche Mann wuſte nicht/ was ſolche art zu
beten wuͤrde bedeuten vnnd mit ſich bringen: Er
konnte ſolches Geheimnuß nicht begreiffen/ vnnd
hette gewoͤllet/ daß er an einem andern Ort weit
von ſeinem Mitgeſellen were geweſen/ ſein Gebet
deſto beſſer zuverꝛichten: Dann durch die groſ-
ſe Forcht vnd Angſt/ welche er wegen ſeines Mit-
beters in ſeinem Hertzen hatte/ wurde er gantz vnd

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[16/0028] Beutelſchneider/ oder Was mich anlanget/ antwortete hierauff Ly- caon/ ſo kan ich dich deſſen verſichern/ daß ich an Gelt auch nit ſchwer trage/ aber ich habe ein ſol- che Hoffnung zu GOtt/ daß wann wir von Her- tzen mit einander beten/ ſo wird er vns gewißlich Gelt beſchern. Inn dieſem Geſprech wandern ſie alſo mitein- ander fort/ aber Lycaon/ der ſich den Vogel nicht wolte entfliegen/ noch die Beut entwiſchen laſſen/ fraget jhn noch einmal/ ob er dann gar kein ande- re Muͤntz bey ſich trage/ als eben das Gelt darvon er jm geſagt hette: Vnd als jm der gute Bawers- mann hierauff antwortete: Wann er uͤber Feld gehe/ ſo pflege er nicht bald Gelt bey ſich zu tragen/ dann das ſey nachmals Vrſach/ daß ein Menſch gar vmb ſein Leben komme/ vnnd vmb deß Gelts willen todt geſchlagen werde: Beſahl jhm Lycaon zu beten/ vnd Gott anzuruffen/ dann er wuͤſte ge- wiß/ daß der Himmel jhr Gebet erhoͤren wuͤrde. Vnd hierauff zoge Lycaon ein kleines Handbuͤch- lein auß ſeinem Hoſenſack/ vnd fiel auff ſeine Knie nider zu beten: Befahle auch dem guten Mann/ er ſolte dergleichen auch thun. Was geſchi cht? der gute ehrliche Mann wuſte nicht/ was ſolche art zu beten wuͤrde bedeuten vnnd mit ſich bringen: Er konnte ſolches Geheimnuß nicht begreiffen/ vnnd hette gewoͤllet/ daß er an einem andern Ort weit von ſeinem Mitgeſellen were geweſen/ ſein Gebet deſto beſſer zuverꝛichten: Dann durch die groſ- ſe Forcht vnd Angſt/ welche er wegen ſeines Mit- beters in ſeinem Hertzen hatte/ wurde er gantz vnd gar

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Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/28>, abgerufen am 19.04.2024.