Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle. (Ganz erschrokken) Ach! -- ach!
dem Leichnam?

Vater. So nenne ich ihn, weil in der
That kein Fünkchen von Leben mehr in ihm zu
sein schien.

Freitag trug den Erblaßten völlig ans Land,
warf sich verzweiflungsvol über ihn hin, rief
ihm zu, rüttelte, rieb ihn am ganzen Leibe,
und drükte zehnmahl die Lippen auf seinen Mund
um ihm Athem einzublasen. Endlich hatt' er die
unaussprechliche Freude, wieder einige Merkmah-
le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in seinen
Bemühungen fort und Robinson fing an, sich
seiner wieder bewust zu sein.

"Wo bin ich?" fragt' er mit schwacher
zitternder Stimme, indem er die Augen wieder
aufschlug. "In meinen Armen, lieber Herr!"
antwortete Freitag, dem die Tränen aus den
Augen stürzten. -- Und nun gab es eine rühren-
de Scene, indem Robinson seinem Erretter
dankte, und dieser nicht wuste, was er vor Freu-
den über die Wiederkehr seines geliebten Herrn
ins Leben alles vornehmen solte. --

Und,

Alle. (Ganz erſchrokken) Ach! — ach!
dem Leichnam?

Vater. So nenne ich ihn, weil in der
That kein Fuͤnkchen von Leben mehr in ihm zu
ſein ſchien.

Freitag trug den Erblaßten voͤllig ans Land,
warf ſich verzweiflungsvol uͤber ihn hin, rief
ihm zu, ruͤttelte, rieb ihn am ganzen Leibe,
und druͤkte zehnmahl die Lippen auf ſeinen Mund
um ihm Athem einzublaſen. Endlich hatt' er die
unausſprechliche Freude, wieder einige Merkmah-
le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in ſeinen
Bemuͤhungen fort und Robinſon fing an, ſich
ſeiner wieder bewuſt zu ſein.

„Wo bin ich?„ fragt' er mit ſchwacher
zitternder Stimme, indem er die Augen wieder
aufſchlug. „In meinen Armen, lieber Herr!„
antwortete Freitag, dem die Traͤnen aus den
Augen ſtuͤrzten. — Und nun gab es eine ruͤhren-
de Scene, indem Robinſon ſeinem Erretter
dankte, und dieſer nicht wuſte, was er vor Freu-
den uͤber die Wiederkehr ſeines geliebten Herrn
ins Leben alles vornehmen ſolte. —

Und,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0248" n="242"/>
          <p><hi rendition="#fr">Alle.</hi> (Ganz er&#x017F;chrokken) Ach! &#x2014; ach!<lb/>
dem Leichnam?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> So nenne ich ihn, weil in der<lb/>
That kein Fu&#x0364;nkchen von Leben mehr in ihm zu<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;chien.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Freitag</hi> trug den Erblaßten vo&#x0364;llig ans Land,<lb/>
warf &#x017F;ich verzweiflungsvol u&#x0364;ber ihn hin, rief<lb/>
ihm zu, ru&#x0364;ttelte, rieb ihn am ganzen Leibe,<lb/>
und dru&#x0364;kte zehnmahl die Lippen auf &#x017F;einen Mund<lb/>
um ihm Athem einzubla&#x017F;en. Endlich hatt' er die<lb/>
unaus&#x017F;prechliche Freude, wieder einige Merkmah-<lb/>
le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in &#x017F;einen<lb/>
Bemu&#x0364;hungen fort und <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on</hi> fing an, &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;einer wieder bewu&#x017F;t zu &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wo bin ich?&#x201E; fragt' er mit &#x017F;chwacher<lb/>
zitternder Stimme, indem er die Augen wieder<lb/>
auf&#x017F;chlug. &#x201E;In meinen Armen, lieber Herr!&#x201E;<lb/>
antwortete <hi rendition="#fr">Freitag,</hi> dem die Tra&#x0364;nen aus den<lb/>
Augen &#x017F;tu&#x0364;rzten. &#x2014; Und nun gab es eine ru&#x0364;hren-<lb/>
de Scene, indem <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on</hi> &#x017F;einem Erretter<lb/>
dankte, und die&#x017F;er nicht wu&#x017F;te, was er vor Freu-<lb/>
den u&#x0364;ber die Wiederkehr &#x017F;eines geliebten Herrn<lb/>
ins Leben alles vornehmen &#x017F;olte. &#x2014;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Und,</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0248] Alle. (Ganz erſchrokken) Ach! — ach! dem Leichnam? Vater. So nenne ich ihn, weil in der That kein Fuͤnkchen von Leben mehr in ihm zu ſein ſchien. Freitag trug den Erblaßten voͤllig ans Land, warf ſich verzweiflungsvol uͤber ihn hin, rief ihm zu, ruͤttelte, rieb ihn am ganzen Leibe, und druͤkte zehnmahl die Lippen auf ſeinen Mund um ihm Athem einzublaſen. Endlich hatt' er die unausſprechliche Freude, wieder einige Merkmah- le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in ſeinen Bemuͤhungen fort und Robinſon fing an, ſich ſeiner wieder bewuſt zu ſein. „Wo bin ich?„ fragt' er mit ſchwacher zitternder Stimme, indem er die Augen wieder aufſchlug. „In meinen Armen, lieber Herr!„ antwortete Freitag, dem die Traͤnen aus den Augen ſtuͤrzten. — Und nun gab es eine ruͤhren- de Scene, indem Robinſon ſeinem Erretter dankte, und dieſer nicht wuſte, was er vor Freu- den uͤber die Wiederkehr ſeines geliebten Herrn ins Leben alles vornehmen ſolte. — Und,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/248
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/248>, abgerufen am 25.04.2024.