Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Vater. Er sahe, was er hier zu sehen
nicht vermuthet hatte, -- die Fußstapfen eines,
oder mehrerer Menschen, im Sande.

Nikolas. Und davor erschrickt er so?
Das solte ihm ja lieb sein!

Vater. Die Ursache seines Schreckens
war diese: er dachte sich in diesem Augenblik-
ke den Menschen, von dem diese Spur herrührte,
nicht als ein mit ihm verbrüdertes, Liebe ath-
mendes Wesen, welches bereit wäre, ihm zu
helfen und zu dienen, wo es nur könte: son-
dern als ein grausames menschenfeindliches Ge-
schöpf, daß ihn wüthend anfallen, ihn tödten
und verschlingen würde. Mit einem Worte:
er dachte sich bei dieser Spur keinen gesitteten
Europäer; sondern einen wilden menschenfres-
senden Kannibalen, deren es damahls, wie
ihr schon wißt, auf den Karibischen Inseln
sol gegeben haben.

Gotlieb. Ja, das glaub' ich; da must'
er auch wohl vor erschrecken!

Vater. Aber weiser und besser wäre es
doch gewesen, wenn er sich von Jugend an

hätte

Vater. Er ſahe, was er hier zu ſehen
nicht vermuthet hatte, — die Fußſtapfen eines,
oder mehrerer Menſchen, im Sande.

Nikolas. Und davor erſchrickt er ſo?
Das ſolte ihm ja lieb ſein!

Vater. Die Urſache ſeines Schreckens
war dieſe: er dachte ſich in dieſem Augenblik-
ke den Menſchen, von dem dieſe Spur herruͤhrte,
nicht als ein mit ihm verbruͤdertes, Liebe ath-
mendes Weſen, welches bereit waͤre, ihm zu
helfen und zu dienen, wo es nur koͤnte: ſon-
dern als ein grauſames menſchenfeindliches Ge-
ſchoͤpf, daß ihn wuͤthend anfallen, ihn toͤdten
und verſchlingen wuͤrde. Mit einem Worte:
er dachte ſich bei dieſer Spur keinen geſitteten
Europaͤer; ſondern einen wilden menſchenfreſ-
ſenden Kannibalen, deren es damahls, wie
ihr ſchon wißt, auf den Karibiſchen Inſeln
ſol gegeben haben.

Gotlieb. Ja, das glaub' ich; da muſt'
er auch wohl vor erſchrecken!

Vater. Aber weiſer und beſſer waͤre es
doch geweſen, wenn er ſich von Jugend an

haͤtte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0052" n="46"/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Er &#x017F;ahe, was er hier zu &#x017F;ehen<lb/>
nicht vermuthet hatte, &#x2014; die Fuß&#x017F;tapfen eines,<lb/>
oder mehrerer Men&#x017F;chen, im Sande.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Nikolas.</hi> Und davor er&#x017F;chrickt er &#x017F;o?<lb/>
Das &#x017F;olte ihm ja lieb &#x017F;ein!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Die Ur&#x017F;ache &#x017F;eines Schreckens<lb/>
war die&#x017F;e: er dachte &#x017F;ich in die&#x017F;em Augenblik-<lb/>
ke den Men&#x017F;chen, von dem die&#x017F;e Spur herru&#x0364;hrte,<lb/>
nicht als ein mit ihm verbru&#x0364;dertes, Liebe ath-<lb/>
mendes We&#x017F;en, welches bereit wa&#x0364;re, ihm zu<lb/>
helfen und zu dienen, wo es nur ko&#x0364;nte: &#x017F;on-<lb/>
dern als ein grau&#x017F;ames men&#x017F;chenfeindliches Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pf, daß ihn wu&#x0364;thend anfallen, ihn to&#x0364;dten<lb/>
und ver&#x017F;chlingen wu&#x0364;rde. Mit einem Worte:<lb/>
er dachte &#x017F;ich bei die&#x017F;er Spur keinen ge&#x017F;itteten<lb/>
Europa&#x0364;er; &#x017F;ondern einen wilden men&#x017F;chenfre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enden <hi rendition="#fr">Kannibalen,</hi> deren es damahls, wie<lb/>
ihr &#x017F;chon wißt, auf den Karibi&#x017F;chen In&#x017F;eln<lb/>
&#x017F;ol gegeben haben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Gotlieb.</hi> Ja, das glaub' ich; da mu&#x017F;t'<lb/>
er auch wohl vor er&#x017F;chrecken!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Aber wei&#x017F;er und be&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;re es<lb/>
doch gewe&#x017F;en, wenn er &#x017F;ich von Jugend an<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;tte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0052] Vater. Er ſahe, was er hier zu ſehen nicht vermuthet hatte, — die Fußſtapfen eines, oder mehrerer Menſchen, im Sande. Nikolas. Und davor erſchrickt er ſo? Das ſolte ihm ja lieb ſein! Vater. Die Urſache ſeines Schreckens war dieſe: er dachte ſich in dieſem Augenblik- ke den Menſchen, von dem dieſe Spur herruͤhrte, nicht als ein mit ihm verbruͤdertes, Liebe ath- mendes Weſen, welches bereit waͤre, ihm zu helfen und zu dienen, wo es nur koͤnte: ſon- dern als ein grauſames menſchenfeindliches Ge- ſchoͤpf, daß ihn wuͤthend anfallen, ihn toͤdten und verſchlingen wuͤrde. Mit einem Worte: er dachte ſich bei dieſer Spur keinen geſitteten Europaͤer; ſondern einen wilden menſchenfreſ- ſenden Kannibalen, deren es damahls, wie ihr ſchon wißt, auf den Karibiſchen Inſeln ſol gegeben haben. Gotlieb. Ja, das glaub' ich; da muſt' er auch wohl vor erſchrecken! Vater. Aber weiſer und beſſer waͤre es doch geweſen, wenn er ſich von Jugend an haͤtte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/52
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/52>, abgerufen am 06.10.2024.