mehr oder weniger kurzer Rast neue Gewalt, ohne daß man veranlaßt wäre zwei ganz verschiedene Akte daraus zu machen; ein andermal kömmt er früher zum Stehen als er gedacht, ohne jedoch seinen Plan aufzugeben und in eine wahre Vertheidigung überzugehen. Man sieht also, daß, wenn die erfolgreiche Vertheidigung unmerklich in den An- griff übergehen kann, dies umgekehrt auch bei dem Angriff der Fall ist. Diese Abstufungen muß man im Auge ha- ben, wenn man von Dem, was wir von dem Angriff allge- mein sagen, nicht eine falsche Anwendung machen will.
Viertes Kapitel. Abnehmende Kraft des Angriffs.
Dies ist ein Hauptgegenstand der Strategie; von seiner richtigen Würdigung im einzelnen Fall hängt das richtige Urtheil über Das ab was man thun kann.
Die Schwächung der absoluten Macht entsteht:
1. durch den Zweck des Angriffs das feindliche Land selbst zu besetzen; dies tritt meistens erst nach der ersten Entscheidung ein, aber mit der ersten Entschei- dung hört so der Angriff nicht auf;
2. durch das Bedürfniß der angreifenden Armeen das Land hinter sich zu besetzen, um sich die Verbindungslinien zu sichern und leben zu können;
3. durch Verluste in Gefechten und durch Krankheiten;
4. Entfernung von den Ergänzungsquellen;
5. Belagerungen, Einschließungen von Festungen;
6. Nachlassen in den Anstrengungen;
7. Abtreten von Verbündeten.
mehr oder weniger kurzer Raſt neue Gewalt, ohne daß man veranlaßt waͤre zwei ganz verſchiedene Akte daraus zu machen; ein andermal koͤmmt er fruͤher zum Stehen als er gedacht, ohne jedoch ſeinen Plan aufzugeben und in eine wahre Vertheidigung uͤberzugehen. Man ſieht alſo, daß, wenn die erfolgreiche Vertheidigung unmerklich in den An- griff uͤbergehen kann, dies umgekehrt auch bei dem Angriff der Fall iſt. Dieſe Abſtufungen muß man im Auge ha- ben, wenn man von Dem, was wir von dem Angriff allge- mein ſagen, nicht eine falſche Anwendung machen will.
Viertes Kapitel. Abnehmende Kraft des Angriffs.
Dies iſt ein Hauptgegenſtand der Strategie; von ſeiner richtigen Wuͤrdigung im einzelnen Fall haͤngt das richtige Urtheil uͤber Das ab was man thun kann.
Die Schwaͤchung der abſoluten Macht entſteht:
1. durch den Zweck des Angriffs das feindliche Land ſelbſt zu beſetzen; dies tritt meiſtens erſt nach der erſten Entſcheidung ein, aber mit der erſten Entſchei- dung hoͤrt ſo der Angriff nicht auf;
2. durch das Beduͤrfniß der angreifenden Armeen das Land hinter ſich zu beſetzen, um ſich die Verbindungslinien zu ſichern und leben zu koͤnnen;
3. durch Verluſte in Gefechten und durch Krankheiten;
4. Entfernung von den Ergaͤnzungsquellen;
5. Belagerungen, Einſchließungen von Feſtungen;
6. Nachlaſſen in den Anſtrengungen;
7. Abtreten von Verbuͤndeten.
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[10/0024]
mehr oder weniger kurzer Raſt neue Gewalt, ohne daß
man veranlaßt waͤre zwei ganz verſchiedene Akte daraus
zu machen; ein andermal koͤmmt er fruͤher zum Stehen
als er gedacht, ohne jedoch ſeinen Plan aufzugeben und in
eine wahre Vertheidigung uͤberzugehen. Man ſieht alſo, daß,
wenn die erfolgreiche Vertheidigung unmerklich in den An-
griff uͤbergehen kann, dies umgekehrt auch bei dem Angriff
der Fall iſt. Dieſe Abſtufungen muß man im Auge ha-
ben, wenn man von Dem, was wir von dem Angriff allge-
mein ſagen, nicht eine falſche Anwendung machen will.
Viertes Kapitel.
Abnehmende Kraft des Angriffs.
Dies iſt ein Hauptgegenſtand der Strategie; von
ſeiner richtigen Wuͤrdigung im einzelnen Fall haͤngt das
richtige Urtheil uͤber Das ab was man thun kann.
Die Schwaͤchung der abſoluten Macht entſteht:
1. durch den Zweck des Angriffs das feindliche Land
ſelbſt zu beſetzen; dies tritt meiſtens erſt nach der
erſten Entſcheidung ein, aber mit der erſten Entſchei-
dung hoͤrt ſo der Angriff nicht auf;
2. durch das Beduͤrfniß der angreifenden Armeen das Land
hinter ſich zu beſetzen, um ſich die Verbindungslinien
zu ſichern und leben zu koͤnnen;
3. durch Verluſte in Gefechten und durch Krankheiten;
4. Entfernung von den Ergaͤnzungsquellen;
5. Belagerungen, Einſchließungen von Feſtungen;
6. Nachlaſſen in den Anſtrengungen;
7. Abtreten von Verbuͤndeten.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/24>, abgerufen am 19.01.2025.
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